Schmutz und Lärm in Arensdorf Schmutz und Lärm in Arensdorf: Zorn und "große Ohnmacht" bei Einwohnern

Arensdorf - Vor 20 Jahren ist Uta Henze mit ihrem Mann aus der Köthener Rüsternbreite nach Arensdorf gezogen. Ein Schritt weg von der gedrängten Enge der - damals noch viel dichter bebauten - geschäftigen Plattenbausiedlung hin zur ländlichen Ruhe. Vom Beton ins Grün. Ins Paradies, wenn man es mal ein bisschen überhöht.
Und jetzt? Am Donnerstagabend hört es sich so an, als würde Uta Henze am liebsten aus Arensdorf wegziehen. Eher gestern als heute. So sehr haben die Probleme mit der Firma Bördegarten ihr das Leben im Ort verleidet.
Bürgerversammlung zu drängenden Problemen im Ort
Es sind derart drängende Probleme, dass sie den Ortschaftsrat von Arensdorf bewogen haben, zu einer Bürgerversammlung einzuladen, um den Forderungen an das Unternehmen eine gemeinsame Stimme zu verleihen. „Sauberkeit der Straßen, Emissionsminderung, Lärmschutz und ein nachhaltiger Umgang mit der Natur müssen für die Firma Bördegarten in den Focus rücken, um die Lebensqualität der Einwohner wieder zu verbessern“, heißt es in der Einladung.
Und es sind Bürger wie Uta Henze, die den wohlgesetzten Worten Deftiges aus eigener Erfahrung hinzufügen. „Wir haben den Lärm und den Dreck direkt vor der Haustür“, sagt sie auf der Versammlung im Dorfgemeinschaftsraum und schildert die Auswirkungen des landwirtschaftlichen Verkehrs auf ihre ganz persönliche Lebensqualität.
Noch nicht lange zurück liegt ein Besuch von Tochter und Enkelin, „wo am Sonntag um 4.30 Uhr drei Trecker vor dem Haus standen, zehn Minuten mit laufendem Motor, das Leergut auf den Hängern hin- und herschmissen und schnatterten. Da waren wir alle munter - Enkelkind eingeschlossen.“
Aufzählung von Anklagen und Rücksichtslosigkeit
Es ist eine Aufzählung von Anklagen und Rücksichtlosigkeiten bis hin zu der Feststellung, „dass mir ein Traktor fast den Arsch abgefahren hätte“. Und bis hin zu der Sorge, dass das Haus quasi nichts mehr wert sei, durch die akute Verschlechterung der Situation im Ort in den zurückliegenden Jahren.
Für die auch Erlebnisse stehen wie folgendes: Am 2. Oktober, erzählt eine Frau, habe sie beim Bäcker gestanden, als die Kehrmaschine des Unternehmens kam - die aber nicht wirklich den von den Feldern ins Dorf getragenen Dreck beseitigte, sondern vielmehr Staubwolken aufwirbelte, „da waren die Häuser nicht mehr zu sehen.“
Es ging um Traktoren, die zu schnell fahren. Es ging um die Fäkalien, die die osteuropäischen Erntehelfer auf den Feldwegen hinterlassen. Es ging um die Feldwege selbst, die immer mehr weggeackert und ruiniert würden. Es ging um das nächtliche Spritzen der Felder, das bis in die Wohnungen zu riechen ist. Es ging um zerstörte Bäume und Umwelt. Die Liste ließe sich fortsetzen.
Mangelnde Unterstützung der Stadt Köthen wird beklagt
Gut eine Stunde lang haben die Arensdorfer über die Dinge gesprochen, die sie geändert haben wollen. Auch die mangelnde Unterstützung durch die Stadt Köthen spielte dabei keine geringe Rolle. Man solle darauf besser keine Hoffnung setzen, hieß es in der Versammlung, „die zahlen viel Steuern“, da würden die Probleme der Arensdorfer (und der Baasdorfer - Besuch aus dem Nebenort war auch anwesend) keine Rolle spielen. Man fühle eine „große Ohnmacht“, weil nichts passiert, das einen Besserung erhoffen lasse. Dabei sei die Sache ganz klar: „Hier wirkt das Verursacherprinzip.“ Und damit müsse man an Bördegarten heran.
Bürger gründen am Donnerstag eine Bürgerinitiative
Aber weil die Arensdorfer sich von allen im Stich gelassen fühlen, wollen sie jetzt auch andere Wege beschreiten. Zum ersten wurde am Donnerstag eine Bürgerinitiative gegründet, die sich der Angelegenheit annehmen soll. Zweitens wurde der Ratschlag gemacht, künftig alles mit Foto und Video zu dokumentieren - „alles, was wir sagen, ist uninteressant, daher müssen wir alles beweisen“, sagte ein Einwohner.
Und drittens will man sich an die Umweltschutzverbände wenden: Wer es schaffe, eine Autobahn zu verhindern, so die Überlegung, schaffe es vielleicht auch, eine Firma wie Bördegarten zu einem anderen Verhalten Mensch und Umwelt gegenüber zu zwingen. (mz)
