Eigenbetrieb für Arbeit in Merseburg Eigenbetrieb für Arbeit in Merseburg: Dutzende neue Erzieher werden ausgebildet

Braunsbedra/MZ - Maschinistin für Wärmekraftwerke, Facharbeiterin für Postverkehr und Einzelhandelskauffrau - Dorieta Müller hat beruflich schon viel erlebt. Jetzt will sich die 55-Jährige zudem um die Erziehung von Kindern kümmern. „Als junge Frau wollte ich immer Erzieherin werden, doch dann ging das irgendwie verloren“, erzählt sie. Als der Eigenbetrieb für Arbeit vor dem Hintergrund des gestiegenen Bedarfs an Erziehern nach Umschülern suchte, nutzte die arbeitslose Müller ihre Chance und bewarb sich für die Maßnahme.
Wie der Eigenbetrieb in Merseburg mitteilte, ist Müller eine von 25 Frauen, die derzeit eine geförderte Ausbildung zur Erzieherin durchlaufen. Damit versucht das Jobcenter auf den Engpass an Fachkräften zu reagieren, der durch die im August in Kraft tretenden Regelungen des neuen Kinderförderungsgesetzes (Kifög) entstanden ist. Demnach steht allen Kindern ab drei Jahren eine Ganztagsbetreuung zu. Allein im südlichen Saalekreis müssen dadurch bis zum 1. August 50 neue Erzieher eingestellt werden.
„Schade, dass ich erst jetzt die Chance dazu erhalte, mit Kindern zu arbeiten“, sagt Müller, für die Kindererzieherin ein absoluter Traumjob ist. Zustimmung erhält sie dabei von ihrer Klassenkameradin Ramona Kramer. Die 41-Jährige aus Braunsbedra hat sich ebenfalls dazu entschieden, beruflich nochmal von vorn anzufangen und sich die derzeitigen Nöte der Kommunen zunutze zu machen. Um ihr Ziel zu erreichen, absolvieren die beiden Frauen derzeit eine zweijährige Fachschulausbildung bei der WBS Training in Halle, wo derzeit 60 Männer und Frauen auf ihre künftige Tätigkeit im Kindergarten vorbereitet werden. Nach der Schule folgt das sogenannte Anerkennungsjahr, in dem die Schüler auf Kindergärten im Kreis verteilt werden.
Nicht jedermann ist für den Erzieherberuf geeignet, auch wenn das bei Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kurz nach der Pleite der Drogeriekette Schlecker anders klang und sie vorschlug, die arbeitslos gewordenen Verkäuferinnen einfach zu Erzieherinnen umzuschulen. „Die Anforderungen an einen Erzieher werden immer höher“, weiß Juliana Pillep-Kühn, die an der WBS Training die angehenden Pädagogen ausbildet. „Frühbildung ist für die Eltern das Wichtigste und der Erzieherberuf ist mehr als ein bisschen Spielen und Anziehen“, erklärt die Expertin. Heute würden in den Kitas konkrete Bildungspläne umgesetzt. Für die Arbeit in bilingualen Einrichtungen, müssen die Erzieher sogar Fremdsprachen beherrschen. „Englisch war mein Problem“, erzählt Umschülerin Dorieta Müller. Mit Sprachprogrammen für den Computer paukt sie seit Beginn ihrer Ausbildung regelmäßig Vokabeln und Grammatik.
Doch nicht nur auf das Engagement der künftigen Erzieher kommt es an. In einem Vorgespräch prüft etwa der Eigenbetrieb die Bewerber auf Herz und Nieren. Denn Zugangsvoraussetzung für den Beruf ist ein Realschulabschluss und eine einschlägige Ausbildung in einem sozialpädagogischen Beruf. Fachfremde Bewerber müssen eine einjährige Erfahrung in diesem Bereich nachweisen. Ist dies alles erfüllt, folgt noch ein psychologischer Eignungstest.
Doch auch, wenn derzeit Dutzende neue Erzieher ausgebildet werden, mit Blick auf das baldige Inkrafttreten des Kifögs im August dürften die derzeitigen Umschüler als Fachkräfte zu spät kommen. Dabei hatte doch der Leiter des Eigenbetriebs im Saalekreis, Gert Kuhnert, bereits in den zurückliegenden Monaten Gesprächstermine mit den Kommunen genutzt, um immer wieder auf den drohenden Fachkräftemangel und den erheblichen zeitlichen Vorlauf der Ausbildung hinzuweisen.