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Alkohol bei Jugendlichen Alkohol für Jugendliche: Suchtberaterin kritisiert Jugendweihen als "legitimiertes Saufen"

Von Undine Freyberg 16.05.2017, 07:06
Alkohol kann Gewalt hervorrufen und führt immer wieder zu Verkehrsunfällen - trotzdem ist er gesellschaftsfähig.
Alkohol kann Gewalt hervorrufen und führt immer wieder zu Verkehrsunfällen - trotzdem ist er gesellschaftsfähig. dpa

Merseburg - Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen plädiert dafür, das Jugendschutzgesetz zu ändern und dass Alkohol prinzipiell erst an Jugendliche ab 18 Jahren verkauft werden darf. Da geht Claudia Hammer von der Fachstelle für Suchtprävention der Awo mit. „Der Meinung bin ich auch.“

Und sie sagt etwas, das vielen Eltern sauer aufstoßen könnte. „Wenn Kinder 14 sind, und der Vati sitzt daneben, dann dürfen sie zum Beispiel auch Sekt und Wein trinken.“ Das erlaube das Jugendschutzgesetz. „Damit ist Jugendweihe legitimiertes Saufen in Deutschland.“

Suchtberaterin aus Merseburg kritisiert Jugendschutzgesetz

Derzeit gelte ja noch, dass man Alkohol wie Bier, Wein, Sekt und Biermixgetränke schon ab 16 Jahren kaufen und auch konsumieren darf. „Wenn man 18 ist, darf man dann auch Wodka und Whisky trinken.“ Allerdings dürfe man mit 16 auch schon den 24-prozentigen Portwein trinken, den Eierlikör mit zwölf Prozent nicht. Das liege an unserem Gesetz.

„Das Jugendschutzgesetz, so wie wir es haben, das gibt es nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Alle anderen Länder weltweit haben ganz andere Regelungen zum Thema Alkohol. Da geht es wirklich um die Promille. In Deutschland geht es ums Herstellungsprinzip.“

Alles, was aus dem Gärungsprozess komme, sei ab 16 gestattet, alles, was aus dem Brennprozess komme, sei ab 18 erlaubt. „Das hat was mit einem alten Biersteuergesetz zu tun.“ In Amerika wird in Sachen Alkohol dagegen hart durchgegriffen. Alkohol ist erst ab 21 Jahren erlaubt. Bei Verstoß drohen harte Strafen.

Aktionswoche zum Thema Alkohol: Jeder Deutsche trinkt im Jahr durchschnittlich eine ganze Badewanne voll Schnaps, Bier und Wein

Bis zum 21. Mai läuft auch im Saalekreis die diesjährige bundesweite Aktionswoche Alkohol - diesmal unter dem Motto „Kein Alkohol unterwegs“. Das bedeutet im Auto, wenn man Fahrrad fährt oder auch im Zug sitzt.

„Ich bin Verfechter von null Promille, wenn jemand fahren muss“, sagt Hammer und hält einen entsprechenden Null-Prozent-Aufkleber hoch, den sie in den nächsten Tagen zum Beispiel in Mücheln, Bad Dürrenberg, Merseburg, Querfurt oder Halle verteilen wird.

Dort wird Claudia Hammer überall mit ihrem Awo-Bus unterwegs sein und gemeinsam mit Schulen, Fahrschulen und Firmen für einen reduzierten und bewussten Alkoholkonsum werben. Denn jeder Deutsche trinkt im Jahr durchschnittlich eine ganze Badewanne voll Schnaps, Bier und Wein, und diese Alkoholflut ergießt sich in alle Lebensbereiche.

„Man kennt das doch - einen Sekt am Arbeitsplatz. Danach geht es mit dem Auto nach Hause. Oder der Vertragsabschluss mit dem guten Whisky.“

Alkohol sei gesellschaftsfähig und werde scheinbar widerspruchslos toleriert - auch die Werbung dafür -, obwohl Alkohol Gewalt auslöse und Verkehrsunfälle verursache. „Wir haben ja schon bei 0,3 Promille die relative Fahruntüchtigkeit erreicht.“

Aktionswoche im Saalekreis: Was meinen Eltern oder Jugendliche zum Thema Alkohol?

Es sei gefährlich, wie sehr sich Menschen zum Teil überschätzen, so à la: Ich fahre schon 30 Jahre Auto und mir ist noch nie etwas passiert.

„Mich würde interessieren, was Eltern oder auch Jugendliche zum Thema Alkohol sagen - oder wie zum Beispiel die Haltung der Leute zum Thema Alkohol am Arbeitsplatz ist“, sagt Claudia Hammer und lädt ein, sie an ihrem Bus zu besuchen - am 17. Mai ab 11 Uhr auf dem Markt in Bad Dürrenberg, am 18. Mai ab 11 Uhr vor dem Säulenhaus des Merseburger Klinikums und am 19. Mai ab 11 Uhr auf dem Parkplatz Merseburger Straße 72 in Querfurt. (mz)