Unerwarteter Besuch Warum sich zwei Waldeulen mitten in Köthen eingenistet haben
Nicht ungewöhnlich, sagt Ornithologe Andreas Rößler. Etwas macht ihn dennoch stutzig.

Köthen - Gabi Krenz hatte schon viele Vögel in ihrem Garten. Sperlinge, Rotschwänzchen, Meisen. Vor einigen Tagen entdeckte die Inhaberin der Schneiderei in der Ludwigstraße in Köthen neue gefiederte Gäste. In ihrer Birke saßen zwei Eulen.
„Die Amsel hat Trasch gemacht. Die wollte sich gar nicht mehr beruhigen“, erzählt Gabi Krenz. Sie öffnet die Tür zum Garten und deutet nach oben. Da sitzen die beiden Eulen und schaukeln auf den Ästen des Baumes im Wind. Ihre Federohren sind auffallend groß. Typisch für Waldohreulen.
„Normalerweise müsste das Paar brüten oder mit frisch geschlüpften Jungtieren im Nest sitzen“
Eulen? Mitten in der Stadt? Nicht unüblich, sagt Andreas Rößler, Vorsitzender des Ornithologischen Vereins „Johann Friedrich Naumann“ in Köthen. Eines macht ihn jedoch stutzig. „Normalerweise müsste das Paar brüten oder mit frisch geschlüpften Jungtieren im Nest sitzen.“ Er vermutet, dass die Vögel bei der Brut gestört worden sind - von Steinmarder oder Elster vielleicht.
Elstern hat Gabi Krenz in ihrem Garten schon etliche beobachtet. An einem Tag seien es bestimmt 20 gewesen, erzählt sie. „Eine Elster hat sogar mal ein Nest unter dem Dach ausgeräubert.“ Dass Elstern geschickte Nesträuber sind, hat Andreas Rößler schon mehrfach beobachtet. Er hält es durchaus für denkbar, dass die intelligenten Tiere sich über das Eulennest hergemacht haben könnten.

Der Waldkauz sei die häufigste Eulenart, dicht gefolgt von der Waldohreule
Nicht ausschließen will der Ornithologe, dass der starke Sturm das Nest zerstört hat. „Waldohreulen bauen kein Nest“, erklärt er. Sie seien auf vorhandene Nester angewiesen - zum Beispiel Elsternester, Krähennester, Taubennester. Da spiele es keine Rolle, wo diese Nester seien. Vielleicht, überlegt er, würde das Eulenpaar noch brüten. „Wir haben durchaus auch spätere Bruten.“ Durch den kühlen April in diesem Jahr gar nicht so unwahrscheinlich.
Der Waldkauz sei die häufigste Eulenart, dicht gefolgt von der Waldohreule. „Beide brüten in Gehölzen innerhalb von Dörfern und Städten.“ In Köthen seien verschiedene Stellen mit Waldohreulen-Bruten bekannt.
Die Eulen im Garten der Schneiderei sind inzwischen wieder weg. Gabi Krenz freut sich, eine Vogelart mehr zu Besuch gehabt zu haben. (mz)