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Schwangeren in den Bauch getreten

19.06.2006, 16:24

Dessau/Köthen/MZ/abe. - Dann stimmt der aus der Dessauer Justizvollzugsanstalt vorgeführte Köthener der gegen ihn verhängten Haftstrafe von viereinhalb Jahren zu.

Das Urteil weicht nicht in Nuancen von dem ab, was Staatsanwalt Thomas Prager und Verteidigerin Annegret Schumann für den 32-Jährigen, der im grünen Poloshirt einen durchtrainierten Eindruck hinterlässt, forderten. Beide Juristen hatten sich vor der Eröffnung des Prozesses mit Steinhoff konsultiert. Dies ermöglichte es dem Vorsitzenden, dem Angeklagten darzulegen, dass es sich bei der Haftdauer um ein "reines Freundschaftsangebot" handele. "Wenn Sie das mit einem Geständnis einfach abnicken, wäre es das beste", meinte Steinhoff. Schließlich könnte die Staatsanwaltschaft locker weitere Vorwürfe hinzufügen. Zudem seien frühere Entscheidungen einzubeziehen, bei denen es um mehr als zwei Jahre Gefängnis gehe.

Eine Situation, die R. zur Rücknahme einer von ihm eingelegten Berufung bewog. Im Gegenzug beantragte Prager, den Anklagepunkt der Freiheitsberaubung vorläufig einzustellen. Dennoch standen gegen den gebürtigen Zerbster noch mehr als genug Vorwürfe zu Debatte. Sie setzten sich aus einer Unterschlagung, einer gefährlichen Körperverletzung und dem Fahren ohne Fahrerlaubnis in 71 Fällen zusammen. Taten, die sich allesamt zwischen Mai und September 2004 ereigneten.

So behielt der Angeklagte von den Einnahmen eines Sonnenstudios, in dem seine damalige Lebensgefährtin arbeitete, einen großen Teil für seinen persönlichen Verbrauch ein. Als es in der Beziehung schon kriselte - das Paar lebte seinerzeit in der Nähe der westlich von Bremen gelegenen Stadt Delmenhorst -, trat er zudem aus Frust darüber, dass seine Freundin wieder zu ihren Eltern wollte, der im vierten Monat schwangeren jungen Frau in den Bauch. "Im Fall der Unterschlagung hat er das in ihn gesetzte Vertrauen schamlos missbraucht, im anderen nahm er erhebliche Folgeschäden in Kauf, die zum Glück nicht eintraten", schätzte der Anklagevertreter ein.

"Mein Mandant, der uns durch sein Geständnis eine umfangreiche, zeitaufwändige und auch kostenintensive Beweisaufnahme ersparte, sagt heute, dass dieses Leben als Krimineller mal ein Ende finden muss. Ein vollkommener Neustart ist sein Anliegen", gab Verteidigerin Schumann zu bedenken. Nicht umsonst nehme Otfried R. alle Maßnahmen, die in der Haft angeboten werden, wahr. Dies reiche von Entspannungsübungen übers Antigewalttraining bis hin zur Drogentherapie, obwohl sich beim Köthener nie eine Rauschgiftsucht herausbildete.

Ob es freilich möglich ist, die Haft hinter Dessauer Gittern fortzusetzen, muss Steinhoff zufolge abgewartet werden. Der 21 mal vorbestrafte R. jedenfalls hofft dies sehr. "Anderswo wird man sich nicht so um mich kümmern", formulierte er seine Befürchtung.