Knatsch um Abwasserentsorgung Knatsch um Abwasserentsorgung: AZV-Kläranlage oder Gelsenwasser mit günstigem Preis?

Merseburg - Schlagabtausch auf offener Bühne. Doch auf diesen Auftritt im Wirtschaftsausschuss hätte Jochen Krüger gern verzichtet. „Wir würden viel lieber konstruktiv mit ihnen reden“, sagte der Geschäftsführer von AWS, der für Abwasserentsorgung zuständigen Tochter der Gelsenwasser AG, an die Vertreter des Abwasserzweckverbandes (AZV) Merseburg gewandt.
Der Gelsenwasser gehört seit 1. Januar die Industriekläranlage (IKA) der Dow, in die der AZV derzeit seine Abwässer einleitet. Schnell kam Krüger auf einen sehr unangenehmen Punkt zu sprechen, und rügte den AZV. Dieser habe eine ganze Weile auf seiner Internetseite Botschaften veröffentlicht, die man nicht unkommentiert lassen könne, so Krüger.
Dow hat Unterlassungsaufforderung an den AZV verschickt
Eine Behauptung sei gewesen, dass die Industriekläranlage völlig marode und ungefähr 40 Millionen Euro nötig seien, um diese zu sanieren. „Das ist nicht der Fall, die Anlage ist grundsolide“, so Krüger. Auch Dow sei nicht begeistert gewesen von den Äußerungen und habe deshalb eine Unterlassungsaufforderung an den AZV verschickt. Kurz darauf sei die Darstellung dann von der Seite genommen worden.
Laut Krüger habe es weitere unwahre Behauptungen gegeben. Er stellte vor den anwesenden Gästen nochmals verschiedene Zahlen gegenüber, um die Aussagen des AZV zu entkräften. „Leider zielen die Anstrengungen des AZV bisher eher darauf ab, die Errichtung einer eigenen Kläranlage möglichst positiv und die weitere Behandlung in der bestehenden Kläranlage durch Gelsenwasser möglichst negativ darzustellen“, heißt es außerdem in einer schriftlichen Stellungnahme.
Gelsenwasser auf 20 Jahre berechnet sogar um acht Millionen Euro günstiger als der AZV
Dabei sei Gelsenwasser auf 20 Jahre berechnet sogar um acht Millionen Euro günstiger als der AZV mit einem Neubau, wie Krüger im Ausschuss sagte. Gelsenwasser mache 80 Prozent ihrer Geschäfte mit kommunalen Partnern und kommunales Abwasser sei für die IKA in Schkopau ein Stabilitätsfaktor, auf den man natürlich nicht verzichten möchte. Trotz aktueller Unstimmigkeiten erneuerte Gelsenwasser ihr Angebot an den AZV und bat um weiter Gespräche.
AZV-Geschäftsführerin Uta Sonnenkalb sagte, dass man gern bereit sei, über den Vertrag zu sprechen, dass der AZV aber nach wie vor auf dem Standpunkt stehe, dass man keine freihändige Vergabe an die Gelsenwasser machen dürfe, sondern ausschreiben müsse, was Gelsenwasser bezweifelt.
Mediator soll beide Angebote noch mal vergleichen
Der Ausschuss hat wiederum die Verwaltung darum gebeten, einen Mediator einzuschalten, der beide Angebote noch mal vergleichen soll - das des AZV, der vermutlich rund 27 Millionen Euro investieren müsste und schon jetzt über zwei Millionen Euro für Planungen ausgegeben hat und das der Gelsenwasser AG, die mit einem sehr günstig klingenden Entsorgungspreis von 93 Cent pro Kubikmeter lockt (aktuell müssen 1,55 Euro gezahlt werden).
„Uns schwebt für diese Aufgabe Mike Großmann, der neue Beteiligungsmanager der Stadt Merseburg, vor“, sagte Marcus Turré, der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, gegenüber der MZ. Dieser würde sich anbieten, weil er sich als ehemaliger Prokurist einer Entsorgungsfirma mit dem Thema auskenne.
Wie das Abwasser der zum AZV gehörenden Kommunen künftig entsorgt werden soll - über Gelsenwasser, oder in etwa zwei Jahren in einer eigenen kommunalen Kläranlage, werde ziemlich bald entschieden. Turré: „Das wird auf jeden Fall vor den Kommunalwahlen passieren.“ Die Merseburger Stadträte behalten sich vor, ihrem OB, dem Vorsitzenden der Verbandsversammlung, eine Marschrichtung vorzugeben. (mz)