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Jobverlust wegen Corona Jobverlust wegen Corona: Regierung ermöglicht weniger Hürden für Hartz V

31.03.2020, 14:30
Viele Selbstständige und Gewerbetreibende müssen aufgrund der Corona-Einschränkungen Unterstützung beim Arbeitsamt beantragen.
Viele Selbstständige und Gewerbetreibende müssen aufgrund der Corona-Einschränkungen Unterstützung beim Arbeitsamt beantragen. www.imago-images.de

Merseburg - Die Coronakrise lähmt das Geschäftsleben. Kurzarbeit und Entlassungen drohen oder sind für manche Arbeitnehmer schon Realität. Selbstständige können ihren Geschäften teilweise nicht nachgehen.

Um die sozialen Härten der Epidemie abzumildern, haben Bundestag und -rat vergangene Woche beschlossen, die Vermögensprüfung bei Harzt-IV-Anträgen vorerst auszusetzen. Anja Vögele, Fachabteilungsleiterin Leistung beim Jobcenter Saalekreis, erläutert im Gespräch mit Robert Briest, was dies für Betroffene bedeutet und wie sie an Informationen kommen.

Was bedeuten die neuen Regeln in der Praxis?

Anja Vögele: Bei Anträgen auf Grundsicherung, die ab dem 1. März gestellt wurden, gelten jetzt erleichterte Regeln, sowohl bei Erstantragstellern als auch alten Fällen. Es wird unterstellt, dass kein Vermögen vorhanden ist, außer die Betroffenen geben an, dass sie über ein erhebliches Vermögen verfügen. Dazu sind sie weiterhin verpflichtet.

Was heißt erhebliches Vermögen?

Der Antragsteller darf maximal 60.000 Euro besitzen. Dazu zählt aber nicht nur das Geld auf dem Konto, sondern auch Aktien, Sparbücher und ähnliches. Für weitere Personen im Haushalt liegt der Betrag bei maximal 30.000 Euro.

Auf wen zielen die erleichterten Regeln ab?

Sie richten sich vorwiegend an Personen, die jetzt von der Coronakrise betroffen sind. Da geht es zum Beispiel um Soloselbstständige, die wegen der Restriktionen nicht mehr ihr Geschäft ausüben können. Es geht aber auch um Menschen, die jetzt arbeitslos werden und in Kurzarbeit geschickt werden. Das Kurzarbeitergeld sind ja nur 60 beziehungsweise 67 Prozent des Nettoeinkommens.

Da kann es sein, dass Personen, die gerade mit Jobs aus unserem Leistungsbezug herausgefallen sind, wieder reinrutschen. Wenn es vorrangige Leistungen zum Bestreiten des Lebensunterhalts, wie etwa Kurzarbeitergeld oder Kindergeld gibt, müssen diese zunächst genutzt werden. Wir stocken auf.

In welcher Höhe wird die Grundsicherung gezahlt?

Auch für die Personen, die jetzt neu dazu kommen, bleibt die Höhe wie bisher. Bei einer Einzelperson sind dies 432 Euro im Monat.

Der Bund rechnet infolge der Coronapandemie mit 1,2 Millionen zusätzlichen Bedarfsgemeinschaften. Wie viele zusätzliche Fälle erwarten Sie?

Wir wissen, dass wir in den vergangenen Wochen eine erhöhte Zahl an Anfragen hatten. Wie viele tatsächlich den Antrag stellen werden, können wir noch nicht sagen. Es werden aber definitiv mehr werden. So richtig werden sich die Auswirkungen erst im April zeigen. Wir erwarten den größten Zuwachs im Bereich der Selbstständigen und bei den Kurzarbeitern, da im Fall einer Entlassung die meisten zunächst zwölf Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Dafür ist die Arbeitsagentur zuständig.

Wie bereiten Sie sich auf die erhöhte Nachfrage vor?

Wir haben uns dazu verständigt, wie wir auf die steigende Nachfrage reagieren und zeitnah die neuen gesetzlichen Regelungen umsetzen. Das Jobcenter ist ja für den Publikumsverkehr geschlossen, deswegen setzen wir auf die Beratung über das Telefon. Dafür haben wir speziell für die Neukunden eine Hotline geschaltet.

Die Mitarbeiter wurden da noch einmal extra geschult und haben eine Checkliste, damit sie speziell auf die Fragen der Neukunden antworten können. Unser vorrangiges Ziel ist es, die Leistungen möglichst schnell auszuzahlen. Wir haben jetzt auch unseren Onlineauftritt überarbeitet, so dass ersichtlich wird, an wen sich die neuen gesetzlichen Regeln wenden und wie Anträge gestellt werden könnten.

Bisher dürfen Wohnungen von Hartz-IV-Beziehern bestimmte Größen und Kosten nicht überschreiten. Wird dies jetzt auch überprüft?

Nein. Es gibt vorerst für Personen, die neu einen Antrag stellen oder die bisher keine Kürzungen der Kosten der Unterbringung bekommen haben, keine KdU-Prüfung. Das heißt, es werden die tatsächlich anfallenden Kosten für Wohnraum und Heizung gezahlt. Es wird deshalb, solange die Regel gilt, keine Umzüge der Leistungsempfänger geben müssen. Wie es danach läuft, können wir noch nicht sagen.

››Die Sonderhotline des Jobcenters Saalekreis erreichen Sie unter 03461/22 41 03. Weitere Informationen auf: www.efa-sk.de. Das Jobcenter bittet bei schriftlichen Anfragen immer eine Rückrufnummer anzugeben. (mz)