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Direktor des Amtsgerichts geht in den Ruhestand Direktor des Amtsgerichts geht in den Ruhestand: "Wir haben auch einiges Spektakuläres"

Von Undine Freyberg 10.11.2019, 11:00
Amtsgerichtsdirektor Peter Mertens blieb länger in Merseburg als zunächst gedacht.
Amtsgerichtsdirektor Peter Mertens blieb länger in Merseburg als zunächst gedacht. Katrin Sieler

Merseburg - Als Peter Mertens 1990/91 gefragt wurde, ob er nicht Lust hätte, in die neuen Bundesländer zu gehen, hat der gebürtige Berliner nicht geahnt, dass er und das Amtsgericht Merseburg es bis zur „Silberhochzeit“ schaffen würden. „Ich war damals ein kleiner Amtsrichter am Amtsgericht im niedersächsischen Burgwedel, als ich gefragt wurde“, erzählt der 65-Jährige, der jetzt in den Ruhestand gegangen ist. Dann sei er in der Domstadt kommissarischer Leiter des Amtsgerichts geworden.

„Ich dachte, ich schau’ mir das mal an und lerne den Osten kennen und kann mich vielleicht ein bisschen nützlich machen.“ Doch am 1. Juni 1994 war schon klar, dass das Ganze länger dauern würde, denn Mertens wurde zum Direktor des Amtsgerichts ernannt. „Ich fand damals hier schon Strukturen vor, die denen in Niedersachsen ähnelten. Merseburg war wenige Jahre nach der Wende schon sehr weit. Mein Vorgänger hatte schon viel reorganisiert.“ Über die DDR-Justiz könne er sich überhaupt kein Urteil erlauben. „Ich hatte auch nie mit Rehabilitierungsverfahren zu tun.“

1994 gab es am Amtsgericht Merseburg fünf oder sechs Richter

1994 gab es am Amtsgericht Merseburg fünf oder sechs Richter. Dann erfolgte im Jahr 2000 die Zusammenlegung mit Querfurt, wodurch zwei weitere Richter dazukamen. Heute hat das Gericht, das 2008 vom Kloster in die Geusaer Straße umgezogen war, zehn Richter und insgesamt 70 Mitarbeiter. „Wir bewegen hier viele Akten, haben jede Menge Verfahren, auch einiges Spektakuläres“, meint der Amtsgerichtsdirektor a.D. Auch die MZ konnte immer wieder über spannende Prozesse berichten.

Verfahren, in denen es um Unfälle mit Todesopfern ging, Schlägereien bei Fußballspielen, sexuelle Übergriffe auf Minderjährige, die Explosion eines verbotenen „Polen-Böllers“ auf dem Schulhof der Bad Dürrenberger Borlach-Schule im August 2009, bei der mehrere Kinder verletzt wurden. Oder auch der Fall einer jungen Mutter, die 2011 ihr gerade mal vier Wochen altes Baby so schwer verletzt hatte, dass es mit einem Schädelbruch und weiteren Verletzungen auf die Intensivstation gebracht werden musste.

Spektakulär war Flucht eines wegen Körperverletzung angeklagten Albaners

Spektakulär war auch die Flucht eines wegen Körperverletzung angeklagten Albaners. Der 22-Jährige hatte angeblich eine Fußverletzung und kam deshalb am 7. Februar 2014 mit Krücken zur Verhandlung. Als es danach mit dem Gefangenentransport zurück in die Jugendhaftanstalt Raßnitz gehen sollte, warf der Albaner die Krücken weg und konnte flüchten. Erst Anfang April 2014 wurde der Mann wieder geschnappt.

„Das war eine ziemlich peinliche Sache für uns, obwohl die Fehlbeurteilung über den Gesundheitszustand sicher an anderer Stelle passiert war“, meint Mertens. Seitdem sei es allerdings Pflicht gewesen, Angeklagte, denen lange Haftstrafen drohen, in Fußfesseln vorzuführen.

„Meine Frau wird ja noch einige Jahre arbeiten.“

Was sich im Vergleich zu seiner Anfangszeit in Merseburg verändert hat? „Wir müssen uns zunehmend mit Betrugssachen befassen, mit Kinderpornografie, aber auch mit Familiensachen, bei denen es zum Beispiel um Umgangsrecht geht.“ Manche Straftaten würden aufgrund der modernen Technik begangen, nur weil man es kann. „Früher musste man noch das Haus verlassen, um eine Straftat zu begehen. Damit war sicherlich auch die Hemmschwelle höher. Heute kann man viele Straftaten einfach am PC begehen.“

Womit er künftig seine freie Zeit verbringen wird, weiß Peter Mertens schon ganz genau. „Ich werde weiter ins Fitnessstudio gehen und mich gern bei den Merseburger Rotariern engagieren, dessen Gründungspräsident ich war.“ Außerdem sei er Prüfer am Justizprüfungsamt und wolle noch für einige Jahre bei den künftigen Juristen das erste und zweite Staatsexamen abnehmen.

„Meine Frau wird ja noch einige Jahre arbeiten.“ Seine Frau Ursula hatte Mertens übrigens in den 90er Jahren vor Gericht kennengelernt. „Sie war aus Rheinland-Pfalz nach Halle gekommen und war damals Assessorin bei der Staatsanwaltschaft.“ Ursula Mertens war bisher Strafrichterin am Landgericht Halle und hat gerade ihre Ernennung zur Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Naumburg erhalten. (mz)