Pflegedienst in Gröbzig Pflegedienst in Gröbzig: Harter Arbeitsalltag für Schwestern

Gröbzig/MZ - Ein offenes Bein, Demenz, Windeln wechseln – all das gehört zum Berufsalltag von Daniela Friedrich aus Edderitz. Sie ist eine der 8 752 Beschäftigten in Sachsen-Anhalt, die Pflegebedürftige ambulant in häuslicher Umgebung betreuen.
In Sachsen-Anhalt leben laut Statistischem Landesamt 88 021 Pflegebedürftige. Ein Großteil (86,4 Prozent) der Pflegebedürftigen ist 65 Jahre und älter. Die Pflegebedürftigkeit trifft fast jeden. Laut Altenbericht der Bundesregierung ist die Pflege in den vergangenen Jahren „zu einem erwartbaren Regelfall des Familienzyklus geworden“.
Als Schwester Daniela besucht die Krankenschwester vom Pflegezentrum Fuhneaue in Gröbzig täglich Patienten im Raum Köthen und im südlichen Sachsen-Anhalt, die trotz Krankheit oder hohem Alter ihr Zuhause nicht verlassen wollen. Ihr erster Fall heute hat die 39-Jährige bereits um 1.40 Uhr aus dem Bett geholt: Eine 95-jährige Naundorferin war zu schwach, ihr Wasserglas an den Mund zu heben und hat die Schwester per Hausnotruf alarmiert.
Sicher ist sicher
So banal der Einsatz auch klingen mag, solche Situationen können über Leben und Tod der Patienten entscheiden. Denn viele sind aufgrund körperlicher oder geistiger Einschränkungen nicht in der Lage, sich selbst zu helfen. Deshalb hat Friedrich auch den Wohnungsschlüssel von jedem ihrer Pflegefälle auf ihrer täglichen Tour. Sicher ist sicher.
Krankheiten und Gebrechen
Manche ihrer Kunden betreut Daniela Friedrich bereits seit über zwölf Jahren. Andere nur über einen Zeitraum von wenigen Wochen – und nicht wenige wiederum bis zum Tod. Krankheiten und Gebrechen sind ihr Beruf. Dennoch betont sie: „Man stumpft nicht ab.“ Auch sie stößt bei Todesfällen von Patienten an ihre Grenzen: „Schließlich könnte jede der Seniorinnen meine Großmutter sein“, erklärt sie.
Trotzdem müssen die Kranken, die das Gröbziger Pflegezentrum ambulant oder stationär betreut, nicht zwingend „alt“ sein: Ihr jüngster Schützling ist ein dreijähriges Mädchen mit Diabetes. Ein anderer Patient ist 50 Jahre alt, muss lediglich Medikamente gegen seinen niedrigen Blutdruck nehmen. Warum er das nicht auch ohne den Pflegedienst schafft? „Er würde die Tabletteneinnahme ohne uns vergessen oder sie absichtlich nicht nehmen“, erklärt Friedrich. Der Köthener ist schizophren, in seiner Akte ist „Intelligenzminderung“ im Krankheitsbild vermerkt.
In den Unterlagen wird alles festgehalten: was die Patienten zu sich nehmen, welche Konsistenz ihr Stuhlgang hat. Und nahezu alles wird in Leistungen mit der Krankenkasse abgerechnet. Waschen ist eine Leistung genauso wie ein Verbandwechsel oder das Anziehen: das Gesundheitssystem als Gewinnmaschine. Auch die Pflegezentren verdienen daran. Jeden nächtlichen Notruf lässt sich das Gröbziger Pflegezentrum mit einer Pauschale von 20 Euro bezahlen. Doch hinter dem System stehen immer noch Menschen. Friedrich plaudert während ihrer Arbeit mit ihren Patienten - über das Wetter, den Ehepartner, die Enkelkinder. „Ich bin nicht der Typ, der stumm das Essen hinstellt und wartet“, sagt sie. Wenn die Seniorinnen darum bitten, schminkt sie sie auch. Eine Selbstverständlichkeit für die Edderitzerin – obwohl sie sie nicht als Leistung berechnen kann. Dabei wollte Friedrich nie in die Pflege, hatte sich ursprünglich als Chemielaborantin beworben. Heute ist der Job ihre Berufung, sagt sie. Und dennoch: Der Arbeitsalltag in der Pflegebranche ist einer der härtesten.
„Das Privatleben kommt generell zu kurz“
Friedrich ist 24 Stunden erreichbar, arbeitet oft zwölf Tage am Stück. „Das Privatleben kommt generell zu kurz“, gibt sie zu. Und mit längst nicht allen Patienten gestaltet sich das Verhältnis bilderbuchgemäß. Eine Frau lässt zum Beispiel niemanden in die Wohnung, die Tabletten werden nur über das Fenster gereicht. „Das hinterlässt für Außenstehende sicher keinen guten Eindruck von unserer Arbeit“, gibt Friedrich zu. „Manche wollen sich einfach nicht helfen lassen.“ Trotzdem muss es weitergehen. Ihr Tag ist streng durchkalkuliert: Für Patienten der Pflegestufe 1 hat sie 40 Minuten Zeit zum Waschen, bei Patienten der Pflegestufe 2 sind es 45 Minuten. Braucht sie länger, wirkt sich das auf die Zeit aus, die sie für die nächsten Kunden hat: „Der Zeitdruck ist enorm“, gesteht die Krankenschwester. Die Kassen geben für die Pflege enge Zeitfenster vor, die oft nicht eingehalten werden können. In der Folge bleibt ihr immer weniger Zeit für die Patienten.
Immer wieder Handyklingeln
Allein heute fährt sie zu 20 Pflegefällen, legt mit ihrem Auto 150 Kilometer zurück. Dazwischen klingelt immer wieder das Handy: Ein kreischender Popsong, der nicht so recht in die Umgebung der gebrechlichen Menschen passen will. Doch es geht nicht anders. Friedrich muss ständig erreichbar sein, um bei Notfällen Leben retten zu können - und wenn es nur für ein paar Tage ist.