Freude Frust Verständnis Freude Frust Verständnis: Das sagen Friseure und Gastronomen zu Corona-Verordnungen

Merseburg/Bad Lauchstädt - Die ersten Anrufe kamen schon Mittwochabend, berichtet Franziska Kupfer. Da waren gerade die ersten Meldungen durchgesickert, dass sich die Runde aus Kanzlerin und Ministerpräsidenten darauf geeinigt hatte, dass die Friseursalons ab 1. März wieder öffnen dürfen. Kupfers Kunden witterten die Chance auf einen Termin. Die erste Woche sei schon fast voll, erzählt die Unternehmerin die in Bad Lauchstädt den Salon „Kupfhair“ betreibt am Donnerstagvormittag: „Es wird Zeit, dass es wieder losgeht.“
Frust: Gastronomen weiterhin von Lockdown und Corona-Verordnungen betroffen
Das wirtschaftliche Überleben bis zum 1. März ist für sie nicht einfach, denn staatliche Hilfe erhält sie nach eigenen Angaben nicht. Sie falle durch das Raster, weil sie sich erst nach dem 30. April 2020 selbstständig gemacht hat. Nun kann sie ihr Geld wieder selbst verdienen. Vorher heißt es allerdings den Laden auf Vordermann bringen und Waren bestellen. Großbestellungen wird es in der Branche von Bodo Czok vorerst nicht geben.
Er ist Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga für Halle und den Saalekreis. Wie für den Handel und weite Teile des öffentlichen Lebens mit Ausnahme von Schulen und Kitas gilt auch für ihn die Verlängerung des Lockdowns bis Anfang März. „Ich verstehe nicht, dass die uns weiter zunageln, das raubt uns Existenzen“, klagt Czok. Klang er bei vorherigen Lockdownankündigungen noch wütend, ist seine Stimme diesmal eher resigniert. Zumindest einen Zeitplan für die Öffnung der Gastronomie habe er sich vom Treffen am Mittwoch erhofft.
Erster Fund einer Mutation: Reisender kam mit britischer Variante in den Saalekreis
Doch den gab es nicht, sondern nur die Ansage, dass ab einem bundesweiten Inzidenzwert von 35 die Länder über Öffnung von Geschäften und Restaurants nachdenken könnten: „Erst hieß es unter 50, jetzt 35. Wenn die erreicht ist, wird es vielleicht fünf werden. Man kann schon den Mut verlieren“, hadert Czok. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) kehrt einige Stunden später in seiner Pressekonferenz zur 50 als notwendige Voraussetzung für weitere Öffnung im Land zurück. Derzeit ist der Saalekreis von beiden Werten trotz erheblich gesunkener Infektionszahlen noch ein gutes Stück entfernt. 71 lautete der Inzidenzwert am Donnerstag. Wann die 35 erreicht werden könnte, dazu mag Gesundheitsamtschefin Annegret Muchow keine Prognose abgeben. Da spielten zu viele Faktoren eine Rolle.
Einer ist die Unsicherheit, welche Folgen die Mutationen für das Infektionsgeschehen haben. Wie am Donnerstag bekannt wird, ist nun erstmals auch im Saalekreis eine solche nachgewiesen worden. Ein Reisender aus dem Ausland war mit der britischen Virusvariante infiziert. Gleichwohl zeigt sich die Gesundheitsamtschefin vorsichtig optimistisch: „Trotz aller Beschwernisse ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen.“ Die harten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung hätten zu einem deutlichen Rückgang des Infektionsgeschehens geführt. „Wir hoffen, dass dieser positive Trend anhält.“ Der lässt sich auch im Klinikum beobachten. Waren dort zum Jahreswechsel noch 90 Coronapatienten in Behandlung, sind es am Donnerstag lediglich 25, davon fünf auf Intensivstation.
„Ich bin voll einverstanden“ - Fördermittel fließen schleppend, aber sie fließen
Betten frei sind derzeit auch bei Gunter Zimmermann. Der Betreiber des Bad Lauchstädter „Lindenhofs“ kann lediglich ein paar Geschäftsreisende beherbergen und einige Essen zum Mitnehmen verkaufen. Doch anders als sein Branchensprecher hat er Verständnis für den verlängerten Lockdown. Er rechnet damit Ende März wieder aufmachen zu können. Wirtschaftlich sei das für ihn machbar: „Wir kommen mit der Förderung über die Runden. Die Fördermittel fließen schleppend, aber sie fließen.“ Nur für seine Mitarbeiter, die seit November in Kurzarbeit sind, sei die Lage derzeit schlecht, weil sie nun weniger Lohn bekämen.
Er habe noch gar keine Staatshilfe beantrag, sagt Dietrich Lehmann, der einen Baumarkt in Querfurt betreibt. Er sei auch voll einverstanden mit dem verlängerten Lockdown: „Gesundheit ist das wichtigste, da stecken wir jetzt lieber zurück.“ Anders als manch kleiner Ladenbesitzer ist Lehmann dabei im Vorteil, dass sein Geschäft derzeit nicht komplett ruht. Zwar darf er keine Privatkunden in den Markt lassen. Geschäftskunden kann er jedoch versorgen und auch die Abholung nach Vorbestellung ist möglich: „Deshalb ist unser Umsatz nicht so massiv eingebrochen.“ Nun hilft auch der Wintereinbruch bei der Nachfrage: „Die Kunden haben mich zehn Jahre belächelt, weil ich 1.000 Schneeschieber im Lager hatte, die sind jetzt alle weg.“ (mz)