Anschlag in Magdeburg Chronik: Das Attentat auf dem Weihnachtsmarkt und was danach geschah
Am 20. Dezember 2024 fuhr der 50-jährige Taleb A. mit einem Auto über den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Dabei tötete er sechs Menschen und verletzte fast 300. Eine Chronik der Ereignisse seit der Amokfahrt.
8. Januar 2025: Stadt richtet Gedenkort für Opfer des Anschlags ein
Im Alten Rathaus wird ein dauerhafter Gedenkort eingerichtet. Banner, Kuscheltiere und weitere Erinnerungsstücke, die bis vor kurzem an der Johanniskirche lagen, werden nun hier ausgestellt. Auch ein Kondolenzbuch liegt im Saal der Partnerstädte aus. Im Rahmen einer Bürgerbeteiligung sollen zudem ein Ort und ein passendes Denkmal gefunden werden.
Gemeinsam werden wir diese Tragödie überwinden und Magdeburg als Ort des friedlichen Zusammenlebens bewahren.
Simone Borris
7. Januar 2025: Das Aufräumen vor der Johanniskirche beginnt
Vor der Johanniskirche hat das Aufräumen begonnen. Dort entstand nach dem Anschlag ein Meer aus Blumen, Kerzen, Kuscheltieren und weiteren Gedenkstücken. Mitarbeiter der Stadt entfernten abgebrannte Kerzen, verwelkte Blumen wurden eingesammelt und auf einer Wiese des Westfriedhofs abgelegt. Die Johanniskirche soll weiterhin als Gedenkort bestehen bleiben.
6. Januar 2025: Zahl der Todesopfer steigt auf sechs
Gut zwei Wochen nach dem Anschlag meldet die Generalbundesanwaltschaft Naumburg das sechste Todesopfer des Anschlags. Die 52-jährige Frau aus Sachsen-Anhalt erlag im Krankenhaus ihren Verletzungen.
Taleb A. wird nach Dresden verlegt
Der unmittelbar nach der Tat festgenommene Taleb A. wird von der JVA Burg in die Vollzugsanstalt Dresden gebracht. Damit soll eine räumliche und menschliche Nähe des mutmaßlichen Todesfahrers zu Betroffenen oder Menschen, mit denen der Psychiater früher dienstlich zu tun hatte, vermieden werden.
4. Januar 2025: Täter war Teil von sieben Verfahren
Taleb A. trat zwischen April 2023 und Oktober 2024 in sieben Ermittlungsverfahren in Erscheinung. In fünf Fällen war er Anzeigenerstatter, in zweien Beschuldigter. Die Polizei ermittelte wegen eines Posts auf der Plattform X gegen ihn und weil er einen Anwalt und dessen Familie und Mitarbeiter bedroht hatte.
3. Januar 2025: Zahl der Verletzen des Anschlags steigt
Die Zahl der bei dem Anschlag verletzten Personen steigt auf 299. Einige Menschen seien bisher nicht erfasst worden, weil sie sich erst später gemeldet hätten oder später zugeordnet wurden.
Stadtrat will Sicherheitskonzepte prüfen
Die bestehenden Sicherheitskonzepte der Stadt sollen überprüft werden. Das teilen vier Fraktionen des Stadtrates mit. Neben dem Anschlag sollen auch mögliche Versäumnisse analysiert und daraus Konsequenzen gezogen werden.
1. Januar 2025: Eltern dürfen totes Kind doch sehen
Am Neujahrsabend veröffentlichten die Eltern des getöteten Neunjährigen ein weiteres Video, nach dem sie ihr Kind nun doch sehen dürfen. Laut den Behörden sei die polizeiliche Freigabe zur Anschauung aufgrund kriminaltechnischer Untersuchungen erst spät erfolgt.
Lichterfahrt ohne Hupkonzert
Die traditionelle Lichterfahrt am Neujahrstag erfolgte in diesem Jahr ohne Hupen und Musik. Stattdessen fuhren die Traktoren und Fahrzeuge still durch die Stadt und sammelten Spenden für die Opfer des Anschlags.
31. Dezember 2024: Eltern des getöteten Kindes erheben Vorwürfe
Die Eltern des beim Anschlag getöteten Neunjährigen erheben in einem Video schwere Vorwürfe gegen die Behörden. Bis zum Silvestertag hätten sie ihren toten Jungen nicht sehen dürfen, zudem habe es bis zu dem Zeitpunkt keinerlei Hilfe für sie gegeben
Haseloff würdigt Einsatz der Helfer
In seiner Neujahrsansprache würdigt Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) den Einsatz aller Helfer nach dem Anschlag. Außerdem warnte er vor einer politischen Instrumentalisierung des Vorfalls.
30. Dezember 2024: Attentäter fiel schon 2013 und 2015 auf
Den Behörden in Mecklenburg-Vorpommern, wo Taleb A. zuvor lebte, fiel der Attentäter schon 2013 und 2015 auf. Er habe mit Bildern wie beim Anschlag auf den Boston-Marathon und mit Vernichtung gedroht.
Bundestag berät über Versäumnisse vor dem Anschlag
Der Innenausschuss des Bundestags befasst sich mit möglichen Behörden-Versäumnissen und der Sicherheit zu Silvester.
29. Dezember 2024: Veranstalter warnten Polizei in E-Mail
Eine brisante E-Mail an die Polizei taucht auf: Der Veranstalter des Weihnachtsmarktes informierte die Behörden bereits drei Wochen vor dem Anschlag über falsche Positionen von Mannschaftswagen.
Zahl der Angriffe gegen Migranten steigt
Nach dem Anschlag registriert die Polizei mindestens vier tätliche Angriffe auf Menschen mit Migrationshintergrund. Die Sorge bei Verbänden wächst, sie raten Menschen mit Migrationsgeschichte, sich nicht alleine oder in den Abendstunden durch die Stadt zu bewegen.
27. Dezember 2024: OB Borris bittet um Verzicht auf Feuerwerk
Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) bittet die Menschen in der Stadt darum, an Silvester auf Feuerwerk zu verzichten.
Es gibt in der Landeshauptstadt keinen Grund zum Feiern und damit auch keinen Anlass für ein Silvesterfeuerwerk.
Simone Borris
Weihnachtsmarkt wird abgebaut
Eine Woche nach dem Anschlag werden Hütten und Fahrgeschäfte des Weihnachtsmarktes abgebaut.
26. Dezember 2024: Schwerstverletzte außer Lebensgefahr
Von den 72 Opfern des Anschlags, darunter 15 Schwerstverletzte, die im Magdeburger Uniklinikum behandelt wurden, schwebt keines mehr in Lebensgefahr. Vor allem wurden Knochenbrüche und innere Blutungen behandelt.
25. Dezember 2024: Anzeige gegen Verantwortliche erstattet
Gegen Verantwortliche der Stadtverwaltung Magdeburg, insbesondere des Ordnungsamtes, und der Polizei wird Anzeige erstattet. Sie werden wegen Beihilfe zum Mord und zur mehrfachen Körperverletzung angezeigt.
24. Dezember 2024: Lichterwelt wieder angeschaltet
Am Vormittag wird die Lichterwelt auf dem Domplatz wieder angeschaltet. Ringsum steht ein Zaun, aber es werden Lücken für Besucher geöffnet.
23. Dezember 2024: Menschenkette contra AfD-Kundgebung
Auf dem Domplatz finden sich bis zu 3.500 Menschen zu einer Kundgebung der AfD ein. Bundes-Co-Vorsitzende Alice Weidel nutzte die Veranstaltung zur Instrumentalisierung für den Wahlkampf der Partei. Gleichzeitig wird am Alten Markt eine Menschenkette aus rund 4.000 Teilnehmern zum stillen Gedenken gebildet.
Polizeiauto stand an falscher Stelle
Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) räumt nach Informationen des MDR in einer Sitzung des Ältestenrates ein, dass ein Polizeiauto am falschen Platz gestanden haben soll. Eigentlich sollte es die Zufahrt zum Weihnachtsmarkt überwachen, stand aber 30 Meter entfernt. Zudem, so Zieschang, sei Amokfahrer Taleb A. im September 2023 und Oktober 2024 zwei Gefährderansprachen unterzogen worden.
22. Dezember 2024: Bamf und BKA erhielten Hinweise zum Täter
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat bereits 2023 einen Hinweis zum mutmaßlichen Täter des Anschlags erhalten. Auch an das Bundeskriminalamt (BKA) seien Hinweise herangetragen worden. Diese stammten aus Saudi-Arabien, der Heimat von Taleb A.
Weitere Infos über Todesopfer bekannt
Vier der bisher fünf Todesopfer stammen aus dem Großraum Magdeburg. Das gibt die Staatsanwaltschaft bekannt. Es handele sich um vier Frauen im Alter von 45, 52, 67 und 75 Jahren. Für die Familie des verstorbenen Neunjährigen wird ein Spendenaufruf gestartet.
Trauer und Gedenken am Sonntag nach dem Anschlag
(Kamera: Thomas Schulz/Schnitt: Christian Kadlubietz)Zieschang verteidigt Sicherheitskonzept
Beim MDR verteidigt Innenministerin Tamara Zieschang das Sicherheitskonzept des Weihnachtsmarktes. Er sei mit Betonklötzen abgesichert worden, man könne den Markt nicht komplett einbetonieren.
Mutmaßlicher Täter in Untersuchungshaft
Der Beschuldigte wurde in Untersuchungshaft in die JVA Burg überführt. Das Amtsgericht hat wegen Mordes sowie mehrfachen versuchten Mordes Haftbefehl gegen ihn erlassen.
Blumenmeer an der Johanniskirche
Vor der Johanniskirche in direkter Nähe zum Tatort entsteht ein Blumenmeer. Hunderte Menschen aus Magdeburg und dem Umland kommen zum Trauern und zum Gedenken.
21. Dezember 2024: Trauergottesdienst im Dom
Anschlag auf Weihnachtsmarkt in Magdeburg: Was ist bekannt?
Auf dem Domplatz versammeln sich am Abend hunderte Menschen zu einer Mahnwache. Im Dom findet um 19 Uhr, 24 Stunden nach dem Anschlag, eine Trauerandacht statt. Daran nehmen auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Reiner Haseloff teil. Gleichzeitig findet am Hasselbachplatz eine Demonstration statt, bei der wiederholt rechtsextreme und ausländerfeindliche Parolen skandiert werden.
Rechte Demo auf dem Hasselbachplatz in Magdeburg am Tag nach dem Anschlag
(Video: Alexander Walter)41 Personen schwerverletzt
Das Sicherheitskonzept für den Weihnachtsmarkt ist laut dem Ordnungsbeigeordneten Ronni Krug zuletzt Ende November überarbeitet worden. Er bestätigt, dass 41 Personen bei dem Anschlag schwer- oder schwerstverletzt wurden. Der Weihnachtsmarkt sei für dieses Jahr geschlossen, ebenso die Lichterwelt.
Fünf Personen sterben
Dem Täter Taleb A. wird fünffacher Mord sowie 200-facher versuchter Mord in Tateinheit mit Körperverletzung vorgeworfen. Das erklärt der leitende Oberstaatsanwalt Horst Walter Nopens. Als mögliches Motiv für die Tat nennt er Unzufriedenheit mit dem Umgang mit saudi-arabischen Flüchtlingen in Deutschland. Zudem gibt er bekannt, dass es sich bei den Todesopfern der Amokfahrt um ein neunjähriges Kind und vier Erwachsene handelt.
Kulturelle Veranstaltungen abgesagt
Das für den 23. Dezember geplante Weihnachtssingen in der Avnet-Arena sowie weitere kulturelle Veranstaltungen werden abgesagt.
Hintergründe zum Amokfahrer werden bekannt
Es werden Hintergründe zum mutmaßlichen Täter bekannt: Der 50-jährige Taleb A. lebt seit 2006 in Deutschland. Er arbeitete in der Salus-Klinik in Bernburg als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Taleb A. war im Maßregelvollzug für suchtkranke Menschen angestellt. Zudem wird bekannt, dass ein Verfahren der Amtsanwaltschaft Berlin wegen des Missbrauchs von Notrufen durch Taleb A. vorliegt. Er war offenbar islamfeindlich eingestellt und zeigte sich auf seinen Social-Media-Accounts als Gegner der Religion und Fan der AfD.
Kanzler Scholz kommt nach Magdeburg
Auf dem Alten Markt äußern sich neben Ministerpräsident Reiner Haseloff auch Bundeskanzler Olaf Scholz zu den Ereignissen. Auch Innenministerin Nancy Faeser ist vor Ort.
Johanniskirche als Ort der Trauer
Die Johanniskirche wird von der Stadt als Ort des öffentlichen Trauerns bekanntgegeben. Zahlreiche Menschen nutzen das, um Blumen und Kerzen abzulegen.
20. Dezember 2024: Der Tag des Anschlags
Ministerpräsident Reiner Haseloff äußert sich am Abend zur Tat. Entgegen vieler Falschmeldungen, die nach dem Anschlag in den sozialen Medien kursieren, habe der Täter alleine gehandelt. Auch Meldungen über Schüsse und Bombendrohungen stellen sich später als falsch heraus.
Das ist eine Katastrophe für die Stadt Magdeburg und für das Land und auch generell für Deutschland.
Reiner Haseloff
Der Vorfall löst in der Politik Betroffenheit aus. Zahlreiche Politiker und weitere Akteure bekunden in den sozialen Medien ihr Mitgefühl und ihre Trauer.
Hausdurchsuchung in Bernburg
In Bernburg finden Hausdurchsuchungen statt. Dort lebt der mutmaßliche Täter aktuell. Die Polizei sei schwer bewaffnet und habe bei Anwohnern geklingelt und nach einer Person gefragt. Der festgenommene Verdächtige ist den deutschen Behörden nach Informationen aus Sicherheitskreisen bislang nicht als Islamist bekannt gewesen.
Mutmaßlich Sprengstoff auf Beifahrersitz
Bei einem unbekannten Gegenstand auf dem Beifahrersitz des Tatfahrzeugs geht die Polizei von Sprengstoff aus. Deshalb wird ein Sicherheitsradius um das Fahrzeug gezogen. Später gibt die Polizei dazu Entwarnung.
Mehrere Tote und 60 Verletzte
Versorgung von Verletzten in der Straßenbahn nach dem Anschlag
(Kamera: Ivar Lüthe)Ersten Einschätzungen zufolge sind mehrere Tote und 60 Verletzte zu beklagen, einige im kritischen Zustand. Ein Großaufgebot von Rettungskräften ist im Einsatz. Die zahlreichen Verletzten werden in Zelten, Straßenbahnen und im Allee-Center versorgt. Umliegende Kliniken bereiten sich auf den Massenanfall von Verletzten vor. Auch Rettungshubschrauber sind im Einsatz. Die Innenstadt wird weiträumig abgesperrt.
Möglicherweise Anschlag in Magdeburg
Die Situation ist unübersichtlich. Augenzeugen berichten von zahlreichen Toten und Verletzten, einer rücksichtslosen Zickzack-Fahrt und kriegsähnlichen Zuständen. Es ist unklar, ob es sich bei der Tat um einen Anschlag handelt.
Aufnahmen direkt nach dem Anschlag zeigen Chaos und Verwüstung
(Kamera: Lokalredaktion Magdeburg, Privat)Die Todesfahrt von Taleb A.
Um kurz nach 19 Uhr biegt der 50-jährige Taleb A. von der Ernst-Reuter-Allee rechts ab und fährt zunächst mit normaler Geschwindigkeit zwischen den Weihnachtsmarktbuden und dem ehemaligen McDonald’s in Richtung Alter Markt. Der aus Saudi-Arabien stammende Mann fährt einen gemieteten SUV mit Münchner Kennzeichen.
Dann fährt A. auf den Alten Markt und beschleunigt sein Auto. Er fährt knapp 400 Meter zwischen den Buden und erfasst zahlreiche Menschen. Dann biegt er rechts auf die "Nordische Meile" und gelangt wieder auf die Ernst-Reuter-Allee. An der Kreuzung muss er halten. Polizisten fordern den Mann auf, aus dem Auto auszusteigen und sich auf den Boden zu legen. Taleb A. wird festgenommen. Die Fahrt dauerte rund drei Minuten.