Einblick ins Sexualleben Einblick ins Sexualleben: Merseburger Wissenschaftler stellen für Studie intime Fragen
Merseburg - Wie ist es um Ihr Sexualleben bestellt? Diese Frage interessiert derzeit die Hochschule Merseburg. Sie führt aktuell eine bundesweite Vergleichsstudie zu Partnerschaft und Sexualität durch. Im Interview mit Robert Briest erklärt Heinz-Jürgen Voß, Professor für Sexualwissenschaft und sexuelle Bildung, was die Wissenschaftler genau interessiert und warum es dabei auch um die Schattenseite der Sexualität gehen soll.
Was ist „Partner 5“?
Heinz-Jürgen Voß: Es ist eine Studie, die an die bisherigen vier „Partner“-Studien anschließt. Die erste gab es 1972, die bisher letzte 2013. Es ist eine Vergleichsstudie zu Sexualität, die in der Vergangenheit vor allem mit Jugendlichen zwischen 16 und 19 Jahren durchgeführt wurde. Teilweise waren auch früher schon Erwachsene im Blick. Die diesjährige Partner-5-Studie, die gerade online gegangen ist, befragt Erwachsene ab 18 Jahren zu Sexualität und zu Grenzverletzungen und sexualisierter Gewalt. Sie wird vom Landesinnenministerium finanziert.
Was wird konkret gefragt?
Uns interessieren beispielsweise sexuelle Erfahrungen. Wann wurden die ersten gemacht? Was wurde sexuell erlebt, was ausprobiert? Es geht aber auch darum, wie stabil Beziehungen sind, ob Menschen lange in monogamen Beziehungen leben.
Gibt es aus den vorherigen Studien Hinweise, dass sich das ändert?
Veränderungen zeigen sich in einzelnen Aspekten - zum Beispiel bei sexuellen Erfahrungen. Aber die Einstellung zu Beziehungen bleibt eher konstant. Die Studien zur Jugendsexualität zeigen, dass sich auch Jüngere das Ausleben von Lust meist nur in einer festen Beziehung vorstellen können. Möglicherweise nimmt der Anteil der polyamor, also mit mehreren Partnern, Lebenden zu. Die Zahl ist aber zu klein, um hierzu klare Aussagen zu treffen.
Ein Teil der Studie soll sich ganz aktuell mit den Auswirkungen von Corona auf Partnerschaft und Sexualität befassen. Welche Ergebnisse erwarten sie da?
Unterschiedliche. Die Corona-Pandemie hat auf ihrem Höhepunkt einerseits dazu geführt, dass Menschen mehr Zeit miteinander verbracht haben, andererseits konnten Paare, die an unterschiedlichen Orten leben, sich gar nicht sehen. Dafür braucht es Strategien, wie man damit umgeht, wie man Nähe herstellt, selbst wenn man sich nicht mal an Wochenenden sehen kann.
Die zwangsweise Enge bei Paaren, die wegen Ausgangsbeschränkungen mehr Zeit in der Wohnung verbracht haben, kann wiederum zu Spannungen führen. Eine Annahme ist, dass dadurch Gewalttätigkeiten zugenommen haben könnten.
Stichwort: Schattenseiten. Warum interessieren Sie und das Ministerium sich genau dafür?
Das Innenministerium ist daran interessiert, das Dunkelfeld der sexuellen Übergriffe im Land zu erhellen. Das ist auch wichtig, um ausreichend Schutz- und Beratungseinrichtungen vorzuhalten. Wir fragen daher, was als übergriffig empfunden wird, wie häufig solche Grenzverletzungen auftreten und welche Folgen sie haben. Uns ist dabei wichtig, dass wir auch die Orte der Übergriffe in den Blick nehmen, sowohl die analogen, als auch die digitalen. Denn das lässt sich oft gar nicht mehr trennen.
Sie haben keine fixe Stichprobe, ihr Teilnehmerfeld rekrutiert sich selbst. Jeder ab 18 Jahre, der möchte, kann an der Onlineumfrage teilnehmen. Wie wollen Sie zu validen Aussagen kommen, wie groß die Erfahrungen mit Grenzverletzungen sind?
Wir setzen auf eine große Reichweite der Studie. Bundesweit peilen wir 7.000, 8.000 Teilnehmer an, für die Region Mitteldeutschland erhoffen wir uns 1.500 bis 2.000. Die Studie beachtet sowohl die Hinweise des Datenschutzbeauftragten als auch des Ethikrates. Es gibt immer wieder Hinweise auf Hilfsangebote, auch dann, wenn ein Teilnehmer die Beantwortung der Fragen vorzeitig beendet. In diesem Fall werden alle bereits eingetragenen Daten gelöscht.
››Die Onlineumfrage finden Sie auf der Website des Instituts: ifas-home.de/partner-5-studie (mz)