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Dach muss weichen Warum 3,5 Millionen Euro in das Pflegeheim in der Köthener Wallstraße investiert wurden

Von Sylke Hermann 08.08.2021, 09:00
Mit dem kräftezehrenden Umbau des Pflegeheims „St. Elisabeth“ in Köthen wurden dort die Weichen in Richtung Zukunft gestellt.
Mit dem kräftezehrenden Umbau des Pflegeheims „St. Elisabeth“ in Köthen wurden dort die Weichen in Richtung Zukunft gestellt. (Foto: Ute Nicklisch)

Köthen/MZ - Ein Haus umzubauen, das unter Denkmalschutz steht, darf getrost immer als Herausforderung angesehen werden. Dass eine Pandemie dieses Projekt zusätzlich erschweren würde, daran denkt vor Jahren, als man sich entschließt, das Pflegeheim „St. Elisabeth“ in seiner Grundstruktur anzupassen, gewiss niemand.

Und so sagt Wolfgang Thurau, der Vorsitzende des für das Heim in Trägerschaft der katholischen Pfarrei St. Maria Köthen zuständigen Verwaltungsausschusses, auch: „Das war ein ganz besonders schwieriger Bau, weil er durch Corona beeinflusst war. Wir hatten es über Monate nicht nur mit Lärm und Schmutz zu tun, sondern mussten auch noch die Besonderheiten der Pandemie beachten. Das war für alle zusätzlich eine Herausforderung.“

Weitreichende Veränderungen per Gesetz festgeschrieben

Rund dreieinhalb Millionen Euro kostet der Umbau, der über kurz oder lang ohnehin notwendig geworden wäre. Denn im neuen Wohn- und Teilhabegesetz des Landes sind für den Pflegebereich weitreichende Veränderungen manifestiert.

So müssen weit mehr Bewohner als bisher in Einzel- statt Doppelzimmern leben können. Wie hoch der Anteil dieser Wohnform an der Gesamtzahl der Betten sein muss, sei bisher noch nicht exakt festgeschrieben. Doch Wolfgang Thurau ist erleichtert, dass „St. Elisabeth“ mit dem kräftezehrenden Umbau die Weichen in Richtung Zukunft gestellt habe und damit - zumindest den Landkreis betrachtend - auch zu den Vorreitern zähle.

Bereits seit 2017/18 arbeitet das Köthener Ingenieurbüro Zimmer+Rau an dem Projekt. Im Sommer 2019 beginnt die heiße Phase. Fast 70 Baubesprechungen gibt bis Ende 2020 - auch unter Corona-Bedingungen mit Abstand und Maske.

Der Umbau  war kompliziert, wurde aber gemeistert.
Der Umbau war kompliziert, wurde aber gemeistert.
(Foto: Ingenieurbüro)

Als Cordula Litschko ziemlich zu Beginn gefragt wird, was man denn mit dem Umbau erreichen wolle, was gebraucht werde, äußert die Pflegedienstleiterin im Haus unmissverständlich: Einzelzimmer und Lagermöglichkeiten. Beides soll sie bekommen. Und noch einiges mehr. Die Wege sind vor allem für die Pflegekräfte in den einzelnen Wohnbereichen kürzer geworden. Der permanente Etagenwechsel erübrigt sich, weil die Gebäudesubstanz im hinteren Bereich des Objektes grundlegend angepasst und ergänzt wird. Von Anfang an steht fest: Dieser Umbau muss unter bewohnten Verhältnissen realisiert werden. Hans-Ulrich Zimmer vom Ingenieurbüro weiß von vornherein, dass das nicht einfach werden würde. „Es ist nicht so, dass wir uneingeschränkte Baufreiheit hatten. Die Leute wohnten praktisch auf der Baustelle. Das war für alle nicht einfach.“

Um mehr Einzelzimmer zu schaffen und trotzdem die Anzahl der Betten nicht zu reduzieren, schlagen die Ingenieure einen Anbau an den Verbinder zwischen Vorderhaus und dem hinteren Gebäudebereich vor, in dem die Bewohner auch ihre Mahlzeiten einnehmen. „Die Lösung konnte nur sein, dass wir auf der Nordseite noch einmal drei Geschosse anordnen“, erinnert er. Um das zu erreichen, musste das Satteldach - bis dazu fast ausschließlich zu Abstellzwecken genutzt - weichen. Auch hier würden Wohnräume entstehen; „damit haben wir eine komplett neue Etage schaffen können“, erläutert der Ingenieur.

Anbau wurde von außen an die bestehende Substanz angesetzt

Die Laufwege der Bewohner so wenig wie möglich behindernd, ist der Anbau zunächst von außen an die bestehende Substanz angesetzt worden. Damit können die Senioren den Verbinder so lange wie möglich in gewohnter Weise nutzen. Doch dreckig und laut wird es für sie irgendwann trotzdem. Hans-Ulrich Zimmer ist erleichtert, dass das Projekt trotz der immensen Hürden ziemlich reibungslos und mit viel Wohlwollen aller realisiert werden kann.

Pflegedienstleiterin Cordula Litschko freut sich über den Umbau des Pflegeheims „St. Elisabeth“.
Pflegedienstleiterin Cordula Litschko freut sich über den Umbau des Pflegeheims „St. Elisabeth“.
(Foto: Hermann)

Sein Dank gilt nicht zuletzt der Stadt Köthen. In Abstimmung mit dem Denkmalschutz sei es möglich gewesen, die Stadtmauer zu öffnen, um die Baustelle über den hinteren Bereich anzufahren. Alles andere wäre noch aufwendiger gewesen, „vor allem hätten wir den gesamten Außenbereich komplett sperren müssen“. Was wiederum massiv in die Nutzungsgewohnheiten der Bewohner eingegriffen hätte.

Die Zeiten, in denen das Pflegeheim eine einzige Baustelle ist, sind vorüber. Doch das Projekt noch nicht abgeschlossen. Einige Möbel fehlen noch. Cordula Litschko bedauert das sehr. Doch hier habe Corona eben Spuren hinterlassen, obgleich man die Wirren der Pandemie gut weggesteckt habe.

„Die Lieferzeiten sind extrem lang.“ Doch auch diese kleine Hürde wird man in nächster Zukunft genommen haben - und dann wirklich fertig sein, zumindest mit diesem Projekt.