Produkt aus Aken ist weltweiter Marktführer
AKEN/MZ. - "Sie können wohl sogar ein Innengewinde in ein Haar schneiden, was?" Die scherzhafte Frage von Landrat Uwe Schulze an Wilhelm Boyemann beantwortete letzterer mit "Da müssten wir aber recht grob arbeiten." Zuvor hatte Schulze bereits vom Geschäftsführer der Woodward Governor Germany GmbH mit Sitz in Aken erfahren, dass man in diesem Betrieb mit Toleranzen arbeite, die zum Teil im einstelligen Mikrometerbereich (0,001 mm) angesiedelt sind. Die beiden waren zusammen mit der Mittelstandsbeauftragten der Landkreisverwaltung, Angela Herzog, im Unternehmen unterwegs, wo die Gäste aus der Verwaltung auch vom Leiter Arbeitsvorbereitung, Hans-Jürgen Schmalfuß, viel Interessantes über den Betrieb und seine Produkte erfuhren.
Schmalfuß, der das Unternehmen nach 42 Jahren Tätigkeit schon aus dem Effeff kannte, als es noch VEB Einspritzgerätewerk Aken hieß, lotste Schulze, Herzog und den Akener Bürgermeister Hansjochen Müller durch die so genannte Weich- und Hartbearbeitung. Und erklärte, dass in der Weichbearbeitung Teile entstehen, die gebohrt, gefräst, gedreht werden und dann weitergehen in die Hartbearbeitung, in der die eigentliche Kernkompetenz des Unternehmens liege: Hier wird gehärtet, geschliffen, geläppt und gehont. Komme es bereits in der Weichbearbeitung auf höchste Genauigkeit an, werde schon dort immer wieder zwischendurch gemessen, um das zu gewährleisten, sei es in der Hartbearbeitung quasi möglich, einem stählernen Bauteil die Oberfläche eines Spiegels zu verleihen, machte Hans-Jürgen Schmalfuß deutlich.
Sichtlich beeindruckt von dieser Präzisionsarbeit - für die übrigens absolute Sauberkeit die Grundvoraussetzung ist - zeigten sich Landrat wie auch Mittelstandsbeauftragte. Und von Geschäftsführer Wilhelm Boyemann erfuhren sie, dass die Woodward Governor Germany GmbH, die im weitesten Sinne Einspritztechnik für Dieselmotoren liefert, in den vergangenen drei Jahren gute Erfolge erzielen konnte. "Wir sind jetzt auch zum Thema Marktführerschaft vorgedrungen", erklärte Boyemann. Er wies auf eine Common-Rail-Pumpe, die am modernsten Produkt des weltgrößten Motorenbauers Caterpillar zum Einsatz kommt, am Motor C 175. "Diese Pumpe befähigt die Motoren dazu, die Grenzwerte einzuhalten, die in den Jahren 2014 / 2015 greifen werden", erläuterte er. Sie baue im Dauerbetrieb einen Druck von 1 800 bar auf, was 18 000 Metern Wassersäule entspreche. Nimmt man also den rund 11 000 Meter tiefen Mariannengraben und stellt den Mount Everest noch oben drauf, dann entspräche dies der Höhe der Wassersäule und damit dem Druck der Common-Rail-Pumpe aus Akener Produktion. Jetzt arbeite man an einem Projekt, das später 2 400 bar bringen werde.
Auch darüber hinaus konnte Wilhelm Boyemann jede Menge interessante Fakten liefern. So stellte er Einzelzylinderanwendungen vor, die bei großen Schiffsmotoren, die einen Kolbendurchmesser von 43 Zentimetern haben und siebeneinhalb bis acht Meter hoch sind, zum Einsatz kommen und diese über Einspritzung mit Diesel versorgen. Eingesetzt als Hauptantrieb sind diese Motoren u. a. auf dem Kreuzfahrtschiff "Aida".
Wobei Boyemann Wert auf die Feststellung legte, dass sein Unternehmen hoch flexibel sein muss: Es fertigt Einspritztechnik von Kleinst- über Klein- bis zur großen Serien und bedient darüber hinaus den Ersatzteilmarkt. Das gestalte den Produktionsprozess für die rund 280 Mitarbeiter zum Teil sehr kompliziert. Nichtsdestotrotz sei es gelungen, auch in der Krise profitabel zu bleiben. "Das haben nicht alle geschafft", so Wilhelm Boyemann, der jetzt leichte Anzeichen dafür erkennt, dass sich das Geschäft wieder erholt. "Die Kunden werden wieder optimistischer beim Bestellen", so seine Erfahrung aus den vergangenen Wochen.
Die Belegschaft sei sicher sehr stolz auf das Erreichte, merkte zu alledem Landrat Schulze an. Was Boyemann unumwunden bestätigte: "Das fängt schon bei mir an", lachte er. Und in Sachen Marktführerschaft bei der beschriebenen Common-Rail-Pumpe waren sich beide einig: 24 Liter pro Minute bei 1 800 bar - das kann keine andere Pumpe. In der Beziehung ist Aken Weltmeister.