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Ein Held der jungen Herzen

Von Hans-Erdmann Gringer 06.02.2007, 17:19

Bad Dürrenberg/MZ. - Am Dienstag feierte Uhlemann seinen 85. Geburtstag und seine Augen wurden am Nachmittag plötzlich groß wie Teller. Aus gutem Grund: Mitten am Geburtstagstisch im Hotel "Altes Badehaus" von Bad Dürrenberg wurde er nämlich mit einem Ständchen überrascht.

Seine ehemaligen Schülerinnen standen mittenmang und schallerten wie die Heidelerchen sein Lieblingslied "Im schönsten Wiesengrunde" und "Das alte Dorfschulmeisterlein", umgedichtet auf den Jubilar. In manchem Auge war in diesem Moment auch eine Träne auszumachen und Uhlemann gab gleich einen aus. Die mittlerweile 73-jährigen Damen hatten zum Teil

eine weite Anfahrt in Kauf genommen, um ihrem Lehrer zu seinem Wiegenfest gratulieren. So war Helga Pfannstiehl aus Merkers in der Rhön angereist, die beiden Zwillinge Ruth und Inge Kawelke kamen aus Chemnitz. Die meisten allerdings waren immer noch rund um Bad Dürrenberg zu Hause, wo sie auch vor 62 Jahren Unterricht hatten. Insgesamt 13 Schülerinnen von einst tauschten sich aus, zeigten Fotos und kramten in alten Erinnerungen wie der ersten abenteuerlichen Klassenfahrt an die Zirkelsteine in der Sächsischen Schweiz mit dem Kohlenzug, Kartoffeln und Eingekochtes als Wegzehrung im Gepäck. "Es war eine wunderschöne Schulzeit, trotz der vielen Entbehrungen damals", meint Erika Mühle rückblickend, die mit dem Zerrwanst die Damen begleitete und am lautesten sang. Hinterher ging es noch mit dem Bus quer durch die Stadt.

Uhlemann, gebürtig in Dresden und gelernter Schlosser und Mechaniker, war der einzige Neulehrer, der von der Werkbank in den Leuna-Werken weg in die Friedrich-Engels-Schule nach Bad Dürrenberg "abkommandiert" wurde, wie sich Erika Mühle heute noch erinnert. Auf dem Schulhof bekam Uhlemann aber einen tüchtigen Schock: 900 erwartungsvolle Schüler standen im Karree, wollten zum Unterricht. Den sollten sieben entnazifizierte Altlehrer und Uhlemann halten.

Er wurde als Klassenlehrer einer 5. Klasse mit 54 Mädchen zugeteilt, eine hübscher als die andere. "Alle haben ihn angehimmelt, ich nicht. Er ist nämlich mein Cousin", sagt Erika Mühle. Dazu kamen noch die 49 Jungen einer 3. Klasse hinzu. Und den Sportunterricht machte Uhlemann gleich noch mit: für die ganze Schule.

So der verheißungsvolle Start. Es folgten fachliche Weiterbildungen bis zum Staatsexamen mit der Konsequenz, dass Uhlemann 1952 sogar auf dem Direktorenposten der Engels-Schule landete, die er auch bis 1985 leitete. Generationen von Mädchen und und Jungen durchliefen die Klassenräume, um etwas für ihr weiteres Leben zu lernen. Uhlemann half ihnen dabei.

Dann ging der Lehrer aus Leidenschaft schließlich nach vielen Jahren anstrengenden Schuldienstes in den Ruhestand. Dass seine Arbeit nicht umsonst war, beweist der Umstand, dass zwei seiner einstigen Schülerinnen (Eleonore Sadlowski, Brigitte Linke) ihm folgten und selbst Schulleiter wurden.

Aber es gibt noch einen anderen Beweis. Jetzt soll Uhlemann sogar mit einem wissenschaftlichen Beitrag für die Ausstellung "Lehren - Lehrerbild -Lehrerbildung", die die Geschichte des Lehrerberufs in Mitteldeutschland genauer unter die Lupe nimmt, geehrt werden.