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Hinter verschlossenen Türen  Hinter verschlossenen Türen : Künstlerin Antoinette hat ihr magisches Werk vollendet

Von Undine Freyberg 03.02.2021, 17:00
„Freude“ ist der Titel der vierten Merseburger Zaubertafel, die Antoinette geschaffen hat.
„Freude“ ist der Titel der vierten Merseburger Zaubertafel, die Antoinette geschaffen hat. Undine Freyberg

Merseburg - Es ist wie mit Filmen, die man schon unzählige Male gesehen hat, bei jedem Mal Hinschauen entdeckt man plötzlich ein Detail, das einem noch gar nicht aufgefallen war. So ist es auch mit den vier Merseburger Zaubertafeln der Leipziger Künstlerin Antoinette, die gerade fertig geworden sind. „Wir hatten eigentlich gehofft, dass wir das alles jetzt den Menschen zeigen können, die so oft hier waren und neugierig die Fortschritte beobachtet haben“, sagt die „Queen of Bleistift“, wie die MZ sie genannt hat.

Wann das nun tatsächlich passieren könnte, wüsste sie nicht. „Auch nicht, ob wir dann noch hier sein werden.“ Antoinettes Gastspiel in Merseburg endet eigentlich am 28. Februar. Doch sie macht keinen Hehl daraus, dass sie am liebsten noch bleiben würde, denn sie wüsste aktuell auch gar nicht wohin mit ihrem Riesenwerk, das man nicht mal eben so zusammenrollen und ins Auto stopfen kann.

„Altar der Europa“

Vier Tafeln - jede Tafel 1,80 Meter mal 1,80 Meter groß - bilden den Abschluss des fünf mal 20 Meter großen „Altar der Europa“, den Antoinette jetzt in Merseburg vollendet hat. Auf jeder Tafel gibt es unzählige Dinge und Wesen zu entdecken, und man kann sich hier auf eine spannende Entdeckungsreise begeben. Der alte Spruch „Was will uns der Künstler damit sagen?“ funktioniert hier allerdings nicht. „Ich will niemandem vorgeben, was er hier sehen soll“, sagt Antoinette. „Jeder entdeckt doch andere Dinge und sieht alles auf seine Weise.“

Allerdings - so ganz konzeptionslos ist das Ganze natürlich nicht. Antoinette hatte sich im Sommer von den Merseburger Zaubersprüchen inspirieren lassen. Normalerweise gut im Domstiftsarchiv versteckt und nur als Faksimile ausgestellt, durfte sie sich die originalen Zaubersprüche ansehen und war begeistert. „Der Text belegt die Existenz vorchristlichen, magischen Heilwissens und erzählt von weiblichen Gottheiten, den Idisen.“

„Freiheit“, „Loslassen“, „Heilung“ und „Freude“

Und sie erinnert sich dabei an ihre Urgroßmutter in Leipzig, die ihr und ihrem Bruder die Warzen an ihren kleinen Fingerchen weggesprochen hatte, in dem sie mit dem Mond redete. „So, als wäre es das Normalste von der Welt. Aber wir durften es niemandem erzählen“, schmunzelt sie, als sie an die Bilder von damals denkt.

Die Merseburger Zaubersprüche trügen zwei Begriffe in sich - Freiheit und Heilung. Die Titel der Merseburger Zaubertafeln lauten „Freiheit“, „Loslassen“, „Heilung“ und „Freude“. Man sieht schwarze Schwäne, angekettete Menschen, filigrane magische Wesen und natürlich Raben. „Die Raben am Schloss haben mich ziemlich inspiriert“, lächelt die Künstlerin. Dass Antoinette in Merseburg auch sehr viel Freude in ihrer Arbeit gefunden hat, beweist nicht nur die gleichnamige vierte Zaubertafel, auf der fröhliche Idisen durch eine pastellfarbene Welt schweben.

Noch einmal Hand angelegt

Die Künstlerin hat tatsächlich noch einmal Hand an den eigentlich längst fertigen Wiener Fries „Die Liebe“ gelegt, der den kompletten oberen Teil des Altars bildet. „Ich habe noch etwas Flamingo und Gold aufgebracht, und das hat alles verändert“, strahlt Antoinette, die in Merseburg vermutlich hunderte Bleistifte verbraucht hat.

Wer neugierig auf den „Altar der Europa“ mit den Merseburger Zaubertafeln ist, kann am Schlossgartensalon jederzeit durchs Fenster schauen. Auf einem Bildschirm laufen außerdem Videos zur Entstehung des „Altars der Europa“. Und es gibt eine beleuchtete Stele mit Informationen zu den Zaubertafeln. (mz)

„Loslassen“ ist der Titel der zweiten Zaubertafel.
„Loslassen“ ist der Titel der zweiten Zaubertafel.
Undine Freyberg