Nicht alle Briefe kommen an Nicht alle Briefe kommen an: Post sieht Stadt Südliches Anhalt in Verantwortung

Weißandt-Gölzau - So viele Besucher gab es selten beim Hauptausschuss im Südlichen Anhalt. Fast schien es, als würden die Stühle nicht reichen. Gut 20 Bürger waren gekommen.
Und alle bewegte ein Thema: die Zustellung der Post in den Ortsteilen Wehlau, Zehmitz und Zehbitz. Oder eher: die Nichtzustellung. Oft nämlich gingen die Sendungen als unzustellbar zurück oder kämen in anderen Dörfern raus, beklagen die Bürger. Doch wie im Ausschuss deutlich wurde, sehen viele Stadträte die Verantwortung für dieses Problem nicht bei der Verwaltung - sondern bei der Post.
51 Ortsteile hat die Stadt Südliches Anhalt, drei Postleitzahlen und mehr als ein Dutzend Dorfstraßen, um mal einen der mehrfach vergebenen Straßennamen zu nennen. Ein Zustand, der zum Beispiel Holger Peiske aus Wehlau verärgert. Wie viel Post für sein Unternehmen „Energiezentrale Sachsen-Anhalt“ ihn im Laufe der Jahre nicht erreicht habe, könne er gar nicht wissen, sagt er. „Und ich kann nicht mal einen Handyvertrag aktivieren.“ Weil seine Adresse im System des Telefonanbieters offenbar gar nicht vorkomme.
Bei Bestellungen im Internet heißt es oft: „Wehlau gibt es nicht“
Das selbe passiere oft, wenn man etwas im Internet bestellen und die Versandadresse eingeben wolle, klagen andere Bürger. „Da heißt es dann: Wehlau gibt es nicht. Stattdessen werden ganz andere Orte vorgeschlagen.“ Einer habe von seiner Krankenkasse vier Chipkarten mit verschiedenen Adressen bekommen, ehe der richtige Dreh gefunden war.
Auch Dieter Fischer aus Zehmitz nutzte die Sitzung, um seinem Ärger Luft zu machen. „Wie Aussätzige“ würden die Bewohner der Orte behandelt. „Wir Einwohner wollen das nicht mehr hinnehmen.“ Was also habe die Stadtverwaltung in den vergangenen Monaten eigentlich getan, um das Problem zu beheben, wollten die Bürger wissen.
Im Gespräch war zunächst, Straßennamen zu ändern und zum Beispiel aus der Dorfstraße in Wehlau auch die Wehlauer Dorfstraße zu machen und in Absprache mit der Deutschen Post eine einheitliche Postleitzahl für das Stadtgebiet einzuführen. So der Stand im Mai, als das Thema zuletzt Schlagzeilen machte.
Straßenumbenennung findet wahrscheinlich keine Mehrheit im Stadtrat
Die Verwaltung habe eine Beschlussvorlage zur Straßenumbenennung erarbeitet, antwortete Bürgermeister Thomas Schneider den Bürgern im Hauptausschuss. Doch es sehe momentan nicht so aus, als würde dieser eine Mehrheit im Stadtrat finden.
Zudem, so Schneider, sei es doch eigentlich so, dass Post überall zweifelsfrei zugestellt werden könne, wenn sie korrekt nach dem Schema Name - Ortsteil - Straße und Hausnummer - Postleitzahl Südliches Anhalt adressiert sei. „Sicher ist das nicht immer so möglich“, sagte der Bürgermeister. Er wisse auch, dass manche Online-Formulare für Adressen da nicht mitspielten. Generell müsse man aber auch nach der Verantwortung der Post fragen.
Ähnlich sah das Ausschussmitglied Dirk Honsa. „Aus meiner Erfahrung ist das eher ein Problem der Zusteller.“ Mit seiner Frage, ob denn alle Betroffenen überhaupt gut lesbare Hausnummern an ihren Häusern hätten, erntete der Gröbziger Ortsbürgermeister allerdings viel Empörung aus dem Publikum.
Die Straßenumbenennung würde die Stadt laut Vorlage 32.000 Euro kosten
Deutlich wurde auch, dass das Problem nicht nur Zehbitz und Umgebung betrifft. Ihr seien ähnliche Geschichte zum Beispiel aus Wörbzig und Piethen bekannt, sagt Stadträtin Roswitha Scharfen. Und schlussendlich hörte man auch aus dem Publikum, dass es schon vor der Eingemeindung in die Stadt Südliches Anhalt Probleme mit der Post gegeben habe.
Sei’s drum: „Ihr Unmut ist verständlich“, äußerte Ausschussmitglied Frank Junkert. Auch er meinte, es sei nicht von der Stadt, sondern von „Leistungserbringern“ versäumt worden, ihr Adressensystem zu pflegen. Die Straßenumbenennung ist zudem teuer: Sie würde die Stadt laut Vorlage 32.000 Euro kosten.
„Das ist aber nicht unsere Aufgabe“, so Junkert. Zusammen mit Schneider brachte er den Vorschlag, einen Post-Vertreter zu einem Treffen einzuladen und auch zwei bis drei der betroffenen Bürger dazuzubitten. Darauf einigte sich die Runde dann schlussendlich. Allerdings nicht ohne, dass einer der Besucher mit Klage drohte, sollte sich nichts bessern. „Und nicht gegen DHL, sondern gegen Sie hier.“
Die Deutsche Post bittet die Gemeindeverwaltung, für eindeutige Straßennamen zu sorgen
Die MZ fragte bei der Pressestelle der Post an, wie es zu den Zustellpannen kommen kann. „Das Problem im Südlichen Anhalt ist bekannt“, antwortete Pressesprecher Mattias Persson. Um Verwechslungen zu vermeiden, sollten mehrfach vorkommende Straßennamen vermieden werden. Die Deutsche Post bitte die Gemeindeverwaltung, für eindeutige Straßennamen zu sorgen.
„Eine Zustellung an eine falsche Adresse kann bei den großen Sendungsmengen leider nie vollständig ausgeschlossen werden. Dieser Anteil ist jedoch so gering, dass er statistisch von uns nicht erfasst wird.“ Persson lobte auch die Ortskenntnis der Zusteller, die es trotz schwieriger Umstände möglich machten, Briefe und Pakete korrekt zuzustellen. Zur Frage nach einem Treffen im Südlichen Anhalt gab er jedoch keine Antwort.
Anwohner Holger Peiske meinte auf MZ-Nachfrage nach der Sitzung, seinem Eindruck zufolge versuche sich die Stadt, aus der Verantwortung zu reden. Ob und wie das Treffen stattfinden werde? Er sei gespannt. (mz)
Insgesamt gebe es im Südlichen Anhalt 92 Mehrfachbenennungen von Straßen. Das ist das Ergebnis einer Anfrage der Köthener MZ bei der Deutschen Post vom Mai dieses Jahres. Pressesprecherin Tina Birke hatte damals geantwortet: „Die Deutsche Post ist seit der Eingemeindung mit der Gemeindeverwaltung im Gespräch und hat sie gebeten, für eindeutige Straßennamen zu sorgen. Dies ist bislang nicht erfolgt.“
Tatsächlich gab es schon einmal den Vorschlag, einige Straßen umzubenennen. Schon im Herbst 2009, vor der offiziellen Gründung der Stadt Südliches Anhalt, kam er auf - und stieß auf wenig Gegenliebe in vielen Mitgliedsgemeinden der damaligen Verwaltungsgemeinschaft.
