Wenn der Nachbar hustet ... Wohnungsgesellschaft Köthen ist gerade 30 Jahre alt geworden - Mitarbeiter blicken zurück
Köthen - „Wir wollten selbstverständlich ganz groß feiern. Im Idealfall mit allen unseren Mietern.“ Daraus allerdings ist nichts geworden. Doch damit der 30. Geburtstag nicht gänzlich ohne Glanz in die Geschichtsbücher eingeht, beschenkt sich die Wohnungsgesellschaft Köthen (WGK) selbst: mit einem neuen Außenauftritt. Das Erscheinungsbild des Unternehmens, so erklärt Geschäftsführer David Rieck, werde sich wandeln.
Rund 3.200 Wohnungen in der Stadt gehören der WGK heute. Rund 800 werden von deren Mitarbeitern verwaltet. Am 2. Mai 1991 wird das kommunale Unternehmen gegründet, damals noch als Wohnungsbaugesellschaft. Anfang Juni dann der Eintrag ins Handelsregister. David Rieck, selbst erst knapp sieben Jahre dabei, weiß das alles nur aus Erzählungen. Aber fünf Mitarbeiter sind vom ersten Tag an dabei. Drei von ihnen erzählen ein wenig aus drei Jahrzehnten bei der WGK.
„Wir sind für unsere Mieter der erste Anlaufpunkt“
Ilona von der Weiden ist 57 und arbeitet in der Kundenbetreuung. Was man da macht? „Alles“, sagt sie. „Wir sind für unsere Mieter der erste Anlaufpunkt. Wir sind zunächst für alle Belange, die das Wohnen bei uns betreffen, zuständig.“
Gelernt hat Ilona von der Weiden Maschinen- und Anlagenmonteurin. Noch zu DDR-Zeiten schult sie zur Wirtschaftskauffrau um. Ihre ersten Berührungspunkte zur Wohnungswirtschaft hat sie in der Außenstelle des VEB Gebäudewirtschaft in der Rüsternbreite, deren Sanierung sie im Übrigen als „Meilenstein“ in der 30-jährigen WGK-Geschichte bezeichnet.
„Die Entscheidung, ob jemand eine Wohnung bekommt und wenn ja, welche, die hat nicht der Vermieter, sondern die Stadt getroffen. Die Leute kamen mit einer Zuweisung zu uns - und wir haben nur noch den Vertrag fertig gemacht, mehr nicht“, erinnert sie sich.
Früher sei man froh gewesen, überhaupt eine Wohnung zu haben
Früher sei man froh gewesen, überhaupt eine Wohnung zu haben, betont sie. Inzwischen werde oft und intensiv über den Zustand der Wohnung diskutiert. Das gehört zu ihrem Arbeitsalltag. Oft fahren sie und ihre Kollegen auch raus zu den Mietern, sehen sich die Probleme vor Ort an, „das ist immer besser“ - außerdem wüsste man dann auch, ob das wirklich Sache des Vermieters ist.
„Manche Mieter“, erzählt Ilona von der Weiden, „sieht und hört man nie, andere rufen an, wenn der Nachbar hustet.“ Nie weiß sie, was der neue Arbeitstag bringt. Aber genau das mag sie: „Es wird nie langweilig.“
„Ich baue neu, ich baue um und ich setze instand“
Peggy Mutschall arbeitet in einem ganz anderen Bereich des Unternehmens: in der Baubetreuung. „Ich baue neu, ich baue um und ich setze instand“, beschreibt sie ihr Tätigkeitsfeld. Im Moment kümmert sie sich viel um das Bauvorhaben am Bachplatz. Der Vorteil hier ist eindeutig in den kurzen Wegen zu sehen. Nur ein paar Gehminuten braucht sie vom Büro aus, was früher einmal die Alte Apotheke gewesen ist, bis zur Baustelle.
Als sie vor 30 Jahren anfängt, bei der Wohnungsgesellschaft Köthen zu arbeiten, wird sie als Sekretärin eingesetzt, als „Mädchen für alles“, sagt sie selbst. „Ich war ja noch sehr jung.“ Bis sie in der Baubetreuung ankommt, durchläuft sie verschiedene Abteilungen, drückt zwischendurch zweimal die Schulbank, um sich für die Aufgaben in der Wohnungswirtschaft zu qualifizieren.
Die 50-Jährige hat auch das Verwaltungsgebäude der WGK in der Marktstraße 4/5 mitgebaut
„Ich bin keine Bauingenieurin“, betont Peggy Mutschall. Nichtsdestotrotz ist sie viel auf Baustellen unterwegs, „das ist meine Hauptaufgabe“. Dort stimmt sie sich mit Ingenieurbüros, den Baufirmen ab - und rechnet am Ende auch alles ab. „Die Praxis mit der Theorie zusammenzubringen - das ist genau mein Ding.“ Sie beobachte gern, wie die Projekte wachsen, wie sich die Stadt in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Als Urköthenerin könne man darauf durchaus stolz sein.
Die 50-Jährige hat auch das Verwaltungsgebäude der WGK in der Marktstraße 4/5 mitgebaut. „Und plötzlich war das mein Arbeitsplatz.“ Einer, an dem sie sich pudelwohl fühle.
„Betriebskosten waren absolutes Neuland - für uns und auch für die Mieter“
Grit Binkau denkt „mit einem Schmunzeln im Gesicht“ an ihren ersten Arbeitstag zurück. Es ist der 15. Juli 1991. Sie ist 19 und gespannt, was sie erwarten würde. Sie wird in einen großen Versammlungsraum geführt, damals in der Halleschen Straße 17, wo noch mehr neue Mitarbeiter auf ihre Aufgaben warten.
Sie selbst bekommt in der Betriebskostenabteilung ihre Aufgaben. „Betriebskosten“, erzählt die 49-Jährige, „waren absolutes Neuland - für uns und auch für die Mieter. So was gab es in der Form in der DDR nicht.“ Jede Menge Arbeit wartet auf Grit Binkau und die anderen neuen Kollegen in der Abteilung. Von Digitalisierung ist damals noch überhaupt nicht die Rede.
Zwei Mitarbeiter kümmern sich um die Betriebskostenabrechnung
„Meine erste Betriebskostenabrechnung vom 1. Oktober 1991 bis zum 30. Juni 1992 wurde teilweise in Nachtarbeit auf Endlospapier gedruckt“, weiß sie noch, „und dann am Tag durch akribische Handarbeit von vielen Mitarbeitern des Hauses in einen Briefumschlag gesteckt und an unsere Mitarbeiter verteilt. Das hat im Vergleich zu heute alles eine Ewigkeit gedauert.“
Drei Jahrzehnte später ist ihre Arbeit von der Digitalisierung bestimmt. Zwei Mitarbeiter kümmern sich um die Betriebskostenabrechnung. Für Grit Binkau ist es im November ihre 30. - „und ich kann sagen, dass ich meine Arbeit sehr gern mache“. Sie hofft, bei der WGK noch lange in die Zukunft blicken zu können. (mz)