Meisterin im Hörsaal Studieren ohne Abitur: Isa Heide ist dank Meisterbrief an der Hochschule Köthen

Köthen - Isa Heide weiß, wofür sie studiert. Produkte für die Lebensmittelindustrie möchte sie später entwickeln. Vegane und vegetarische Speisen ohne Soja zum Beispiel. In ihrem Masterstudium Lebensmitteltechnologie an der Hochschule Anhalt ist das gerade ein großes Thema. Und mit Lebensmitteln kennt sich Isa Heide aus. Bevor sie in Köthen studierte, hat die 30-Jährige als Köchin und zuletzt als Küchenchefin im sächsischen Chemnitz gearbeitet. Abitur, das gemeinhin für ein Studium nötig ist, hat sie nicht.
Studium ohne Abitur
In Deutschland haben laut des Centrums für Hochschulentwicklung die meisten Studenten die Hochschulzugangsberechtigung, etwa das Abitur. Doch auch ohne diese Voraussetzungen ist ein Studium möglich, etwa mit abgeschlossener Berufsausbildung und entsprechender Berufserfahrung. An deutschen Universitäten haben zwei Prozent der Studienanfänger kein Abitur, an den Fachhochschulen sind es doppelt so viele. Dort ist der Zugang etwas leichter. Wer einen Meister gemacht hat, kann dort studieren oder wer eine fachgebundene Ausbildung und Berufserfahrung hat. Die Bewerber müssen oft noch zur Eignungsprüfung. Am häufigsten ist ein Fernstudium neben dem Beruf.
Die Hochschule Anhalt folgt diesem Trend. Die meisten Studenten ohne Abitur haben einen Meister. Das sind 4,6 Prozent der Studienanfänger. Die meisten studieren berufsbegleitend Verfahrenstechnik, Agrarmanagement oder Maschinenbau. Vollzeitstudenten ohne Abitur wie Isa Heide sind eher die Ausnahme. Kan
Die Masterstudentin gehört zu den Studenten der Hochschule, die ohne Abitur studieren. Das ist möglich, setzt aber einiges voraus. Eine Meisterprüfung müssen die Bewerber abgelegt haben oder eine Berufsausbildung samt Erfahrung vorweisen können. Einen Meister haben 4,6 Prozent der Studienanfänger der Hochschule im laufenden Semester. Die meisten studieren berufsbegleitend. Isa Heide ist da eher die Ausnahme, denn sie studiert Vollzeit. Den Bachelor hat sie schon in Köthen gemacht, nun folgt der Master. Sie wollte über den zweiten Bildungsweg studieren, trotz aller Hürden. „Meine Familie sagte: ,Jetzt spinnt sie völlig’.
Karriere, statt auf der Stelle zu treten
Denn Isa Heide arbeitete gerne in ihrem Beruf. Zunächst. Nach der Realschule lernte sie im Hotel „Alte Mühle“ in ihrer Heimatstadt Chemnitz Köchin und kochte später im Kempinski Hotel am Flughafen München. Catering, Menüs oder Fingerfood für prominente Fluggäste oder Essen im Dunkeln. „Der Gästekontakt war mir wichtig“, erinnert sie sich. Nach einigen Jahren aber stellte sie fest: „Es ist schön, aber ich trete auf der Stelle“. Die Köchin bildete sich weiter. Bei der Industrie- und Handelskammer machte sie den Küchenmeister und die Ausbildereignung. Nun konnte sie in ihrem Lehrbetrieb als Küchenchefin arbeiten und Nachwuchs ausbilden. Doch sie fragte sich, ob das alles sei.
Mit dem Meisterbrief studieren
„Ein Freund hat mir dann gesagt, dass ich mit dem Meister auch studieren kann“, schildert Isa Heide. Sie informierte sich, wollte etwas mit Lebensmitteln machen. Auch die Kosten für ein Studium spielten eine Rolle. Sie beantragte Bafög zur finanziellen Unterstützung und wählte eine Fachhochschule ohne Studiengebühren. Köthen habe einen guten Ruf, hatte sie gehört. Sie bewarb sich und begann im Oktober 2011 zu studieren.
Jobben nebenher kostet Kraft
Die Studienanfängerin nutzte Angebote der Hochschule: Vorkurse in Mathematik und Chemie. „Ich war zehn Jahre weg von der Schulbank und habe viel vergessen“, weiß sie. So habe sie Bezug zum Studium gefunden und Kontakte geknüpft. Trotz dieser Unterstützung sei das Studium nicht ohne. Viele Studenten mit Meister schafften diese Anforderungen nicht, weiß Isa Heide. Auch das Jobben nebenher kostet Kraft: Sie arbeitet in den Semesterferien als Küchenchefin und an der Hochschule. Sie weiß, sie wird darum etwas länger brauchen als ihre Mitstudenten.
Nach dem Studium ins Ausland
Doch das Ziel verliert die energische junge Frau nicht aus den Augen. „Ich möchte nach dem Studium im Ausland arbeiten, am liebsten in der Schweiz“, sagt sie. Oder auf einem Schiff. Sie könne sich auch vorstellen, an der Hochschule zu bleiben. Sie schätze die Mischung zwischen Forschung und Lehre. Dann überlegt sie kurz und sagt: „In der Produktentwicklung würde ich gerne arbeiten“. Es scheint klar, dass sie ihr Ziel auch erreichen wird. (mz)