Vogel-Brüder blieben Gestüt treu
Radegast/MZ. - Lange, aber vergeblich haben die Radegaster damals um den Erhalt des Landgestütes gekämpft, das dann nach Prussendorf verlegt wurde. Einige sahen damit das Ende der traditionellen Pferdezucht für Radegast kommen.
Gute Zusammenarbeit
Umso größer war die Freude, als im Oktober 1999 gemeinsam mit dem ortsansässigen Reit- und Fahrverein der erste Reitertag veranstaltet werden konnte. Diese Zusammenarbeit ist in den vergangenen Jahren weiter gewachsen. Ralph Vogel ist inzwischen selbst Mitglied im Verein, der auch am kommenden Wochenende wieder ein Turnier auf dem idyllischen Reitplatz im Gestüt Radegast veranstaltet. Dieser entstand an jener Stelle, an der früher die alte Schweinemastanlage stand. "Die haben wir als erstes abgerissen und den Reitplatz gebaut", erzählt Carsten Vogel. Peu à peu haben die Brüder seither die Bedingungen für die Pferdehaltung verbessert.
Was kürzlich auch die Hochachtung von Landwirtschaftsministerin Petra Wernicke fand (die MZ berichtete). Stallungen bekamen und bekommen noch neue Dächer, ein Führkarussell wurde gebaut, der Auslauf für die Pferde trockengelegt, die Reithalle saniert. Derzeit wird unter anderem die Lüftung im Stall für die Junghengste erneuert. Ermöglicht wurde das alles auch mit Hilfe von Fördermitteln aus den Töpfen der Europäischer Union und des Landes.
Noch immer wird auf dem Gutshof gebaut. Im Mittelpunkts steht seit Herbst 2007 das alte Herrenhaus, das in "guter Zusammenarbeit" mit dem Denkmalschutz saniert wurde und in diesem Jahr fertig werden soll, wie Carsten Vogel erzählt. Im Inneren wurden vier Wohnungen ausgebaut. Eine davon bewohnt noch immer Brigitte Hannig, Ehefrau des früheren Inspektors des Radegaster Lehr- und Versuchsgutes der Universität Halle, aus dem das Gestüt hervorgegangen ist. Aus dem "Erlenkönig" nebenan ist durch das Engagement der Vogels eine Arztpraxis entstanden, weitere drei Wohnungen wurden in der Stadt ausgebaut.
Neben den Bauarbeiten kümmert sich Carsten Vogel vorwiegend um die 60 Hektar Grünland und die 300 Hektar Ackerland, die zum Gestüt gehören und auf denen unter anderem Getreide angebaut wird.
150 Pferde im Gestüt
Sein Bruder Ralph ist mit Freundin Susanne Rowehl für Pferde zuständig. 150 stehen auf dem Hof in Radegast. "Darunter sind 22 eigene Trakehner und Deutsche Sportpferde", erläutert Ralph Vogel, "der größte Teil sind aber Pensionspferde." Im Winter stehen auch regelmäßig 12 Hengste aus Prussendorf hier. Drei Ausbilder haben auf dem Gestütsgelände mittlerweile einen Stalltrakt gepachtet, wo sie Pferde im Auftrag ihrer Halter auf das Spring- oder Dressurreiten vorbereiten.
Auf den Fuhne-Wiesen an der B 183 zwischen Zörbig und Weißandt-Gölzau kann man sich von Mai bis November am Anblick von Gestütspferden erfreuen. Besonders stolz sind die Vogel-Brüder auf ihre fünf Trakehner-Zuchtstuten, die - wenn alles gut läuft - jährlich ein Fohlen zur Welt bringen. Die geeigneten Väter werden von Ralph Vogel und Susanne Rowehl bundesweit ausgesucht. Manchmal findet man ein Deckhengst aber auch in unmittelbaer Nähe, beispielsweise im Landgestüt Prussendorf. Neben dem Körperbau des Hengstes werde viel Wert auf seinen Charakter gelegt, beschreibt Susanne Rowehl. Dazu gehört vor allem eine gute "Arbeitseinstellung", was für die spätere Ausbildung wichtig ist. Etwa im Alter von sechs Monaten werden die Fohlen von der Mutter abgesetzt, dann beginnt ihre Aufzucht im Gestüt, wo sie in der Regel bis zu ihrem dritten Lebensjahr bleiben. Im Idealfall werden sie hier auch weiter ausgebildet.
Der gute Name des Gestütes hat sich herumgesprochen. 2007 und 2008 wurden Stuten aus Radegast z. B. Jahressieger beim Eintrag in den neuen Bundesländern-Süd bei den Trakehnern. Vor zwei Jahren wurde ein Hengst des Gestütes sogar gekört. Das hat Seltenheitswert, denn nur eines von etwas 100 Tieren geht aus einer solchen Körung erfolgreich hervor.
Bis aus Österreich oder aus den USA kommen Interessenten inzwischen nach Radegast. Und manchmal passiert es auch, dass ein Pferd gleich vom Turnierplatz weg gekauft wird, erzählt Ralph Vogel die Geschichte einer Pferdeliebhaberin aus den USA. Auch an diesem Wochenende hoffen die Brüder wieder auf viele Besucher beim Reitturnier.