Weniger Termine als üblich Tests sind bei den Friseur-Kunden in Köthen eher unbeliebt
Friseure sind nicht von der „Notbremse“ betroffen und dürfen offen bleiben. Die Freude darüber hält sich aber in Grenzen.

Köthen - „Es ist einfach frustrierend.“ So fasst Katrin Neuendorf, Vorstandsvorsitzende der „Modefrisur Köthen“, die aktuelle Situation zusammen. Immer wieder mussten Friseure im Land wegen der anhaltenden Corona-Pandemie ihre Geschäfte schließen.
Nun dürfen sie erst einmal offen bleiben - trotz der bundesweiten Notbremse. Doch das hilft wenig. „Es kommt kaum einer“, berichtet Neuendorf. Der wahrscheinliche Grund: Seit Montag, 26. April, ist beim Friseurbesuch ein Corona-Schnelltest notwendig, der nicht älter als 24 Stunden sein darf. Und das stellt die Friseure und offensichtlich auch die Kunden vor eine große Herausforderung.
„Die meisten wollen sich nicht vor dem Laden an der Straße hinstellen und sich ein Stäbchen in die Nase stecken“
Schnell mal eben die Spitzen schneiden beim Friseur - noch dazu an einem Montag, früh um acht? Aufgrund der neuen Regelungen ist das fast unmöglich. Das Corona-Schnelltestzentrum in Köthen ist Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr und samstags von 9 bis 16 Uhr geöffnet.
Die meisten Apotheken öffnen ab acht Uhr. Aufwand ist es trotzdem. Zwar darf ein Schnelltest auch direkt vor Ort am Laden vorgenommen werden, doch das Angebot nehme kaum einer an. „Die meisten wollen sich nicht vor dem Laden an der Straße hinstellen und sich ein Stäbchen in die Nase stecken“, so Neuendorf.
Die Folge: Es hagelt Terminabsagen. „Viele wussten das mit dem Test gar nicht. Die meisten haben aber auch einfach abgesagt, weil ihnen der Aufwand zu groß sei“, erklärt Neuendorf. Böse Worte fallen mitunter am Telefon, schildert die Friseurin aus Köthen. Mehr als 100-mal habe das Telefon am Montag vergangener Woche geklingelt. „Es wäre schön, wenn die Kunden uns nicht für die vorgegebenen Regeln bestrafen würden“, appelliert Neuendorf an die Köthener.
Die Hälfte der Kundschaft hat vergangene Woche ihren Termin abgesagt
Auch Friseur Christian Falke aus Köthen berichtet von einer ähnlichen Situation. „Es macht langsam keinen Spaß mehr. Das Drumherum ist eine Katastrophe“, so Falke. Die Hälfte seiner Kundschaft habe vergangene Woche Dienstag ihren Termin abgesagt - teils sogar ohne Begründung. „Wenn das jetzt die nächsten Wochen so weitergeht, kann ich den Laden auch zumachen“, zeigt sich Falke enttäuscht.

Die Auslastung in den insgesamt zehn Läden der Friseurkette „Modefrisur Köthen“ beträgt derzeit gerade einmal 30 Prozent. Einige Mitarbeiter mussten sogar wieder in die Kurzarbeit geschickt werden. „Auf den Dörfern ist es ganz schlimm“, sagt Katrin Neuendorf mit Blick auf Edderitz und Wulfen. Hier sei das Problem, dass viele ältere Personen erst gar nicht den Weg bis ins Testzentrum schaffen würden und daher auf den Friseurtermin verzichten.
Vor allem die Herrenkundschaft sei extrem eingebrochen
Am vergangenen Freitag habe das Telefon in einigen Salons komplett stillgestanden. Nicht ein einziger Anruf sei hereingekommen. Vor allem die Herrenkundschaft sei extrem eingebrochen. „Manchmal haben wir nur einen Herrenschnitt pro Tag“, berichtet Neuendorf. Die Stimmung ist derzeit am Tiefpunkt. „Wir haben die Konsequenzen der Vorgaben zu tragen“, so die Friseurin.
Worüber sich beide Friseure auch immer wieder ärgern, ist der Blick zur Handhabung in anderen Branchen. „In der Physiotherapie sind zwei Mann auf acht Quadratmetern. Warum funktioniert es da ohne Test?“, zeigt Christian Falke sein Unverständnis. Im Vergleich zur Gastronomie, die seit November geschlossen ist, gehe es den Friseuren aber noch gut, weiß Neuendorf und verweist auf kleine mutmachende Aktionen. „Eine ältere Dame hat neulich extra 20 Euro für einen Schnelltest ausgegeben, nur um hierher zu kommen. Sie hat sich einfach so sehr gefreut“, sagt Neuendorf.

Ein Schnelltest bei einem Kunden sei positiv gewesen, er sagte den Termin schließlich ab und begab sich in Quarantäne
Trotz des hohen Aufwands und all den Ärgernissen sollen die Tests in erster Linie helfen, mögliche Infektionen zu erkennen und so eine potenzielle Ansteckung zu vermeiden. Diese Strategie hat womöglich Christian Falke sogar eine Corona-Infektion erspart. Ein Schnelltest bei einem Kunden sei positiv gewesen, er sagte den Termin schließlich ab und begab sich in Quarantäne. Ohne Test wäre er unvorsichtiger gewesen. (mz)