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Manche pflanzen einen Besenstiel

Von Raimund Leonhardt 09.03.2007, 17:36

Trebbichau/F./MZ. - Von sechs anwesenden Gemeinderäten votierten Klaus Eichhorn, Tino Hilbig und Bürgermeister Olaf Hilbig gegen die Satzung, die sich die Gemeinde selbst vor Jahren gegeben hat. Da sich Elfe Glauch der Stimme enthielt, stand das Ergebnis fest: Trebbichau hat, nachdem der Beschluss am Freitag im Amtsblatt stand, keine Baumschutzsatzung mehr.

Wolfgang Schröter befürchtet einen Schneeballeffekt. "Andere Gemeinden können auch auf diesen Gedanken kommen und ihre Satzung ebenfalls kippen", malt er sich aus, was gar nicht so abwegig ist. Olaf Hilbig hingegen gehört zu denen, die anders als Schröter über die Sache denken. "Jetzt haben wir weniger Bürokratie", sagt der Bürgermeister und ist sich sicher, das auch nach dem Fall der Baumschutzsatzung nicht "Motorsägen-Wild-West" in Trebbichau Einzug halten wird. Bislang ging es fast immer um Fällanträge einzelner Bürger für ein oder zwei Nadelbäume. Die Fichten oder Tannen seien im Garten entweder zu groß geworden, würden zu nah am Haus stehen oder einfach morsch sein.

"Eine umständliche und aufwendige Prozedur liegt hinter uns", meint Hilbig: Die Leute stellten bisher ihren Antrag an den Gemeinderat, der prüfte nach der Satzung, entschied und leitete das Ganze an das Verwaltungsamt in Weißandt-Gölzau weiter, das seinerseits die Unterlagen auf ihre Richtigkeit prüfte und dann grünes oder rotes Licht gab.

Verbunden war das Fällen immer mit einer Auflage: Ersatzbäume mussten für den Gefällten gepflanzt werden. "Das kann leicht in die hundert, zweihundert Euro gehen", sagt Hilbig. Schröter, der auch ehrenamtlicher Naturschutzhelfer ist, gerät angesichts solcher Worte ins Schmunzeln. "Was da gepflanzt wird, hat doch noch nie einer kontrolliert", hat er beobachtet. Nicht selten wird "gar nichts, ein wilder Reiser aus dem Busch oder einfach ein Besenstiel in den Boden gesteckt".

Andreas Rößler, stellvertretender Leiter des Umweltamtes beim Landkreis in Köthen, nennt die Baumschutzsatzung einer Gemeinde eine "freiwilligen Aufgabe, die den Innenbereich der Städte oder auch Dörfer betrifft". Fast alle Gemeinden im Kreis verfügen über eine dementsprechende Satzung, die Teil der kommunalen Selbstverwaltung ist. Damit ist auch klar, dass jeder Gemeinderat - Beispiel Trebbichau - die Satzung auch jederzeit wieder abschaffen kann, wenn die Mehrheit dafür stimmt.

Das ist auch Wolfgang Schröter klar, der mit kleinen Unterbrechungen seit über 40 Jahren im Gemeinderat sitzt. Immer wieder hat er in diesen Jahren gegen den einen oder anderen "Missgriff", wie er es nennt, aufgezuckt. Als Stichworte nennt er die Bäume rings um die Kirche in Hohnsdorf oder die an der Durchgangsstraße in Trebbichau. "Der Freund der Natur", als der sich Schröter sieht, weiß auch, dass er sich mit seinem unermüdlichen Einsatz für die Bäume nicht nur Freunde gemacht hat. "Ich habe schon als Jungpionier im Ort Bäume gepflanzt", erinnert sich der Trebbichauer. Ein Foto davon haben die Autoren der aktuellen Ortschronik, darunter an nicht unwichtiger Stelle Bürgermeister Hilbig, sogar in das kleine Buch über die Geschichte der Gemeinde aufgenommen. Worauf Schröter stolz ist.

Während der Mann möchte, dass innerhalb seines Ortes möglichst der Baumbestand erhalten bleibt, schlagen sich Andreas Rößler und die Mitarbeiter im Umweltamt in Köthen mit größeren Dimensionen herum: Täglich rufen gegenwärtig in der Kreisverwaltung besorgte Bürger an, die über das illegale, wilde und schonungslose Fällen von Bäumen und Baumgruppen im Kreisgebiet Auskunft geben. Allerdings häufig, ohne ihren Namen zu nennen. "Der Holzklau geht um", meint Rößler äußerst ironisch. Die Mittel dagegen sind begrenzt, die Täter treten zumeist erst ab Einbruch der Dunkelheit in Aktion. Aber es gibt auch dreiste Holzdiebe, die ihr sägendes Werk gleich neben dem Straßenrand betreiben.