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Landbäckerei Knapendorf Landbäckerei Knapendorf: «An die Rosinen muss vorher Rum»

Von Gerhard Grulke 28.11.2002, 15:30

Knapendorf/MZ. - "Aber ja. Zwar zunehmend weniger, doch in meiner Bäckerei gibt es in jedem Jahr einen Termin in der Vorweihnachtszeit, an dem die Leute aus dem Ort und der Umgebung morgens ihren Stollenteig bringen können. Bei uns werden die jeweiligen Mengen dann gewogen, die Stollen nach Wunsch geformt und sorgfältig ausgebacken. Noch am gleichen Vormittag können sie dann abgeholt werden", ist von Mario Mosinski, dem Bäckermeister der Knapendorfer Landbäckerei zu erfahren. Den Backvorgang muss er beobachten, muss sehen wie das Backwerk bräunt. Ob er nun bei 200 Grad oder 280 Grad Celsius backen muss, das weiß der Chef in der Backstube meist, da er seine Stammkundschaft recht gut kennt und ahnt, was sie für Zutaten beim Stollen bevorzugen.

Gut 12 Sorten Brot, etwa 10 Sorten Brötchen ohne oder mit diversen Körnern bietet Mosinski neben Torten, Kuchen und anderem Gebäck in seinem Geschäft an.

In aller Herrgottsfrühe oder mitten in der Nacht - um ein Uhr heizt er jeden Tag den großen Ringrohr-Etagenbackofen an, bereitet die verschiedenen Teige für Brötchen, Kuchen und Brot zu, backt dann so an die 100 Brote und 500 bis 1 500 Brötchen an jedem Tag.

"Früh um sieben muss das komplette Sortiment im Laden sein. Heute kommt man nicht einmal wegen der Brötchen und ein anderes Mal wegen des Brotes", weiß der 37-jährige Meister.

Der vor zehn Jahren die ehemalige Gemeindebäckerei wieder in Betrieb nahm, nachdem sieben Jahre der Dampfbackofen dort nicht mehr gequalmt hatte. Mosinski heizt heute mit Öl, da kommen die zehn Quadratmeter Steinherdplatten schneller auf die nötigen Backtemperaturen und sauberer für die Umwelt ist es außerdem. Wenn im kleinen Laden gemeinsam mit Verkäuferin Anett Brandt alles vorbereitet ist, packt der Chef mit Bäckerlehrling Andreas Kuhne den Kastenwagen und fährt Backwerk zu den Großabnehmern wie Hotels und Gaststätten.

Worüber sich der Meister freut, das ist die Tatsache, dass nun endlich die Straßenbauarbeiten im Dorf dem Ende zugehen. Bis zu 50 Prozent Umsatzrückgang hatte er in den Baumonaten zu verzeichnen, wie er sagt. "Den anderen Gewerbetreibenden im Dorf ist gewiss genauso gegangen. Doch nun, so meine ich, wird alles schön und die Kunden kommen trockenen Fußes bis zum Geschäft", hofft er. Das ist auch die Meinung von Regina Bau, die mit ihrem Handwagen am Donnerstag 16 Stollen vom Bäcker abholte.

"Alle nach eigenem Rezept gebacken, so wie es die Oma überliefert hat", schwört sie. Und macht kein Geheimnis draus, was alles so bei ihr in den Stollenteig muss. "Und an die Rosinen, da muss vorher eine ganze Flasche Rum dran", verrät sie. Nachts, halb zwei, hatte sie begonnen, den Teig zuzubereiten, der halb acht beim Bäcker sein musste.

"Die meisten Stollen werden von mir verschenkt. Nur drei Stück behalte ich selbst, ein halber Stollen muss sogar bis Ostern reichen", lächelt Regina Bau und schmunzelt: "Dann nämlich, so heißt es im Volksmund, hat man das ganze Jahr über immer etwas zu essen."