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Vater und Großvater als Vorgänger

Von Raimund Leonhardt 25.07.2007, 16:53

Chörau/MZ. - "Zuerst habe ich mich erschrocken", erinnert sich Frau Heenemann an die ersten Minuten nach ihrem Wahlsieg. Dann sagte sie sich: "Lass es einfach auf dich zukommen." Mit 247 Einwohnern ist Chörau die zweitkleinste Gemeinde des Altkreises Köthen. Ihr Heimatort ist ihr außerordentlich ans Herz gewachsen. Ging sie doch schon hier zur Schule, als das Dorf noch ein eigenes Schulhaus hatte.

Inzwischen ist nicht nur die Schule verschwunden. Auch die Chörauer Poststelle und der Konsum, früher zwei feste Größen, sind lange schon Geschichte. Zur Versorgung kommen Bäcker und Fleischer jetzt mit einem mobilen Verkaufswagen. "Das ist gerade für die Älteren wichtig, die nicht mehr Auto fahren können oder gar keines haben", gibt Frau Heenemann eine Erfahrung weiter, die in vielen Dörfern zu machen ist.

"Wir Chörauer erledigen viele Dinge in Dessau", spricht die Bürgermeisterin aus der eigenen langjährigen Erfahrung. Mosigkau ist nur zwei Kilometer vom Dorf entfernt, und auch bis in die Muldestadt ist es nur ein Katzensprung. "Wenn wir auch ein kleines Dorf sind, so gibt es bei uns doch viele Handwerks- und Kleinbetriebe", leitet sie nicht ohne Stolz auf das Thema Wirtschaft im Ort über.

Sie zählt die Zimmerei von Helmut Sturm auf, die jetzt Tochter Annerose übernommen hat. Weiter ist da die Zimmerei Tadke, Anita Fessel mit ihrem Betrieb rund um den Zaun, die Fliesenleger Silvio Dropp und Danny Richter, die Werkstatt von Roland Reck. Vor kurzem fand für die frisch gebackene Bürgermeisterin eine Premiere statt: Sie leitete ihre erste Gemeinderatssitzung. Da schlug das Herz doch ein bisschen schneller. "Ein wenig aufgeregt war ich vorher schon", gibt die Bürgermeisterin gern zu, "aber schließlich kenne ich ja alle."

Es wurde dann auch gar nicht so schlimm. Die Tagesordnung war doch übersichtlich. Der Haushalt ist ausgeglichen. "In diesem Jahr ist nicht viel drin", schätzt die Amtsinhaberin ein. "Wir werden froh sein, wenn wir mit Null rauskommen."

Sicherlich wird das bevorstehende Dorffest in der nächsten Zeit eine tragende Rolle spielen, das gegenwärtig vorbereitet wird. Für den Freitag ist eine Disco geplant, Samstag wird Fußball gespielt, Sonntag steht das Ringreiten auf dem Programm. "Bei uns gibt es keine Verlierer", schmunzelt Frau Heenemann, jeder Teilnehmer erhält einen Preis. Als aktive Dorfbewohner, die sich in das öffentliche Leben der Gemeinschaft einbringen, nennt die Bürgermeisterin Frank Zabel und Edeltraud Pintaske. Die beiden würden fast immer zu den öffentlichen Ratssitzungen kommen und hätten schon manche Anregung gegeben. Frau Heenemann hofft, dass diese Gruppe vielleicht noch größer werden könnte. Gutes kann die Bürgermeisterin auch von der örtlichen Jugend berichten, die sich hinter der Gemeindeverwaltung einen Wohnwagen aufgestellt hat, der als Treffpunkt dient. Als es galt, kurzfristig ein kleines Fest für die Kinder im Ort zu organisieren, hätten die jungen Leute spontan ihre Hilfe angeboten und mitgemacht.

Was die anfallenden Außenarbeiten im Dorf anbetrifft, kann sich Gemeinde derzeit auf die Unterstützung eines Ein-Euro-Beschäftigten verlassen. Carsten Dupke streicht die Palisaden am Spielplatz, bringt das Tor am Geräteschuppen wieder auf Vordermann. Ihre Sprechzeiten hat die neue Bürgermeisterin auf den 1. und 3. Dienstag im Monat gelegt. Von 18 bis 19 Uhr ist sie dann im Gemeindebüro zu erreichen. Und auch sonst wüssten die Chörauer ja, wo sie zu finden ist.

Seitdem Frau Heenemann, die gelernte Buchhalterin ist, nur noch halbe Tage im bei Aken gelegenen Trebbichauer Getränkeland arbeitet, hat sie mehr Zeit für die gewachsene Familie. Zwar sind die drei Söhne alle groß, aber die drei Enkelkinder, von denen das Jüngste gerade mal fünf Monate alt ist, "halten uns auf Trab, und wir freuen uns, sie um uns zu haben", lächelt die dreifache Oma glücklich.