Afd-Fan und Islamhasser "Wir werden sie abschlachten" - Wie der Attentäter von Magdeburg den Deutschen mit Gewalt drohte
Der nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt Festgenommene war Gefängnisarzt in Bernburg, fehlte aber seit Wochen im Dienst. Als anerkannter Flüchtling wütete er gegen die deutsche Asylpolitik, lobte die AfD – und drohte mit Gewalt.
Magdeburg/MZ. – Kaum hatte die Polizei den für den Magdeburger Anschlag mutmaßlich Verantwortlichen festgenommen, da waberten schon Behauptungen durchs Netz. Ein Syrer, hieß es. Ein Islamist. Eine Folge von Merkels Flüchtlingspolitik.
Tatsächlich? In Wahrheit stammt Taleb A. nicht aus einem Kriegsgebiet, sondern aus Saudi-Arabien. Er lebt bereits seit 2006 in Deutschland, kam also lange vor dem großen Flüchtlingszuzug. Vor allem aber: Er hasst den Islam und wütet gegen die Aufnahme von Muslimen in Deutschland.
Nach Informationen der Mitteldeutschen Zeitung arbeitete der Täter im Maßregelvollzug in Bernburg (Salzlandkreis), also im Landesdienst. Er ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Seit mehreren Wochen sei er krankgeschrieben gewesen, auch davor sei er immer wieder ausgefallen, heißt es aus seinem Arbeitsumfeld. „Offenbar, weil er sich in dieser Zeit als Aktivist betätigt hat“, sagte eine Quelle der MZ. „Dieser Aktivismus hat sich vermutlich zuletzt wahnhaft verdichtet.“ Doch darauf habe es in der Zusammenarbeit keine Hinweise gegeben.
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Zwar gab es Beschwerden von Kollegen, weil Taleb A. fehlte oder in Gruppensitzungen unvorbereitet schien. „Er war wechselhaft – je nachdem, wie abgelenkt er von anderen Dingen war.“ Es sei teils spürbar gewesen, „dass es ihm nicht richtig gut ging“. Er habe Andeutungen gemacht und sich vom Geheimdienst verfolgt gefühlt. Sein Hintergrund als politisch anerkannter Flüchtling war auch in seinem Arbeitsumfeld bekannt. „Deshalb schienen die Andeutungen zwar krude, aber im Bereich des Möglichen“, so die Quelle.
Sozial vernetzt war der 50-Jährige in Bernburg offenbar wenig. Er lebte allein, auch zu Arbeitskollegen gab es keine näheren Verbindungen. Die Personalakte von Taleb A. wurde noch am Freitagabend von der Polizei beschlagnahmt.
Der Mann hat eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung. Laut Berichten kam er als Gast-Mediziner nach Deutschland und beantragte später erfolgreich Asyl, da er durch seine Abkehr vom Islam in Saudi-Arabien mit dem Tod bedroht sei.
Taleb A. - Social Media-Aktvitäten mit Nähe zur AfD
Wer also war A.? Im Internet finden sich viele Spuren. Der Arzt engagierte sich für Menschen aus muslimischen Ländern, die wie er selbst ihren Glauben abgelegt haben oder dies vorhatten. A. betreibe eine Seite „zur Beratung insbesondere saudi-arabischer Frauen bezüglich Flucht- und Asylmöglichkeiten“, berichtet die sachsen-anhaltische Fach- und Beratungsstelle Gewalt- und Radikalisierungsprävention.
Der Islam strebe nach weltweiter Vorherrschaft, behauptete A. Der Bundesrepublik, die ihm Asyl zuerkannt hatte, machte er schwere Vorwürfe. Deutschland verfolge weibliche Asylsuchende aus Saudi-Arabien und wolle ihr Leben „zerstören“, schrieb er. Das gelte sogar für saudische Mädchen, die noch nie in Deutschland gewesen seien und auch gar nicht vorhätten, hier Asyl zu beantragen. Belege für diese Behauptung blieb er schuldig.
Spätestens ab 2023 drohte er auch offen mit Gewalt. Seine Rache werde bald kommen, selbst wenn es sein Leben koste, schrieb er im November 2023 auf Englisch. „Ich werde dafür sorgen, dass die deutsche Nation den Preis zahlt für die Verbrechen ihrer Regierung gegen saudi-arabische Flüchtlinge.“ Im Juni ergänzte er düster, er erwarte noch in diesem Jahr zu sterben. „Ich werde um jeden Preis für Gerechtigkeit sorgen. Und die deutschen Behörden behindern alle friedlichen Wege zu Gerechtigkeit.“
Anschlag von Magdeburg: Der Täter wollte Merkels Tod
Im August wurde er auf Arabisch noch deutlicher. „Wenn Deutschland Krieg will, werden wir ihn haben. Wenn Deutschland uns töten will, werden wir sie abschlachten, sterben oder voller Stolz ins Gefängnis gehen.“ Auch sein Profilfoto bei X ist eine Drohung: Zu sehen ist ein Gewehr des US-Herstellers Juggernaut Tactical, auf dem Magazinschaft ist die amerikanische Flagge abgebildet.
Regelmäßig teilte A. Posts extrem rechte Positionen. Im Oktober verbreitete er einen Post, der AfD-Chefin Alice Weidel als „furchtlose Politikerin“ lobte, die den „Betrug der Bundesregierung am eigenen Volk“ aufdecke. Im November empfahl er ein Video der rechtsextremen Aktivistin Naomi Seibt. Anfang Dezember erklärte A., Ex-Kanzlerin Angela Merkel verdiene, getötet zu werden – „für ihr geheimes Projekt, Europa zu islamisieren“.
Noch am Vortag des Anschlags hatte der Bernburger eine juristische Auseinandersetzung mit dem Staat. Vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten ging es um einen Strafbefehl gegen A., weil dieser missbräuchlich einen Notruf abgesetzt hatte. „Es ging um einen Streit im Februar, er war nicht zufrieden mit der Bearbeitung eines Anliegens durch die Polizei und wählte die 110, obwohl es kein Notfall war“, erklärt Gerichtssprecherin Lisa Jani am Sonnabend. Gegen einen vom Amtsgericht verhängten Strafbefehl über 20 Tagessätze à 30 Euro legte der Verurteilte Widerspruch ein. In der für Donnerstag angesetzten Hauptverhandlung zeigte er sich dann allerdings nicht – der Strafbefehl wurde dadurch rechtskräftig.
Am Tag nach dem Anschlag zeigte sich A.s Arbeitgeber, die landeseigene Salus gGmbH, erschüttert von der Gewalttat. A. sei seit März 2020 im Maßregelvollzug Bernburg als Facharzt für Psychiatrie angestellt gewesen, heißt es in einem Statement. Seit Ende Oktober 2024 habe er urlaubs- und krankheitsbedingt im Dienst gefehlt. „Unsere Gedanken und unsere Anteilnahme sind bei den Angehörigen der Todesopfer, den Verletzten und anderen Betroffenen des schrecklichen Geschehens“, erklärte Salus-Geschäftsführer Jürgen Richter. Man unterstütze die Arbeit der Ermittlungsbehörden „in jeder nur möglichen Form“ und werde Informationen zum mutmaßlichen Täter ausschließlich an diese weitergeben.
Taleb A. war am Freitagabend mit einem zuvor gemieteten SUV mitten in die Menschenmenge des Magdeburger Weihnachtsmarktes gefahren. Dort sei er, wie Zeugen berichten, „ohne Rücksicht auf Verluste“ durch die Menge gerast und hatte mehrere Menschen erfasst. Zwei Personen starben, darunter ein Kleinkind. Nach Volksstimme-Informationen wurde der Fahrer gestellt, als er versuchte zu wenden.
Mann rast in Weihnachtsmarkt: Webcam zeigt Raser - Polizei nimmt Täter fest
(Kamera: Lokalredaktion Magdeburg, Privat)Nachdem die Polizei einen zunächst unbekannten Gegenstand auf dem Beifahrersitz fand, wurde das Auto zunächst abgeschirmt. In der Nacht gaben die Einsatzkräfte jedoch Entwarnung. Es handele sich nicht um Sprengstoff.