Woodward-Werk Woodward-Werk: Interessant, aber nicht sexy

aken/MZ. - Dass Porsche und BMW "mehr Sexappeal" haben als Woodward in Aken und damit (auf den ersten Blick) attraktiver erscheinen, das hat sich Wilhelm Boyemann irgendwie denken können. Und trotzdem wird der Geschäftsführer nicht müde, junge Leute für eine Ausbildung in seinem Betrieb zu gewinnen.
Er geht in die Sekundarschule "Am Burgtor", kooperiert mit der kommunalen Kindertagesstätte "Borstel", weil man mit der Fachkräftegewinnung vor der eigenen Haustür nicht früh genug anfangen könne, findet er.
Überall tritt der aus Hannover stammende Boyemann an, Emotionen zu verkaufen, "wie die großen Automobilhersteller", stellt er augenzwinkernd fest. Nur fällt ihm das für seinen Bereich, für die Produkte des einstigen Einspritzgerätewerkes, von Natur aus ein bisschen schwerer. Aber: "Unsere Technologie ist nicht weniger interessant, es hört sich nur langweiliger an", muss er sich eingestehen.
Gar nicht langweilig fanden die 850 Gäste das, was ihnen Akener Woodward-Mitarbeiter jetzt beim Tag der offenen Tür über ihren Brötchengeber erzählt haben. "Wir hatten deutlich mehr Zuspruch als erwartet", freut sich Boyemann über die Resonanz. Hunderte ließen sich durch die Hallen führen. Ein voller Erfolg für das Unternehmen, das sich das erste Mal seit fünfeinhalb Jahren der Öffentlichkeit präsentiert hat. So lange hat Boyemann hier das Sagen.
Mit rund 300 Mitarbeitern gibt es in der Elbestadt keinen Betrieb, der mehr Leute beschäftigt. Vor der Wende waren es mal fast 1 000. Doch für Boyemann hat das wenig zu bedeuten. Er sagt: "Damals lag der Eigenfertigungsanteil extrem hoch. Heute machen wir mit einem Drittel der Belegschaft den sechsfachen Umsatz." Der Chef sieht die Entwicklung des Betriebes, der seit 1993 zum Woodward-Konzern gehört, positiv.
"Wir haben seither hier in Aken über 27 Millionen Euro in Maschinen und Technologien investiert."
Das Akener Werk verlassen damals wie heute Diesel-Pumpen und -Injektoren für Schiffe, Trucks, Bagger oder Lokomotiven. Zu seinen Kunden zählt Boyemann sämtliche namhaften Motorenhersteller weltweit. Letzte Woche waren die Chinesen und die Amerikaner in Aken; die einen beliefern Woodward, die anderen kaufen bei Woodward.
"Unser Vorteil ist, dass wir heute genau das entwickeln, was morgen und übermorgen gefragt sein wird. Unsere Abnehmer legen besonders Wert auf die Verringerung des Kraftstoffverbrauches und Emissionen." Ein Auftrag für die Ingenieure in der Entwicklungsabteilung am Standort Aken.
Die größte Pumpe, die hier gefertigt wurde, ist etwa einen Meter hoch und wiegt 180 Kilo. Nichts für die Massenproduktion. In Aken konzentriert man sich auf Kleinserien, auf die individuellen Wünsche der Kunden, schildert der Geschäftsführer. Rund 56 Millionen Euro Umsatz macht Woodward Aken im Jahr (2011).
Wilhelm Boyemann, der neben Aken noch Werke in Colorado (USA) und in Indien verantwortet, ist stolz, dass zum Beispiel die Aida-Flotte mit Kraftstoff-Einspritzsystemen aus der Elbestadt über die Weltmeere schippert. Ein Motor des Kreuzfahrtschiffes ist sieben Meter hoch und verfügt pro Zylinder über 1 360 Pferdestärken. "Unsere Pumpen", betont er, "sind da drin. Wir sind die, die den Herzschlag machen." Und schon hat er sie, die Emotionen, die Woodward in Aken gar nicht mehr langweilig erscheinen lassen.