1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Merseburg
  6. >
  7. Konfetti und ein Jawort: Konfetti und ein Jawort: Erste schwule Hochzeit - und das ganze Dorf feiert mit

Konfetti und ein Jawort Konfetti und ein Jawort: Erste schwule Hochzeit - und das ganze Dorf feiert mit

Von Undine Freyberg 02.05.2018, 15:15
Glückliche Jasager: Daniel Mathey und Ilja Scherdin mit Pfarrerin Jennifer Scherf (v.l.)
Glückliche Jasager: Daniel Mathey und Ilja Scherdin mit Pfarrerin Jennifer Scherf (v.l.) Peter Wölk

Blösien - Die kleine Kirche von Blösien war beinahe bis auf den letzten Platz gefüllt. Und als die beiden sich nach dem Austausch der Ringe küssten, gab es tosenden Applaus. Ilja Scherdin (39) und Daniel Mathey (30) – zwei Männer, die sich in der Kirche das Jawort geben. Das haben diese alten Mauern noch nie gesehen. Auch der Konfettiregen, der den beiden dann draußen – quasi inmitten des Friedhofs – spendiert wurde, war eher ungewöhnlich.

Aber ungewöhnlich ist ja auch ihre Beziehung. „Es ist ganz speziell mit den beiden und wunderschön“, schwärmte Daniels Oma Anni Milmeister, die mit ihrem Mann Jean und Daniels Eltern Romaine und Ben sowie Großtante Janny Klein aus Luxemburg angereist war, woher Daniel ursprünglich stammt. Romaine führte ihren Sohn zum Altar. Iljas Mutter Karin, die mit auf dem gemeinsamen Rittergut im kleinen Blösien lebt, saß in der ersten Reihe und war ziemlich gerührt.

Trauspruch: Dass Güte und Treue einander begegnen

Der Trauspruch, den Ilja und Daniel gewählt hatten, scheint die Überschrift über ihr gemeinsames Leben zu sein: „Dass Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen.“ Denn nicht nur miteinander gehen sie voller Güte und Vertrauen um – sie scheinen das ganze Dorf, aber auch Freunde und neu hinzugekommene Menschen zu umarmen, und die geben diese Umarmung zurück. Zum Beispiel die Landfrauen von Blösien, denen sie für ihre Frauentagsfeier gern mal den Saal ihres Rittergutes zur Verfügung stellen.

Oder die Flüchtlinge, die Ilja während seiner Arbeit als Integrationslotse kennengelernt hat und denen er hilft, sich in Deutschland zurecht zu finden. Auch einige von ihnen waren bei der Hochzeit dabei. Und auch der Bergmannschor aus Braunsbedra, in dem Daniel seit anderthalb Jahren singt, und der am Montag den Gottesdienst zur Trauung mitgestaltet hat.

Daniel Mathey und Ilja Scherdin hatten sich 2008 in Hamburg kennengelernt

Daniel Mathey und Ilja Scherdin hatten sich 2008 in Hamburg kennengelernt. 2012 hatten sie ihre Lebenspartnerschaft eintragen lassen. Vor einigen Jahren kauften sie das Rittergut von Blösien und zogen in den Merseburger Ortsteil. Nachdem es seit 1. Oktober 2017 die Möglichkeit der Ehe für alle gibt und beide trotz eingetragener Lebenspartnerschaft bei Krankenhausaufenthalten und bei der Krankenkasse Probleme mit der Auskunft zum Partner hatten, haben sie ihre Partnerschaft in eine Ehe umschreiben lassen.

Trotzdem wollten sie noch eine ganz besondere Zeremonie und fragten die für Blösien zuständige Pfarrerin Jennifer Scherf. Und der war es ein offensichtliches Bedürfnis, den beiden Männern Gottes Segen zu erteilen – und das nicht nur, weil sie selbst in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt.

Gleichgeschlechtliche Ehe: Feier mit Familie, Freunden und dem ganzen Dorf

„Ich kenne die beiden, seit ich vor rund einem Jahr meinen Dienst in Leuna angetreten habe“, erzählt Jennifer Scherf. „Sie hatten mich auch schon zu ihren Veranstaltungen in Blösien eingeladen. Und ein liebendes Paar, das sich vor Gott zusammenfindet – da werde ich mich nicht hinstellen und nein sagen“, erklärt die Pfarrerin. Gleichgeschlechtlichen Paaren den Segen zu erteilen, ist in der evangelischen Kirche seit geraumer Zeit erlaubt.

Nach ihrer Hochzeit verbrachten Ilja und Daniel den Tag wie erwartet mit Familie, Freunden und dem ganzen Dorf, denn sie hatten zu einem bunten Picknick eingeladen, zu dem jeder etwas mitbrachte. Salate, Hackbällchen, Kuchen und natürlich die Hochzeitstorte. Von den Landfrauen gab es übrigens einen Baumarkt- Gutschein als Geschenk. „Bei so einem großen Haus wird man doch nie fertig“, scherzt Vereinschefin Elke Plack.. (mz)