Trotz Verschreibung vom Arzt Trotz Verschreibung vom Arzt: Muss Reha-Patient Eintritt für Köthener Badewelt zahlen?

Köthen - Wer bezahlt den Eintritt ins Schwimmbad? Über diese Frage uneins sind der Behinderten-Rehabilitation-Senioren-Sportverein Köthen (BSSV) und Lothar Hawel. Für den BSSV ist die Situation klar: Bezahlen müsse Lothar Hawel. Der jedoch sieht das nicht ein - und bekommt dabei Rückendeckung von seiner Krankenkasse, der Barmer.
Wegen eines Rückenleidens und einer Herzerkrankung hat Lothar Hawel Rehabilitationssport verordnet und bewilligt bekommen. 50 Übungseinheiten. Er nutzt dafür ein Angebot des BSSV. Der Verein hat verschiedene Kurse, darunter Wassergymnastik in der Köthener Badewelt.
Im April besuchte der 61-Jährige den Kurs das erste Mal. Die Kosten für den Sport - da sind sich alle einig - übernimmt die Krankenkasse. Den Eintritt für die Badewelt jedoch soll Lothar Hawel aus Sicht des Vereins aus eigener Tasche bezahlen. Das sind wöchentlich 3,80 Euro. „Ich dachte, die Krankenkasse übernimmt alles“, sagt der Versicherte. „Auch den Eintritt.“
BSSV bekommt den Eintritt von den Krankenkassen nicht ersetzt
Der BSSV sieht das anders. „Wir müssen für jeden, der mitmacht, Eintritt an die Badewelt zahlen. Das kriegen wir von den Krankenkassen nicht ersetzt.“ Den Eintritt müssten deshalb die Versicherten übernehmen - über eine Zahlung an den BSSV.
Der Verein geht einen Schritt auf seine Kursteilnehmer zu. Er bietet ihnen an, für 11 Euro monatlich Mitglied im Verein zu werden. Was deutlich günstiger ist - verglichen mit 15,20 Euro bei vier Kursen oder 19 Euro bei fünf Kursen im Monat.
„Die Krankenkassen begrüßen eine Mitgliedschaft im Sportverein auf freiwilliger Basis im Sinn einer nachhaltigen Wirkung“, heißt es in einem Beratungsprotokoll des BSSV, das Lothar Hawel unterschreiben sollte. „Es gibt jedoch keine Verpflichtung, Mitglied im Verein zu werden, um am Rehabilitationssport mit Verordnung teilzunehmen.“
Barmer-Krankenkasse: „Kassieren eines Eintrittsgeldes unzulässig“
Der Köthener hat das Protokoll unterschrieben. Als er eine Kopie davon zurückbekam, war nachträglich ein Mitgliedsbeitrag eingetragen. Die genannten 11 Euro. „Das stand vorher nicht drin“, sagt Lothar Hawel. Von einer freiwilligen Mitgliedschaft, findet er, könne keine Rede sein, wenn es heiße 3,80 Euro pro Woche oder 11 Euro im Monat.
Die Barmer gibt ihm Recht. „Wenn der Versicherte im Schwimmbad ausschließlich die Rehabilitationsleistung in Anspruch nimmt, ist auch das Kassieren eines Eintrittsgeldes unzulässig“, teilt Barmer-Landessprecher Christopher Kissmann auf MZ-Nachfrage mit. „Die Teilnahme am Rehabilitationssport und Funktionstraining ist, sofern diese vom Arzt verordnet und von der Krankenkasse bewilligt wurde, nicht abhängig von einer Vereinsmitgliedschaft. Forderungen von Vereinen in dieser Hinsicht sind nicht zulässig.“
Die 3,80 Euro Eintritt seien keine Zuzahlung zum Sport, der BSSV habe davon nichts
Der BSSV bleibt dabei. Mit der Begründung, dass der Verein mit dem Geld von der Krankenkasse nicht auch noch den Eintritt bezahlen könne. Von den sieben Euro pro Kursteilnehmer müssten unter anderem Kursleiter und Rettungsschwimmer bezahlt werden, außerdem eine Versicherung für die Teilnehmer. Um Missverständnisse zu vermeiden, betont der Verein: Die 3,80 Euro Eintritt seien keine Zuzahlung zum Sport, der BSSV habe davon nichts.
Die Situation ist verfahren. Der Verein will den Ärger aus der Welt schaffen. Er hat den Kursteilnehmer eingeladen, um über diesen Disput zu sprechen. Lothar Hawel hat für sich bereits eine Konsequenz gezogen. Am Rehasport nimmt er nicht mehr teil. Er hat ein Schreiben vom Verein bekommen, wird gebeten, die ausstehenden 33 Euro für drei Monate zu bezahlen.
Die Frist endete am 31. Mai. Bezahlt hat er nicht. Der Köthener geht jetzt zweimal im Monat in die Badewelt, um eigenständig Wassergymnastik zu machen. Auf eigene Kosten. Denn ums Geld, das macht Lothar Hawel deutlich, gehe es ihm nicht. Es gehe ums Prinzip. (mz)
Die Krankenkassen haben eine Vereinbarung mit verschiedenen Verbänden über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining geschlossen. Darin heißt es, dass die Mitgliedschaft in den jeweiligen Gruppen freiwillig erfolgt. Laut
Barmer ist eine Mitgliedschaft „lediglich im Hinblick auf die Weiterführung des Übungsprogramms in Eigenverant- wortung“ wünschenswert. „Dies folgt in vielen Fällen nach der Verordnung einer Maßnahme.“