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Zweimal eingestürzt  Dom in Merseburg: Warum die Grundsteinlegung kein gutes Ende nahm

Von Michael Bertram 30.09.2018, 10:01
Als Zeichen der Solidarität ließen die Domstifter am Dienstagmittag die Glocken der Dome in Naumburg und Merseburg zehn Minuten lang läuten.
Als Zeichen der Solidarität ließen die Domstifter am Dienstagmittag die Glocken der Dome in Naumburg und Merseburg zehn Minuten lang läuten. Peter Wölk

Merseburg - Viele Besucher des Merseburger Doms empfinden ganz sicher Ehrfurcht, wenn sie durch die Hallen der Kathedrale schreiten. Unglaublich erscheint, welche Baukunst bereits vor über 1.000 Jahren, als der Grundstein für den Sakralbau gelegt wurde, möglich war. Und auch die schiere Größe des Bauwerks lässt uns heute staunen.

So monumental wie der Merseburger Dom, aber auch viele Kirchen heute erscheinen, waren Sakralbauten nicht immer. Im Mittelalter bestanden viele Gotteshäuser aus Holz. Detailverliebtheit war fehl am Platz, den Zweck mussten sie erfüllen. „Bischof Thietmar überliefert in seiner Chronik fast beiläufig, dass der Bischof Brun den kompletten Verdener Dom in Holz ausgeführt haben soll, weil es in dieser Gegend keinen Stein gegeben haben soll“, erzählt Domstiftsarchivar Markus Cottin, der zudem auf auf archäologische Belege verweist.

Merseburger Dom: Teil der Steine aus dem Bereich des Gotthardteiches?

Noch heute könne man bei entsprechenden Grabungen im Boden Abdrücke der oft als Pfostenbauten errichteten Kirchen erkennen, die auf Holz als Material hindeuten. „Was wir heute noch an Kirchen aus Stein stehen haben, ist ja meist zwölftes Jahrhundert“, betont Cottin.

In der hiesigen Region habe es zudem eine Reihe von Steinbrüchen gegeben, aus denen sich die Menschen schon früh bedient hätten, um Sakralbauten zu errichten. Im Fall des Merseburger Doms soll ein Teil der Steine aus dem Bereich des Gotthardteiches stammen. „Dort wurden ganz sicher Steine für den Dom gebrochen“, meint Cottin.

Schon mit etwas Verwunderung, vielleicht auch etwas Abschätzung blickte der Merseburger Bischof Thietmar auf die Bauwerke aus Holz. „Er wertet das nicht direkt, aber er stellt es als etwas Besonderes dar, für ihn war es eben normal, dass man mit Stein baut.“ Bei Magdeburg soll es laut Thietmars eine Kirche mit Holzfenstern gegeben haben, die rot gefärbt waren, um so offenbar Steine zu imitieren - womöglich ein Beleg, dass Stein bei Kirchenbauten doch ein höherer Stellenwert beigemessen wurde.

Auch Thietmar selbst schwört auf Steine

Auch Thietmar selbst schwört auf Steine: In seiner Chronik betont er, dass er selbst die Grundsteine für den Merseburger Dom gelegt haben will. „Es gibt auch andere Beispiele für solche Taten, wir können deshalb davon ausgehen, dass es stimmt, was Thietmar über sich schreibt“, meint Cottin. Beigaben, wie man sie von heutigen Grundsteinlegungen kennt, habe es zu Thietmars Zeiten zwar nicht gegeben. „Aber die Steine wurden beschriftet, mit dem Namen des verantwortlichen Bischofs und den Namen der Apostel“, sagt Cottin.

Dem Merseburger Dombau war jedoch nicht viel Glück beschieden. Er stürzte laut Bischofschronik zweimal ein. Offenbar im Chorbereich, einem sensiblen Bereich. Bischof Hunold, ein Nachfolger Thietmars, entschied dann, den Dom auf den alten Fundamenten neu aufzubauen. „Wir haben ja den Laurentius- und Johannisturm, die auf etwa 1040 datiert wurden, auch die Krypta können wir in diese Zeit weisen“, erklärt Cottin. (mz)

Holzfenster wurden rötlich verziert, um Steine zu imitieren.
Holzfenster wurden rötlich verziert, um Steine zu imitieren.
Peter Wölk