Virus mit Nebenwirkungen
Köthen/MZ. - Die Rassegeflügelzüchter des Landkreises Köthen spüren negative Auswirkungen der Präventivmaßnahmen gegen die Vogelgrippe. So ging die Zahl ihrer Ausstellungen drastisch zurück. Gab es in den Saisons 2002 / 2003 und 2003 / 2004 jeweils zwölf solche Veranstaltungen, so fanden in der Saison 2005 / 2006 lediglich sechs statt. Die Zahl der ausgestellten Tiere sank von 5 563 in der Saison 2002 / 2003 auf 2 648 in der Saison 2005 / 2006.
Nach Angagen von Helmuth Kühlhorn, Vorsitzender des Kreisverbandes Köthen der Rassegeflügelzüchter, belasteten nicht zuletzt vorgeschriebene gebührenpflichtige Untersuchungen finanziell die Züchter. Wollten sie ihre Hühner, Enten, Gänse oder Puten ausstellen, musste ein Tierarzt vorher bestimmte Rachen- bzw. Kloakentests vornehmen. Die Kosten dafür könnten leicht einige Hundert Euro erreichen, so Kühlhorn. Das sei viel Geld vor allem für Alg-II-Empfänger und Jugendliche.
In engstem Raum
Nicht zuletzt habe sich die verfügte und immer noch nicht ganz aufgehobene Stallpflicht nachteilig auf die Zucht ausgewirkt, so der Kreisverbandsvorsitzende weiter. "In einem Stall, also in engstem Raum, neigen die Tiere zu so genannten Untugenden", erklärt Kühlhorn. "Sie pieksen sich gegenseitig in die Federn, fressen diese. Das Aussehen der Tiere leidet darunter. Dabei ist gerade die Schönheit für die Bewertung von Geflügel in Ausstellungen maßgebend."
Vor allem größeres Geflügel wie Gänse, Puten und Enten fühlen sich unwohl in einem Stall, denn sie brauchen viel Platz zum Auslauf. Wenn Gänse und Enten keinen Zutritt zu Gewässern haben, so beeinträchtigt das ihre Lebensqualität und wirkt sich sogar hemmend auf die Fortpflanzung aus. Außerdem verfügen viele Züchter nicht über ausreichend große Ställe. Die Folge: Sie müssen die Zahl ihrer Tiere reduzieren. Angesichts dieser Situation geben einige Züchter ihre Hobby auf oder orientieren sich auf andere Tierarten um. Im vergangenen Jahr verlor der Kreisverband der Rassegeflügelzüchter neun Mitglieder. Dies sei der stärkste Abgang in den letzten Jahren gewesen. Im gesamten Land Sachsen-Anhalt gaben 228 Züchter voriges Jahr ihr Hobby auf.
Kühlhorn, der Campbell-Enten und Wyandotten-Hühner züchtet und mit seinen Tieren insgesamt neun Mal Deutscher Meister war, hat seinen Tierbestand ebenfalls stark reduziert. "Ich hätte sonst angesichts einer Stallpflicht keine Möglichkeit, das Geflügel ordentlich unterzubringen", erklärt er den Grund.
Angst im Nacken
In der letzten Zeit wurde es etwas ruhiger um die Hühnergrippe. Auch die Zahl der Ausstellungen stieg in der jüngsten Saison leicht an. Doch die Züchter trauen dem Frieden nicht. "Die Angst sitzt immer im Nacken", beschreibt Helmuth Kühlhorn die Stimmung.
Im Landkreis Köthen züchten gegenwärtig neben 260 Erwachsenen auch zwölf Jugendliche als Mitglied in einem der 13 Vereine Rassegeflügel. "Der Umgang mit Tieren ist gut für die Erziehung von Kindern", betont Helmuth Kühlhorn. Nicht zuletzt deshalb würde sich der Kreisverbandsvorsitzende mehr Unterstützung für die Züchter seitens der Kommunen und der örtlichen Politiker wünschen.