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Seltsame Wesen im Park Köthener „Schlosstraum“ bringt Künstler und Publikum nach langem Warten wieder zusammen

Am 31. Juli kommen Künstler nach Köthen, die ihr Publikum einfach nur verzaubern wollen. Hahnemann und die Homöopathie bilden den Rahmen.

Von Sylke Hermann 10.07.2021, 14:00
Beim  „Schlosstraum“ sind Markus Eisolt und Dorothee Molitor von „Pantao“  als Baumwesen auf Stelzen im Schlosspark unterwegs.
Beim „Schlosstraum“ sind Markus Eisolt und Dorothee Molitor von „Pantao“ als Baumwesen auf Stelzen im Schlosspark unterwegs. (Foto: KKM)

Köthen/MZ - Die vermeintlich erfreuliche Nachricht ist gar keine. Zumindest nicht für all jene, die gern im Köthener Schlosspark träumen würden. Die Veranstaltung ist ausverkauft. Binnen weniger Tage. Über 400 Karten weg.

Christine Friedrich, die Geschäftsführerin der Köthen Kultur und Marketing GmbH (KKM), könnte sich Schlimmeres vorstellen. Zeige es doch, dass der Termin zum Ende der Spielzeit gut gewählt ist - trotz der Sommerferien. Am 31. Juli gibt es die zweite Auflage des „Schlosstraums“. Ein Format, das das Publikum mit künstlerischen Darbietungen im gesamten Park verzaubern will.

Zur blauen Stunde werden im Köthener Schlosspark am 31. Juli sonderbare Gestalten erwachen

Getreu dem Konzept aus dem Vorjahr werden sich die Darsteller auf Wiesen und Wegen, am Schlossgraben, im Schlosshof tummeln. Und da es vermutlich unter den Gästen zahlreiche „Wiederholungstäter“ geben dürfte, wie im Pressegespräch gemutmaßt wird, setzt Susanne Linzer als künstlerische Leiterin auf komplett neue Künstler. Einer bleibt hier außen vor: Stephan Masur, bekannt aus dem Varietéspektakel „la cour“. Der ist wieder dabei.

Zur blauen Stunde werden im Köthener Schlosspark am 31. Juli sonderbare Gestalten erwachen. Etwa ein Süßigkeitenverkäufer mit seltsamen Augen, die den Betrachter dahingehend einigermaßen im Ungewissen lassen dürften, ob es sich bei dem Wesen um einen Menschen oder Roboter handelt.

In der hohen Kunst des Seiltanzes hat sich die Akrobatin Marie Juana Jimenez das Schlappseil ausgesucht und wird sicher auch in Köthen begeistern.
In der hohen Kunst des Seiltanzes hat sich die Akrobatin Marie Juana Jimenez das Schlappseil ausgesucht und wird sicher auch in Köthen begeistern.
(Foto: KKM)

Auch mischen sich einige falsche Ärzte unters Publikum und treiben dort ihr Unwesen, wie es heißt. Der als Wunderheiler verkleidete Stephan Masur ist einer von ihnen. Und wie Susanne Linzer schon heute annimmt, dürfte der am Folgetag eiligst nach Hause zurückkehren müssen, um sich nicht mit den Folgen seiner „Behandlungen“ auseinandersetzen zu müssen.

Berliner Neurobiologe bringt Wissenschaft und Unterhaltung äußerst unterhaltsam in Einklang

Mit Dr. Jochen Müller erwartet Köthen einen Gast, der unterhaltsam zu erörtern vermag, warum eine Wirkung auch ohne Wirkstoff erzielt werden kann. Der Berliner Neurobiologe bringt Wissenschaft und Unterhaltung äußerst unterhaltsam, wie es heißt, in Einklang. Die künstlerische Leiterin kündigt einen Vortrag „mit viel Witz“ an und eine Menge „zum Schmunzeln“.

Apotheker - gewiss keine echten - mit homöopathischen Kenntnissen werden zum „Schlosstraum“ überall gesichtet. Sie treten an, um mit ihren durchaus vorzeigbaren Jonglage-Fertigkeiten zu begeistern und wie allerorten gewünscht, zum Träumen zu animieren. Genauso hat Berta Canbeldek das vor. Die weißen Bälle erinnerten Susanne Linzer als allererstes an Globuli, die kleinen, aus der Homöopathie bekannten Kügelchen, deren Wirkung an diesem Abend im Park einigermaßen bezweifelt werden darf.

Selbst Sandkügelchen will Sven Böker am 31. Juli gekonnt in Szene setzen

Doch für Unterhaltungszwecke lassen sie sich offenbar bestens einsetzen. Selbst Sandkügelchen will Sven Böker am 31. Juli gekonnt in Szene setzen. Nur wie, das bleibt noch das Geheimnis der Veranstalter. Nur so viel: Es soll mit einer Handstandakrobatik zu tun haben.

Stephan Masur  erscheint in der Rolle und Tradition eines  Wunderheilers.
Stephan Masur erscheint in der Rolle und Tradition eines Wunderheilers.
(Foto: KKM)

Und dann wäre da noch eine etwas größere, durchsichtige Kugel mit einem Durchmesser von 2,7 Metern, in deren Innenleben eine Choreographie vertanzt werden soll. Angekündigt als „Spheric E-motion“.

Falls die Besucher irgendwo im Park einem gewissen Herrn Stanke begegnen sollten, dann vermutlich in betrunkenem Zustand, den seine hervorgezauberten Arzneimittelchen verursachen.

20 Mitwirkende des Köthener Vereins Rondo la kulturo sind erneut dabei

Unübersehbar ist, dass dieser „Schlosstraum“ ganz im Zeichen des Kötheners Dr. Samuel Hahnemann steht, dem die Köthen Kultur und Marketing GmbH im Schloss derzeit die Ausstellung „1821 - Hahnemann in Köthen“ widmet. Allerdings tritt man keineswegs an, die leidgeplagten Kulturschaffenden bestenfalls in homöopathischen Dosen anzubieten. Ganz im Gegenteil. Zwölf verschiedene Darbietungen werden an den einzelnen Spielstätten unter freiem Himmel zu erleben sein. Mittendrin Stelzenläufer, Akrobatinnen, Tänzerinnen, Jongleure, Komiker und Musiker.

20 Mitwirkende des Köthener Vereins Rondo la kulturo sind erneut dabei, um das Publikum auf eine kleine Zeitreise zu entführen. „Wir sind nicht mehr im Barock, sondern im Biedermeier; Menuett wurde noch getanzt, aber der Walzer kam schon in Mode“, formuliert Kerstin Beutler, die für Öffentlichkeitsarbeit im Verein zuständig ist. Es könnte sogar sein, dass in Gestalt von Steffen Fischer, der unter anderem Dudelsäcke baut, Hahnemann höchstselbst im Park erscheint.

Für die mitwirkenden Kunstschaffenden ist dieser „Schlosstraum“ nach wie vor eine der seltenen Gelegenheiten sich zu zeigen

Es soll „ein kleines historisches Feuerwerk“ geben, nicht fehlen dürfen die herzoglichen Kanonenschläge, und die neu gegründete Tanzgruppe „da capo“ wird sich dem Publikum präsentieren. Kerstin Beutler: „Das hat uns im vergangenen Jahr so viel Spaß gemacht, dass wir uns freuen, in diesem Jahr wieder dabei sein zu dürfen.“

Für die mitwirkenden Kunstschaffenden, betont die KKM-Geschäftsführerin, ist dieser „Schlosstraum“ nach wie vor eine der seltenen Gelegenheiten, sich zu zeigen. „Die Pandemie hat bei vielen schmerzhafte Einschnitte verursacht - finanziell und seelisch. Das ist nicht mit einer niedrigen Inzidenz geheilt. Viele Künstler“, erinnert Christine Friedrich, „sind in ihrer Existenz bedroht.“

Sie hoffe deshalb, dass Veranstaltungen wie diese es „tatsächlich schaffen, Künstler und Publikum zu begeistern und dazu beitragen, das kulturelle Leben in Köthen wieder mitzugestalten“.