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Lehrermangel und Gerüchte Lehrermangel und Gerüchte: Akener Grundschule "Werner Nolopp" in der Kritik

Von Sylke Hermann 01.07.2019, 12:39
Dieses Zelt soll den Schülern Schatten spenden.
Dieses Zelt soll den Schülern Schatten spenden. Sylke Hermann

Aken - „Die Schule“, beginnt Lothar Seibt seine Rede, „hat einen sehr schlechten Ruf.“ Kündigungen, ein hoher Krankenstand, zusammengelegte Klassen, moderne Technik, die nur unzureichend genutzt wird. Es ist der Haushalts- und Finanzausschuss des Akener Stadtrates, in dem der FDP-Abgeordnete seinen Ärger kundtut. Der falsche Rahmen. Das weiß Lothar Seibt, dessen Enkelin die Grundschule „Werner Nolopp“ in Aken besucht, „aber ich sitze nun mal nicht im zuständigen Fachausschuss“, erklärt er später gegenüber der MZ.

Was Lothar Seibt in dieser Sitzung vor einigen Wochen sagt, bringt eine kleine Lawine ins Rollen. Ein Gespräch wird anberaumt. Mit der Schulleitung, mit dem Landesschulamt, mit der Stadt, die als Schulträger für das Haus und die Ausstattung zuständig ist, mit den Fraktionen des Stadtrates, wobei SPD und CDU aus verschiedenen Gründen nicht dabei sein können, und mit Lothar Seibt natürlich. Es gibt offenkundig Gesprächsbedarf.

Deutliche Worte zum Zustand der Grundschule „Werner Nolopp“ im Akener Stadtrat

Der FDP-Politiker, der auch in der neuen Legislaturperiode im Stadtrat sitzen wird, findet im Vorfeld deutliche Worte. Er zeigt sein Unverständnis, dass die Kinder spielen, weil kein Lehrer da ist und kein Unterricht stattfindet, dass sie in zusammengelegten Klassen zu viert auf einer Bank sitzen, wo es eigentlich nur zwei sein sollten - „dann brauchen wir auch keine Whiteboards“, provoziert er seinerzeit im Ausschuss.

Ron Gerhardt (parteilos), dessen Tochter die dritte Klasse besucht, spricht davon, dass die Kinder „dort nur aufbewahrt“ werden; „es ist gar nicht möglich, dass sie auf irgendeine Weise gefördert werden“. Und: „Es ist von Jahr zu Jahr schlechter geworden“, ergänzt das Mitglied der SPD-Fraktion und im Elternkuratorium der Klasse seiner Tochter.

Schulleiterin Andrea Hanke-Lemm hört von den Vorwürfen. Und versucht, die Kritik zu entkräften. Die Schule habe zwei Langzeitkranke; „das fangen wir nicht so einfach auf“. Und: Die Fusion der beiden Akener Grundschulen ist jetzt vier Jahre her.

Landesschulamt sieht „eine Situation, die nicht der Norm entspricht“

Andrea Hanke-Lemm, die die Schule seit der Fusion leitet, spricht von einer „außergewöhnlichen Situation“. Rund 210 Kinder lernen jetzt hier. Jeder Raum ist belegt. Aber ein Platzproblem sieht sie dennoch nicht. Nur Unterschiede zum Lernen an der Elbschule und der früheren Nolopp-Schule - „da hatten alle sehr viel Platz“.

Das ist vor der Fusion. Nach der Fusion ist vieles anders. Dennoch: „Wir hatten immer eine gute Unterrichtsversorgung“, betont Andrea Hanke-Lemm, die nicht nur Schulleiterin ist, sondern auch eine Klasse übernommen hat. Zurzeit gibt es elf Lehrer an ihrer Schule und eine Förderschullehrerin.

Kathrin Gebhardt, die zuständige schulfachliche Referentin beim Landesschulamt, sieht an der Nolopp-Schule aktuell „eine Situation, die nicht der Norm entspricht“. Die Lehrkräfte würden „über Gebühr beansprucht“. Sie geht jedoch davon aus, dass „regional spontan kein Ausgleich“ möglich gewesen sei. Was so viel heißt, dass die Akener Grundschule keine Unterstützung von anderen Schulen in der Nähe bekommen kann. „Es gibt einige Schulen, die an ihre Grenzen geraten und dennoch ihr Bestes geben“, formuliert Kathrin Gebhardt im Telefonat mit der MZ.

„Es entspricht nicht im Ansatz der Wahrheit, dass es hier drunter und drüber geht“

Das gemeinsame Gespräch bewerten alle Beteiligten als konstruktiv. Auch Bürgermeister Jan-Hendrik Bahn. Die „Gerüchteküche“ verbreite viel Unwahres über die Schule. Deshalb, so seine Einschätzung, würden sich die Dinge zuweilen „verselbstständigen“. Ja, die Schulleitung habe Klassen aufgeteilt, weil Lehrer krank sind.

Was hier zur Überbrückung passiert, sei „an vielen anderen Schulen gelebte Praxis“. Aber: „Es entspricht nicht im Ansatz der Wahrheit, dass es hier drunter und drüber geht.“ Vielmehr möchte die Stadt, dass die Nolopp-Schule eine der modernsten im Land ist - oder wird.

Die Grundschule „Werner Nolopp“ will sich in Zukunft besser präsentieren

Marko Gregor, der Vorsitzende des Schulelternrates und der SPD-Stadtratsfraktion in der abgelaufenen Legislaturperiode, kündigt ein weiteres Treffen mit dem Landesschulamt in dieser Woche an. Er weiß: Wenn aus drei Lerngruppen zwei werden müssen, weil Lehrer fehlen, „ist das nicht optimal für unsere Kinder“. Zeitweise liege der Krankenstand an der Schule bei nahezu 50 Prozent. Der Schulelternrat sei an einer Lösung interessiert. Und fordert für die Zukunft mehr Konstanz in der Lehrersituation sowie eine bessere Kommunikation.

„Ich hatte das Gefühl“, äußert Lothar Seibt im Nachgang des Gespräches gegenüber der MZ, „dass die Kritik angekommen ist.“ Die Schule will sich in Zukunft besser präsentieren. Das könne ein Ansatz sein. Aber warum sind so viele Lehrer krank? Er wisse es nicht, könne nur Vermutungen anstellen. „Dass die Schule nicht den besten Ruf hat, ist Fakt.“ Er sei, betont Lothar Seibt, „kein Nestbeschmutzer - es geht darum, dass wir etwas Positives für unsere Kinder erreichen“. (mz)

Aken hat Fördermittel für die Nolopp-Schule beantragt. Für eine neue Klingel, ein Sonnensegel über dem Spielgerät, ein Ballfangnetz. Im dritten Quartal sollen die Maßnahmen nach Aussage der Stadtverwaltung umgesetzt werden.

Auch für den Schulhof soll es Verbesserungen geben. Die Kinder werden einbezogen - und befragt. Beim Land stehen 150.000 Euro für die Verbesserung der Schulinfrastruktur zur Verfügung. Bis Ende 2019 müssen die Mittel abgefragt werden.