Nachfolgerin Gefunden Nachfolgerin Gefunden: Felicitas Bachmann öffnete vor 30 Jahren ihr Kosmetikstudio in Görzig

Görzig - Das Desinfektionsmittel, das seit Monaten kurz hinter der Eingangstür steht, gehört längst zum Inventar. Wer hineinkommt, nutzt es. Doch selbst diese kleine Hürde schafft es nicht, eine Barriere zwischen denen aufzubauen, die das alte Pfarrhaus in Görzig betreten, um sich hier verwöhnen zu lassen, und denen, deren Arbeitsplatz es ist. In normalen Zeiten. Wenn sich die Welt weiterdreht.
Felicitas Bachmann kann es manchmal gar nicht glauben, dass es ihr Kosmetikstudio mittlerweile seit 30 Jahren gibt. Drei Jahrzehnte, in denen vielen passiert ist. Und drei Jahrzehnte, die gebührend gefeiert werden sollten. Aber was nicht ist, geht nicht, sind sich Firmengründerin und die neue Chefin, Tina Bachmann, einig. Mutter und Tochter ticken – zumindest was diese Einsicht in das Notwendige betrifft – absolut gleich.
Im Dezember 1990 macht sich Felicitas Bachmann mit ihrem Kosmetikstudio selbstständig
Im Dezember 1990 macht sich Felicitas Bachmann endgültig selbstständig. Mit ihrem eigenen Kosmetikstudio. Außerdem bietet sie medizinische Fußpflege an. Zuvor ist sie über Jahre bei der PGH Modefrisur angestellt. Sie führt den Salon in der Mittelstraße in Görzig, als sei es ihr eigener. Kümmert sich um alles: die Termine, die Behandlungen, die Abrechnung.
Nun nutzt sie die Aufbruchstimmung der Wendezeit, um ihren eigenen Salon zu eröffnen. Felicitas Bachmann erhält viel Zuspruch - von ihrer Familie, ihren Kunden. Und wagt den Sprung ins Ungewisse. Sie meldet sie sich bei der Handwerkskammer an. Am 16. Januar 1991 öffnet sie in der Schulstraße.
Für Felicitas Bachmann, die mit leuchtenden Augen von der Anfangszeit erzählt, als sie zehn, zwölf Stunden alleine im Laden steht und das nicht als Belastung empfindet, auch wenn es sie extrem fordert, ist die Selbstständigkeit genau das Richtige. Sie hat eine neue Herausforderung. „Wir mussten uns komplett umstellen. Alles war möglich“, sagt sie. Die Zukunft steht ihr offen.
In der Schulstraße platzt das Studio irgendwann aus allen Nähten
Sie muss entscheiden, welche Produkte sie ordert, welche Pflegelinien, welche Techniken und Anwendungen sie nutzen will und die entsprechenden Anbieter kontaktieren. Die Firmengründerin informiert sich und vertraut bei der Entscheidung für und gegen das eine oder andere Produkt nicht zuletzt ihrem Bauchgefühl: „Ich wollte mich schon immer ein bisschen abheben“, erläutert sie und ist stolz, dass ihr Betrieb bis heute mit den Anbietern von damals eng zusammenarbeitet - sowohl in der Kosmetik als auch in der Fußpflege. „Wir sind diesen Weg gemeinsam gegangen.“ 30 Jahre nun schon.
In der Schulstraße platzt das Studio irgendwann aus allen Nähten. Auf Drängen ihrer Familie setzt sie sich mit der Kirche in Verbindung - und zieht in das leer stehende katholische Pfarrhaus in der Görziger Bahnhofstraße um. Hier kann sie sich ausleben, ihrer Kreativität beim Umbau freien Lauf lassen.
Als ihre Tochter Tina sich entschließt, doch Kosmetikerin und nicht Physiotherapeutin werden zu wollen, ist Felicitas Bachmann erst einmal unsicher, ob das gut sei. „Überleg’s dir gut, mache es nicht meinetwegen“ – das habe sie ihr mit auf den Weg gegeben.
Ihre Tochter, erzählt Felicitas Bachmann, sei „resoluter, konsequenter und sparsamer“
Tina Bachmann, die zwei Mädchen im Alter von 12 und 17 Jahren hat, lernt den Beruf wie ihre Mutter an der halleschen Klosterschule. Seit Sommer 1994 arbeitet sie mit im Geschäft, 2019 übernimmt sie es. Felicitas Bachmann zieht sich allmählich zurück, was ihr, gesteht sie, nicht leicht gefallen sei – bis heute nicht. „Ab und zu gehe ich noch für ein paar Freundinnen in die Kabine“, erzählt sie lächelnd. Und sie kümmere sich um die Buchhaltung. „Ich werde noch gebraucht – und das ist natürlich auch schön.“
Ihre Tochter, erzählt Felicitas Bachmann, sei „resoluter, konsequenter und sparsamer“ als sie. Aber beide machen keinerlei Abstiche, wenn es um die Qualität der Behandlung geht, um den Umgang mit ihren Kunden - wer den Salon betritt, soll sich wohlfühlen, wünschen sie sich.
„Es wird schwer sein, in Muttis Fußstapfen zu treten“
Für Tina Bachmann fühlt sich das immer noch neu an, entscheiden zu müssen, die Zukunft des kleinen Handwerksbetriebes jetzt lenken zu müssen. Sie sei sich lange nicht schlüssig gewesen, ob sie das wirklich will, ob sie es kann. Ob sie die Verantwortung für fünf Mitarbeiterinnen tragen will und den Herausforderungen, die die Selbstständigkeit mit sich bringt, gewachsen ist. Die 44-Jährige entscheidet sich 2019 dafür. Obwohl ihr von Anfang an bewusst gewesen sei, „dass es schwer sein wird, in Muttis Fußstapfen zu treten“.
Felicitas Bachmann muss nicht viel sagen. Es ist unübersehbar, wie gerührt sie ist, dass sich ihre jüngere Tochter für die Nachfolge entschieden hat. „Wir sind sehr stolz auf Tina“, betont sie - und dankbar für all die Kunden, die dem keinen Betrieb seit Jahren die Treue halten. Die Tatsache, dass die Bücher gut gefüllt sind, dass ihre Tochter Pläne für die Zukunft hat, neue Angebote ausprobieren und vielleicht integrieren will, macht der Firmengründerin den Abschied auf Raten um einiges einfacher. (mz)