Corona-Lockerungen Corona-Lockerungen: Wie kommt das öffentliche Leben in der Region wieder in Gang?

Merseburg/Querfurt - Nach rund vier Wochen hat die Politik in der vergangenen Woche entschieden, dass erste pandemiebedingte Einschränkungen gelockert werden. Seit diesem Montag dürfen einige Geschäfte wieder öffnen, andere nicht. Schulen bereiten sich auf die Rückkehr der Abschlussklassen am Donnerstag vor. Nur die Gastronomie bleibt ratlos zurück, wie und wann es weitergeht. Die MZ beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie organisieren die Schulen im Kreis die Rückkehr der ersten Schüler?
Freitag, 9 Uhr, erreichte Henrik Amende, Leiter der Sekundarschule Zöschen, der Erlass des Landes per E-Mail. „Darin wird vor allem darauf hingewiesen, dass wir bei der Rückkehr der neunten und zehnten Klassen auf die allgemeinen Abstands- und Hygieneregeln achten sollen“, sagt er. Wie genau das funktionieren könnte, prüfte er wenig später mit dem Zollstock.
Amende will die Klassen teilen. In jedem Raum sollen zwölf Schüler sitzen. „Das dürfte eng werden, womöglich müssen wir noch weiter runtergehen“, meint Amende, als er den Zollstock in einem der Klassenzimmer ansetzt. Wirklich zufrieden ist Amende zudem mit der Entscheidung, direkt mit zwei Klassenstufen zu starten, nicht.
„Ich hätte mir einen zeitlich versetzten Start gewünscht, denn wie kriegen wir die Schüler ins Gebäude?“, fragte er sich am Freitag. Im Pulk würden sich die Schüler nach dem Absetzen durch den Schulbus vor dem Gebäude sammeln, müssten dann getrennt werden. „Das wird eine schwierige Aufgabe“, glaubt er.
Viele Fragen schwirren am Freitag auch Volker Ohlemann, Leiter der Borlach-Gemeinschaftsschule in Bad Dürrenberg durch den Kopf. Er wälzt die mehrere Seiten starke Mail und will sich am Montag mit den Kollegen beratschlagen. Er glaubt, dass in den Räumen die Abstände eingehalten werden können, aber das ist ja nur ein Punkt, um den es sich zu kümmern gilt.
Am Donnerstag sollen auch die Zwölfer zur Prüfungsvorbereitung an das Gymnasium Querfurt zurückkommen. Was die Vorkehrungen dafür betrifft, meint Schulleiter Ralf Walzebok am Freitag: „Wir haben schon ein bisschen Erfahrung.“ Vor und nach Ostern seien bereits zwei Klausuren unter besonderen Prüfungsbedingungen geschrieben worden. „In der Spitze“, so Walzebok, waren da 29 Schüler im Gebäude. Ab Donnerstag wären es dann 54 Schüler. „Wir teilen sie auf verschiedene Räume auf und passen auf, dass die Abstandsregeln eingehalten werden. Außerdem werden Belehrungen durchgeführt. Desinfektionsmittel haben wir da“, so der Schulleiter.
Werden die Schulbusse wieder vollständig und pünktlich rollen?
Seit der Schließung von Schulen und Kitas hatte die PNVG auf den Ferienfahrplan umgestellt, rollt seitdem in ausgedünnter Taktung durch den Saalekreis. Bereits am Donnerstag hatte PNVG-Chef Lothar Riese betont, ab Donnerstag problemlos wieder den Normalbetrieb aufnehmen zu können. Zu Schwierigkeiten im Schülerverkehr sollte es also nicht kommen.
Wie geht es mit den Kindertagesstätten weiter?
Während die Schulen stufenweise wieder öffnen, bleiben die Kitas und Horte zu. Zumindest wird auch weiterhin nur eine Notbetreuung angeboten. Da diese mit der Lockerung ausgeweitet wird, auch Kinder von Lehrern und Verkäufern sollen ab Montag Anspruch auf Notbetreuung haben, machen sich die Träger Sorgen. „Die Überlegung ist eigentlich, nicht mehr als drei Kinder pro Erzieher und nicht mehr als fünf pro Raum zu betreuen“, sagte Dirk Jürgens, Geschäftsführer der Volkssolidarität Saale-Kyffhäuser, die mehrere Einrichtungen im Saalekreis betreibt.
„Durch die Ausweitung kommen wir an eine Grenze.“ In dieser Hinsicht ist er auch froh, dass die diskutierte Öffnung der Kitas für Vorschulgruppen nicht kommt. „Die Vorschüler machen einen Anteil von etwa 20 Prozent aus“, erklärte er. In diesem Fall wäre ein Infektionsschutz in den Einrichtungen aufgrund der zu hohen Zahl zu betreuender Kinder nicht mehr gewährleistet.
Was halten Gastronomen von den Lockerungen?
Bei den Betreibern von Restaurants, Cafés und Biergärten steigt zunehmend der Frust - denn nicht nur, dass sie bei den aktuellen Lockerungsmaßnahmen außen vor bleiben. Die Politik bietet der Gastronomiebranche derzeit auch keinerlei Signal, wann und wie es überhaupt weitergehen könnte. „Ich bin maßlos enttäuscht“, klagte am Freitag Bodo Czok, der Kreisvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga.
Als eine der mitarbeiterstärksten Branchen im Land fühlen sich die Gastronomen allein gelassen mit ihren Sorgen. „Auch die Auszahlung der Soforthilfe verläuft schleppend, ich bekomme ständig Anrufe, dass ich mich kümmern soll“, so Czok. Er hatte gehofft, dass zumindest Biergärten unter bestimmten Auflagen öffnen dürfen. „Gerade wir Gastronomen sind es doch, die mit den Hygieneregeln aufgewachsen sind, wir hätten das organisieren können“, meint er.
Freitag wurde angekündigt, dass Museen am 4. Mai wieder öffnen dürfen. Wie bereitet man sich darauf vor?
„Das ist ja eine ganz neue Information“, sagt Karin Heise, die Leiterin des Kulturhistorischen Museums Schloss Merseburg. Über die Maßnahmen, die zur Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln nach einer Wiedereröffnung getroffen werden müssten, werde man sich in den nächsten Tagen im Haus abstimmen und sich gedanklich vorbereiten.
Sie könne sich zum Beispiel eine Plexiglaswand im Kassenbereich vorstellen oder das Anbringen von Abstandsmarkierungen am Boden. „Aber generell freuen wir uns erstmal über eine Wiedereröffnung.“
Wie reagieren Friseure auf die neue Verordnung?
Ab dem 4. Mai dürfen sie ihre Läden wieder öffnen. „Ich hoffe, dass das dann klappt“, sagte Kathleen Brumme, Inhaberin des Geschäfts City-Hair in Querfurt am Freitag. „Wir hatten schon mal mit dem 20. April gerechnet und haben nun alle Kunden umbestellt. Unser Buch war voll.“
Außerdem müssen nun einige Vorkehrungen bis zur Wiedereröffnung getroffen werden, damit Beschäftigte und Kunden dann ausreichend geschützt sind. Brumme hat dazu gleich am Freitagfrüh mit der Berufsgenossenschaft telefoniert.
„Wir und die Kunden müssen Mundschutz tragen, die Kunden müssen Einmalumhänge bekommen und wir müssen Handschuhe tragen. Außerdem bekommen die Kunden keine Trockenhaarschnitte - alle müssen gewaschen werden“, nennt die Friseurmeisterin einige Neuerungen.
Wie geht es mit Gottesdiensten in Kirchen und religiösen Veranstaltungen weiter?
Diese bleiben verboten. Darauf sei sie eingestellt gewesen, sagte am Freitag Christiane Kellner, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Merseburg. Angebote wie etwa Online-Gottesdienste und Kinderstunden von Gemeindepädagogen per Videokonferenz laufen weiter.
Kellner hält es aber für wichtig, dass Kirche und Politik weiterhin Gespräche führen, bei denen unter anderem geprüft wird, wo Ausnahmen möglich sind, um Gottesdienste zu feiern und Seelsorge zu betreiben. (mz)