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Lebensmittelgeschäft in Günthersdorf Corona-Krise in Sachsen-Anhalt: Lebensmittelgeschäft in Günthersdorf "Meine kleine Vorratskammer" öffnet am Sonntag

Von Undine Freyberg 21.03.2020, 13:42
Petra Schneider hat den alten Lebensmittelladen übernommen, aufgepeppt und ihm liebevoll den Namen „Meine kleine Vorratskammer“ gegeben.
Petra Schneider hat den alten Lebensmittelladen übernommen, aufgepeppt und ihm liebevoll den Namen „Meine kleine Vorratskammer“ gegeben. K. Sieler

Günthersdorf - Hätte sie eine Boutique oder einen Buchladen übernommen, hätte Petra Schneider jetzt schlechte Karten. Doch „Meine kleine Vorratskammer“, wie sie ihr Lebensmittelgeschäft in Günthersdorf liebevoll genannt hat, darf weiter öffnen. Und am Freitagmorgen vergeht kaum eine Minute, in der nicht ein Kunde den Laden betritt.

„Wir gehen mal besser ein bisschen auseinander“, meint Petra Schneider freundlich zu der 93-jährigen Dame, die gerade hereingekommen ist. Die muss kurz überlegen. „Ach ja. Man vergisst das immer mit dem Abstand.“

Im Geschäft ist genug Platz, um ausreichenden Sicherheitsabstand zu wahren. Allerdings ist die Botschaft noch nicht bei jedem angekommen. „Ich werde wahrscheinlich noch ein Schild anbringen, dass maximal drei oder vier Kunden hereinkommen sollten, und möglichst nur die Waren anfassen, die sie auch wirklich kaufen wollen“, sagt die 54-Jährige, die von ihren Kunden für ihr gutes Sortiment gelobt wird.

Dass es das Geschäft in Günthersdorf überhaupt noch gibt, ist purer Zufall

„Ich komme eigentlich jeden Tag hierher“, erzählt Matthias Schleicher, der in Günthersdorf wohnt und leider gerade auf Kurzarbeit ist, wie er erzählt. Gerade hat er Brot und Brötchen, Wurst und eine Zeitung gekauft. „Und selbst gemachte Salate - die sind toll“, meint er. Überhaupt habe sich der Laden rausgemacht.

Dass es das Geschäft überhaupt noch gibt, ist purer Zufall. Denn die vorherige Betreiberin wollte das Geschäft aufgeben. „Und ich habe eine Möglichkeit gesucht, mich wieder selbstständig zu machen“, erzählt Petra Schneider, die schon in den unterschiedlichsten Berufen gearbeitet hat. Die gelernte Facharbeiterin für chemische Reinigung hat schon als Kranführerin gearbeitet und hat Gabelstapler gefahren, war Verkäuferin bei einem Bäcker, Verkaufsfachberaterin bei einem Raumausstatter, hatte ein Eiscafé im halleschen Paulusviertel und einen Sexshop in Halle-Bruckdorf.

Die Industrie- und Handelskammer habe sie auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, den Lebensmittelladen als Nachfolgerin zu übernehmen. „Ich musste überlegen, weil doch einiges zu tun war. Doch dann habe ich entschieden, dass ich es anpacken will.“ Also hat die energische Frau einen 25.000-Euro-Kredit aufgenommen, umgebaut, modernisiert, neues Inventar angeschafft und das Sortiment erweitert. Während des Umbaus im Herbst hat sie ihr Geschäft allerdings nicht dicht gemacht. „Wir haben aus dem Foyer heraus nach draußen verkauft, damit die Kunden trotzdem ihre Brötchen, Butter oder Wurst bekommen konnten.“

Neben Produkten der regionalen Bäcker, Fleischer und Eierproduzenten, bietet sie Frischmilchprodukte, Getränke und Toilettenartikel an. „Wir haben jetzt eine Käsetheke und mehr frisches Obst und Gemüse als früher.“ Sogar eine kleine Ration Toilettenpapier und Haushaltstücher gibt es noch. „Die gebe ich aber nur in kleiner Stückzahl ab“, sagt Schneider. Auch Mittagstisch wird in „Meiner kleinen Vorratskammer“ angeboten - täglich frisch gekocht. „Die Nachfrage ist zwar zurückgegangen, aber wir haben immer noch einige Kunden, die anrufen und bestellen“, erzählt die Chefin, die noch drei Mitarbeiterinnen hat. Die zwei Tische, an denen man normalerweise essen kann, würden aktuell nicht genutzt. „Die Leute nehmen das Essen mit ins Büro oder nach Hause.“

In Sachsen-Anhalt dürfen Lebensmittelgeschäfte aus aktuellem Anlass auch sonntags von 12 bis 18 Uhr öffnen. Nicht jeder Händler nutzt diese Möglichkeit. „Wir wollen unseren Leuten eine Verschnaufpause gönnen“, heißt es beispielsweise aus dem Nahkauf in Zöschen. „Das mache ich auch“, sagt Petra Schneider und lächelt. „Meine Leute müssen am Sonntag nicht arbeiten. Da stehe ich von 12 bis 16 Uhr allein im Geschäft, denn unsere Kunden zählen auf uns.“

(mz)