Erika Zuchold im Kulturhaus Leuna Erika Zuchold im Kulturhaus Leuna: Ex-DDR-Turnerin präsentiert sich als Künstlerin
Leuna - Wenn am Donnerstag in der Galerie im Leunaer Klubhaus die Ausstellung mit Arbeiten von Erika Zuchold eröffnet wird, dann erwartet die Besucher eine ganz besondere Überraschung. Die zu DDR-Zeiten in Sportkreisen international bekannte und sehr erfolgreiche Turnerin will ihre Gäste dann mit einem Feuerwerk an Tanz, Musik und Lyrik begeistern. „Die Performance muss 100-prozentig werden“, sagt Erika Zuchold ungeachtet ihres Alters. Die 68-Jährige will sich keine Schwäche erlauben, schüttelt energisch angesichts dieser Vorstellung mit dem Kopf. „Das geht einfach nicht“, fügt sie hinzu.
Ausstellung in Leua die vorerst Letzte
Zeit ihres Lebens hat Erika Zuchold gekämpft, um perfekt zu sein. Davon zu lassen fällt ihr schwer, aber ihr Körper spielt nicht mehr so mit, wie er soll. „Er braucht Ruhe“, erklärt die Leipzigerin. Deshalb wird die Ausstellung in Leuna auch vorerst ihre letzte sein. Es ist eine Retrospektive, die Erika Zucholds künstlerische Vielfältigkeit unter Beweis stellt. Sie zeigt Gegenständliches und Abstraktes - rund 70 Arbeiten, neben Malerei auch Keramiken und Objekte aus Rochlitzer Porphyr, die zwischen 1976 und 2007 entstanden. Ihr Motivrepertoire ist breit gefächert.
Neben der Verarbeitung ihrer sportlichen Erlebnisse stößt der Betrachter auf viele Motive aus Natur, Landschaft und Kosmos. „Ich habe viele Techniken ausprobiert. Wollte wissen, wie beispielsweise Aquatinta oder ein Holzschnitt funktioniert. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht, genauso wie der Sport damals“, unterstreicht die Künstlerin.
Weltbekannt durch den Flickflack auf dem Schwebebalken
Erika Zuchold war in den Jahren von 1964 bis 1972 die erfolgreichste deutsche Turnerin. Bei Olympischen Spielen gewann sie vier Silber- und eine Bronzemedaille, ebenso erfolgreich war sie in ihrer Sportart bei Welt- und Europameisterschaften. Weltbekannt wurde die zierliche Frau durch den Flick-Flack, den sie am 7. Juni 1964 bei DDR-Meisterschaften in Halle als erste Turnerin der Welt am Schwebebalken zeigte.
Zum Turnen kam Erika Barth - so ihr Mädchenname - über die Akrobatik. Ihr Vater war Akrobat und trainierte mit ihr zu Hause Spagat, Brücken und sogenannte Kautschuk-Elemente. Damals träumte das Mädchen von einer Zirkuskarriere. 1959 wurde sie an der Kinder- und Jugendsportschule in Leipzig aufgenommen. „Das hätte damals beinah nicht geklappt, weil wir zur Aufnahmeprüfung zu spät kamen. Doch mein Vater hat so lange gedrängelt, bis ich doch vorturnen durfte“, erzählt die gebürtige Luckaerin.
An der Sportschule gewöhnte man ihr diese Kautschukübungen schnell ab. Die Trainerinnen legten großen Wert auf „technische Grundlagen und bestechende Körperhaltung“. So wurde das junge Mädchen frühzeitig an schwierigste Turnelemente herangeführt. Erika Zuchold machte das Spaß, sie war hochmotiviert, haderte nicht mit den vielen harten Trainingseinheiten. „Mein Vater hatte mir gesagt, wenn du ganz oben stehen willst, dann musst du trainieren.“ Und die Turnerin hatte den Ehrgeiz, ganz oben auf dem Treppchen stehen zu wollen.
Studium am Literaturinstitut Leipzig
Diesen Hang zur Perfektion, zur Vollkommenheit bestimmte ihr Leben auch nach Ende ihrer Sportlerkarriere im Jahr 1972. Sie absolvierte ein Lehrerstudium in den Fächern Sport und Musik. Sie lernte malen, singen, tanzen, steppen, Gitarre und Klavier spielen, studierte am Literaturinstitut in Leipzig. Ab 1982 trat sie als Entertainerin auf, war bei der Konzert- und Gastspieldirektion unter Vertrag.
Doch diese Karriere nahm ein jähes Ende, als 1989 die Mauer fiel. Plötzlich war sie arbeitslos und fiel in ein tiefes Loch. „Ich hatte eine tiefe Krise, bin aber gestärkt daraus hervorgegangen.“
Sie wandte sich der Malerei zu. Ihre Bilder waren auf vielen Ausstellungen nicht nur in Deutschland zu sehen. In Leuna ist es mittlerweile die zweite. „Das habt ihr wieder ganz toll gemacht. Ich freue mich so “, lobte Erika Zuchold bei ihrem Besuch in der vergangenen Woche die amtierende Galerieleiterin Anne Wiederhold. Man darf also gespannt sein. (mz)