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Zweig siegt bei Namens-Rennen

Von Helmut Dawal 29.03.2006, 18:25

Köthen/MZ. - Die Abstimmung dazu fiel mit vier Ja-, drei Nein-Stimmen und drei Enthaltungen mehr als knapp aus. Was nicht zuletzt daran lag, dass während der Sitzung noch eine ganze Reihe weiterer Namensvorschläge zur Debatte standen. Die ihren Anfang bereits in der vergangenen Woche im Sozial- und Kulturausschuss nahm, als Stadtrat Michael Deißner (CDU) vorschlug, die Straße nicht nach Stefan Zweig, sondern nach einer Köthener Persönlichkeit zu benennen.

Die Stadtverwaltung hatte dazu ihre "Hausaufgaben" gemacht und - wie vom Sozial- und Kulturausschuss gewünscht - zwei Namen dem Hauptausschuss unterbreitet. Der erste Vorschlag lautete, die Straße nach Gisela Agnes (1669-1740) zu benennen. Sie war Regentin von Anhalt-Köthen, gründete das nach ihr benannte Stift für adlige Damen lutherischer Herkunft, ließ die Agnuskirche errichten und war Initiatorin der lutherischen Knaben- und Mädchenschule. Der zweite Vorschlag hieß "Helene-Köppe-Straße". Sie war Publizistin und Zeitgenossin Hermann Wäschkes und hatte Beiträge im "Alt-Cöthen" veröffentlicht. Dann brachte Ausschuss-Vorsitzender Kurt-Jürgen Zander die Namen Felix Friedheim und Erich Damerow ins Spiel, sie seien am Dienstag von Bürgern aus der Rathenaustraße vorgeschlagen worden.

Auch in der CDU-Fraktion hatte man sich kurzfristig mit dem Thema beschäftigt, intensiv, wie Annette Werndl hinzufügte. Die Christdemokraten schlugen Angelika Hartmann und Robert Propf vor. Und sie könnten sich auch vorstellen, die Straße nach dem hiesigen CDU-Gründer Dr. Schulze zu benennen.

Das waren zusammen mit Stefan Zweig acht Vorschläge. Und es kam noch ein weiterer hinzu. Ronald Mormann (SPD) brachte die "Heinz-Quermann-Straße oder Quermann-Allee" ins Spiel. Das sei eine Persönlichkeit, die nicht im Verdacht stehe, "parteipolitisch vereinnahmt zu werden", meinte er. Quermann sei Intendant am Köthener Theater gewesen. Er habe viele Künstler, die noch heute aktiv sind, geprägt. "Vielen alten Köthenern würden wir mit dem Namen von Quermann sicher aus der Seele sprechen", sagte Mormann.

Martin Pfarr (SPD) bemerkte zu den Vorschlägen der Verwaltung, dass es löblich sei, zwei Frauennamen ins Spiel zu bringen, dann könne bei den Straßennamen auch etwas für die Gleichstellung getan werden. Doch er habe Zweifel. Pfarr bezeichnete Gisela Agnes als "religiöse Fundamentalistin", ihr Name passe nicht in das Viertel, auch aus zeitlicher Sicht nicht. Und Helene Köppe habe er vorher nicht gekannt, selbst im Bezug zu Wäschke klinge das provinziell. Am sinnvollsten erschien Pfarr noch Stefan Zweig, der in unmittelbarer Nachbarschaft zu Thomas Mann stehe und in derselben Zeit gewirkt habe. "Bei aller Gleichberechtigung schlägt mein Herz für Stefan Zweig", sagte er.

"Mann und Zweig, das ergibt irgendwo eine Logik", bemerkte Ronald Maaß (PDS). Dennoch sollten bei künftigen Straßenbenennungen Köthener Persönlichkeiten stärker berücksichtigt werden, forderte er. Seine Fraktionskollegin Marina Hinze äußerte sich ähnlich. Angesichts der vielen Namen, die im Raum standen, befürchtete sie eine "Kampfabstimmung", mit der jeder der Aufgezählten geschädigt werden könnte. Sie sprach sich ebenfalls für Zweig aus. Alle anderen Namen sollte auf einer Liste für künftige Straßenbenennungen vermerkt werden.

Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander bemerkte, dass man seit langem erstmals so ausführlich über eine Straßenbenennung nachgedacht habe. Er befürwortete, alle genannten Namen "für später vorzumerken". Da trotz der vielen Vorschläge keiner der Stadträte einen Antrag gestellt hatte, ließ Zander über die ursprüngliche Beschlussvorlage abstimmen. Das letzte Wort zur "Stefan-Zweig-Straße" hat nun der Stadtrat.