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Unsicherheit ist spürbar Depressionen und Angstzustände haben in der Pandemie zugenommen

Seit Jahresbeginn manifestieren sich Depressionen und Angstzustände aufgrund der Pandemie stärker. Betroffene sollten das jedoch nicht ignorieren.

Von Melain van Alst 30.04.2021, 09:28
Für viele Menschen verstärken sich Ängste und Depressionen aufgrund der Unsicherheiten durch die Pandemie.
Für viele Menschen verstärken sich Ängste und Depressionen aufgrund der Unsicherheiten durch die Pandemie. Foto: IMAGO / Sven Simon

Merseburg - Erst seit diesem Jahr manifestiert sich deutlich, wie sich die Pandemie und deren Beschränkungen auf die Menschen und deren Psyche auswirken. „Wir haben es mit Depressionen und Ängsten zu tun“, erklärt Constantin Puy. Der leitende Arzt für Psychosomatische Medizin am Carl-von-Basedow-Klinikum registriert mit seinen Kollegen, dass die Betroffenen zunehmend verunsichert sind. Er appelliert, sich behandeln zu lassen.

Mehr Depression während der Pandemie: Sozialen Netze fehlen würden

Wenn der Mediziner auf das vergangene Jahr zurückblickt, kann er eine Verschiebung erkennen. Die Pandemie hält Deutschland zwar seit März 2020 fest im Griff, doch die psychischen Auswirkungen treten vermehrt erst seit Anfang dieses Jahres auf. „Seitdem nehmen viele wahr, dass Corona nicht einfach so weggeht und vieles nachhaltig verändert“, sagt Constantin Puy. Kündigungen, wirtschaftliche Nöte und Ungewissheit fordern ihren Tribut und führen zunehmend zu Depressionen und Ängsten.

Dazu kommt, dass die sozialen Netze fehlen würden, glaubt der Arzt. Die realen Kontakte zu anderen Menschen seien verloren gegangen und sorgen für zusätzlichen Stress oder zumindest dafür, dass man sich mit seinen Problemen nicht mehr austauschen kann. Gleichzeitig haben besondere Umstände meist eine zeitliche Befristung. „Nicht umsonst spricht man beispielsweise auch von einem Trauerjahr. Nach einem Jahr ist eine Grenze erreicht und danach wird es anders.“

Wie lange hält man Unsicherheiten aus?

Aber mit Corona sei eben genau das nicht eingetreten. „Die Unzufriedenheit steigt“, sagt Puy und spürt das auch deutlich im eigenen Umfeld. Die entscheidende Frage dabei ist offenbar für jeden Einzelnen, wie lange er diesen unsicheren „Schwebezustand“ aushält. Die Menschen reagieren in aller Regel auf zwei Arten darauf: Entweder sie werden depressiv und machen kaum noch etwas oder sie verfallen in einen aktiven Zustand und arbeiten dagegen an.

„Wir haben aber nicht spürbar mehr Patienten“, fügt Puy hinzu. Eben dieser Umstand mache ihm gerade wegen der sichtbaren Entwicklung Sorgen. Die Station in Querfurt sei aber offen und nehme auch Patienten auf. Mit entsprechenden Hygienekonzepten und Abständen sei die Behandlung möglich. Größere Bedenken haben die Patienten natürlich, weil auch auf Station Besuchsverbot herrscht. Aber es gebe auch die Möglichkeit, die Dinge individuell zu lösen, verspricht der Mediziner.

Psychosomatische Auswirkungen sollten nicht aus den Augen verloren werden

Tatsächlich wirkt sich die Pandemie auch noch auf andere Weise auf das Arzt-Patienten-Verhältnis aus. Die Maske bringt eine gewisse Hürde mit sich, da sie die Mimik der Betroffenen verdeckt. Darauf seien die Ärzte aber in den Gesprächen häufig angewiesen, um ihren Gegenüber besser einschätzen zu können. „Manche Patienten nutzen die Maske wie einen Schutz, hinter dem sie sich verstecken können“, erklärt Puy. Dann sei es Aufgabe der Psychotherapeuten darauf zu reagieren.

Der Arzt überlegt kurz und meint, dass man nun viel stärker auf die Augenpartie fokussiert sei, um mit dem Patienten auch non verbal kommunizieren zu können. Derzeit liegt der Fokus auf in der öffentlichen Betrachtung vor allem auf den körperlichen Folgen, die das Coronavirus mit sich bringe. Das sei auch richtig so, meint der Mediziner. Er wünscht sich jedoch, dass dabei die psychosomatischen Auswirkungen nicht aus den Augen verloren werden. Auch sie seien akut. (mz)