70 Jahre Teichapotheke 70 Jahre Teichapotheke: Zeit der Pillendreher ist längst vorbei
Merseburg/MZ. - Besagter Herr Rabben hat das Gebäude "an der Ecke Eisenbahn-/Clobicauer Straße" - so auf seinen einstigen Stempeln und Firmenwerbungen zu lesen - in dem sich die Gesundungsquelle befindet, 1932 eigens zu dem Zweck errichten lassen. Mit Wohnung für den Inhaber darüber, versteht sich. Und damals, als die Apotheke nahe dem Gotthardteich gegründet wurde, war das Pillendrehen noch durchaus üblich. Es war, wie der Apotheker zu berichten weiß, eine sehr verantwortungsvolle Arbeit. "Ganz genau musste man bei Strichnintabletten für Herzkranke sein", erinnert er sich an das Hantieren mit nicht selten ziemlich giftigen Substanzen. Das Zusammenmischen und Durchkneten heißt im Fachjargon "Anstoßen der Pillenmasse im Metallmörser". Dann wurde aus der Masse eine dünne Wurst auf dem Pillenbrett gerollt, mit dem Pillenabteiler portioniert, zwischen den Fingern vorgeformt und dann mit dem Pillenrollierer richtig rund gemacht. Die hohe Kunst und Verantwortung bestand darin, dass jede einzelne Pille die exakt gleiche Wirkstoffmenge enthalten musste. Gerade bei so hoch giftigen Substanzen wie Strichnin etwa konnte eine winzige Menge zu viel den Tod statt Befreiung von Beschwerden bringen.
Madry, auch wenn er keine Pillen mehr drehen darf, hat die Werkzeuge dafür noch. Und, wie gesagt, die Ausbildung von der Pike auf dazu. Apothekerlehrling war er in Nienburg, Schichtarbeiter im Serumwerk Bernburg und studiert hat Madry Pharmazie an der halleschen Martin-Luther-Universität. Seinen Doktortitel erwarb er mit einer wissenschaftlichen Arbeit auf dem Gebiet der Synthese von Psychopharmaka.
Diese persönliche Rückschau gehört genau so zum Apothekenjubiläum. Immerhin hat der Apotheker ein ganzes Stück der Geschichte des Hauses mit geschrieben. Am 1. November 1977 hatte er die Leitung der staatlichen Teichapotheke übernommen, fast genau 13 Jahre später das Haus gekauft und 1993 und ''94 Apotheke und Haus umgebaut. Seit Dezember vorigen Jahres können Patienten die Arztpraxen in den oberen Etagen per Außenlift erreichen. Und unten sogar vom Fahrstuhl aus ein Stück der Gemäldegalerie des (sehr produktiven) Hobbymalers Madry sehen. Dominieren werden allerdings in den nächsten Tagen die Zeugen aus längst vergangenen Apothekenzeiten in einem extra zum Jubiläum gestalteten Schaufenster. Auch einen Leinenbeutel, der dem Jubiläum gewidmet ist, wird es geben.