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Evakuierung Evakuierung: Matheprüfung trotz Bombenfund

Von ELKE JÄGER 12.05.2010, 18:40

MERSEBURG/MZ. - "Bis 17 Uhr hatten wir alle 217 Schüler erreicht", erzählt Lutz Wunderlich, stellvertretender Schulleiter der Grundschule im Rosental.

Früh schon auf dem Posten

Trotzdem standen er und seine Kollegin Ulrike Rahaus von 6.30 Uhr an vor der Schule. Schließlich hatten 14 Eltern noch nicht gewusst, ob sie ihr Kind selbst betreuen könnten. Für diesen Fall bestand die Möglichkeit der Betreuung an der Merseburger Dürer-Grundschule, wo eines der Evakuierungszentren eingerichtet worden war.

Hier trafen sich am Mittwochmorgen auch 15 Neuntklässler der Goethe-Sekundarschule. Sie waren wohl die einzigen, die kein schulfrei hatten - allerdings dauerte die Pflicht nur 90 Minuten. "Das ist eine zentrale Prüfung für unsere Hauptschüler im Fach Mathematik, die heute überall im Land geschrieben wird", erläuterte Lehrer Michael Finger und munterte die Jugendlichen auf: "Dann habt ihr das wenigstens hinter euch, sonst wäre es ja doch nur verschoben". "Das geht schon in Ordnung", waren sich Felix Hilse (15) und Kevin Dietze (16) einig. "Wir haben uns auf die Prüfung vorbereitet, da können wir sie jetzt auch schreiben", meinten ebenfalls Christiane Burghardt (17) und Nicki Freier(16).

Während in der oberen Etage die Schüler über ihren Prüfungen schwitzten, füllten sich nach und nach die Räume im Erdgeschoss. Rund 150 Bürger aus dem gesperrten Gebiet hielten sich vorübergehend in den Klassenzimmern auf. Manche hatten sich ein Buch mitgebracht, es wurde gespielt, gemalt, leise geredet.

Lob für Betreuung

"Wir fühlen uns wohl, es gibt Kaffee, Tee und Verpflegungsbeutel und die Leute kümmern sich wirklich", konstatierte Margot Gühne, die schon gegen 7 Uhr ins Ausweichquartier umgesiedelt war. Die 75-jährige wohnt am Weinberg und vertrieb sich mit Tochter Marianne Wendler (51), deren Schwiegermutter Brigitte Wendler (75) und ihrem Nachbarn Harald Fritzsche (79) die Zeit mit einer Runde "Mensch-ärgere-dich nicht." Danach wollte sie noch einen Spaziergang unternehmen. In der Bankreihe dahinter waren der elfjährige Daniel und seine Schwester Natalie (13) mit Malen und Zeichnen beschäftigt. Mutti Agate Schmidt war mit den beiden in die Schule gekommen, weil die Wohnung in der König-Heinrich-Straße in der Räumungs-Zone lag.

Essen auf Rädern

In der Turnhalle der Schule befand sich das Ausweichquartier für das Seniorenpflegeheim Kursana. Ab 8 Uhr morgens wurden die älteren Herrschaften hergebracht, zum Teil mit hauseigenen Fahrzeugen, zum Teil mit dem Behindertenfahrdienst. Von den 127 Bewohnern sind 64 auf einen Rollstuhl angewiesen. "Wir haben ihnen das mit der Evakuierung erst am Morgen gesagt, damit sie nicht schon am Abend beunruhigt waren", berichtete Leiterin Heidrun Bellmann. Etwa 15 Senioren konnten zeitweilig bei Angehörigen unterkommen. Die Küche hatte vorgekocht, so erhielten die Kursana-Bewohner wie gewohnt ihre warme Mahlzeit.