Kriegsgefangenenlager in Merseburg-Süd Kriegsgefangenenlager in Merseburg-Süd: 900 Namen sollen noch mal erklingen

Merseburg - Als der 1. Weltkrieg zu Ende ging, hatten 900 Männer aus Merseburg ihr Leben verloren, 800 Menschen, die in einem Gefangenenlager in Merseburg eingesperrt waren, waren gestorben und auch 300 Verwundete, die in Lazaretten wie dem Schlossgartensalon versorgt wurden, hatten den Krieg nicht überlebt. „Für diese 2.000 Menschen gibt es in Merseburg keinen Erinnerungsort“, sagt Dietmar Eißner vom Merseburger Altstadtverein. „Es gibt allerdings ein offizielles Namensverzeichnis der 900 Gefallenen, das auch im Internet einsehbar ist.“
Diese 900 Namen sollen den Merseburgern mit einer ganz besonderen Aktion ins Gedächtnis gerufen werden. Ab dem 9. September, dem diesjährigen Tag des offenen Denkmals, sollen die Namen in der Kapelle des Stadtfriedhofs verlesen werden - an diesem Tag und den darauf folgenden neun Sonntagen. Schirmherr dieser Aktion ist Merseburgs Oberbürgermeister Jens Bühligen (CDU), der auch selbst die ersten 25 Namen verlesen wird. Um alle Namen laut verlesen zu können, sucht der Altstadtverein noch Bürger, die diese Aktion unterstützen möchten.
800 im Gefangenenlager in Merseburg-Süd verstorbene Männer
Aktuell sind Dietmar Eißner und Alexander Broich damit beschäftigt, die Namen der 800 im Gefangenenlager in Merseburg-Süd verstorbenen Männer ausfindig zu machen. „Bis Ende Juni 1917 sind diese Männer auf dem Stadtfriedhof beigesetzt worden. Das Gräberfeld gibt es noch.“
Ab 1. Juli 1917 seien die Toten dann auf dem damals neu geschaffenen Friedhof (der sogenannte Russenfriedhof) bestattet worden. Eißner: „Über die Sterbefälle gibt auch standesamtliche Unterlagen in Sütterlin-Schrift, aus denen wir im Augenblick die Namen abschreiben.“ Der Verein will eine Publikation zum Kriegsgefangenenlager erarbeiten.
Kriegsgefangenenlager in Merseburg-Süd: Gedenkstein für die Verstorbenen
Der Gedenkstein für die im Lager Verstorbenen, der 1915 eingeweiht worden war, ist aktuell in keinem guten Zustand. „Deshalb möchten wir den weiteren Verfall verhindern, den Stein restaurieren und konservieren und möglicherweise noch vorhandene Schrift etwas besser sichtbar machen“, erklärt Eißner. Dafür habe das Kirchspiel Fördermittel beim Land beantragt und die Anfrage gestellt, ob dieser Teil des Friedhofs als Kriegsgräberstätte anerkannt werden könnte. Eine Antwort steht noch aus, so Eißner.
Es gibt allerdings noch einen besonderen Gedenkstein in Merseburg. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts war am Merseburger Stadtstadion ein Denkmal für die gefallenen Merseburger Sportler aufgestellt wurde. Fast 50 Prozent der Vereinsmitglieder waren laut Eißner im Ersten Weltkrieg gefallen. Nun soll das Denkmal - zumindest das, was davon übrig ist -, in der kommenden Woche vom Gelände des SV 99 abtransportiert, gereinigt und später auf dem Stadtfriedhof St. Maximi aufgestellt werden.
Es hatte tatsächlich auch mal ein riesiges Gefallenendenkmal am Sixti-Tor vor dem Stadtfriedhof gegeben. Der fast acht Meter hohe sowie knapp 17 Meter breite und rund 50 Tonnen schwere Bau wurde allerdings im Zweiten Weltkrieg zerstört.
››Die Liste der 900 Gefallenen unter http://www.denkmalprojekt.org/2015/merseburg_irrgarten_saalekreis_a-hi_wk1_sachs-anhalt.html(mz)