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Köthener Lackfabrik Köthener Lackfabrik: "Lackbude" ist 120 Jahre alt

Von Helmut Dawal 08.05.2015, 06:51
Christian Schulze bestückt die Abfüllmaschine mit leeren Behältern in der Lackfabrik der Lacufa Gmbh. Die Fabrik gibt es seit 120 Jahren in Köthen.
Christian Schulze bestückt die Abfüllmaschine mit leeren Behältern in der Lackfabrik der Lacufa Gmbh. Die Fabrik gibt es seit 120 Jahren in Köthen. Rebsch Lizenz

Köthen - Die Köthener Lackfabrik besteht seit nunmehr 120 Jahren. Das Jubiläum ist für die Geschäftsleitung Anlass, am 9. Mai die Türen des Betriebes für Interessierte weit zu öffnen. Zugleich ist es Gelegenheit, die Geschichte der „Lackbude“, wie der Betrieb im Volksmund genannt wird, Revue passieren zu lassen. Die begann im Jahr 1895, als die Fabrikanten Beck und Lührs die Lackfabrik gründeten. „Zuerst wurden Ölfarben produziert“, schilderte Werkleiter Hans-Jürgen Bauer. Einen Einschnitt erlebten die Besitzer des Betriebes im Jahr 1953, als sie durch den Staat enteignet wurden.

Ab 1953 volkseigener Betrieb

Es entstand der VEB Lack- und Kunstharzfabrik Köthen. Im Werk wurden neben Lacken auch Bindemittel in kleinerem Umfang hergestellt. 1962/63 begann in der DDR die Zentralisierung der Industrie, es bildete sich die Vereinigung volkseigener Betriebe (VEB) Lacke und Farben, ein Zusammenschluss aller Betriebe, die Farben produzierten. 1973 entstand daraus das Kombinat Lacke und Farben, dem auch das Werk in Köthen zugeordnet wurde. 1974/75 erfolgte eine große Investition, wurde die Fabrik neu gebaut. 1976 nahm das neue Werk die Produktion auf, mit einer respektablen Leistung. „In Köthen wurden pro Jahr 50 000 Tonnen Alkydharzlacke hergestellt“, nannte Bauer eine Zahl. Davon blieb aber nicht alles im Lande. 40 Prozent der Jahresproduktion wurden in die Sowjetunion exportiert.

Damals gehörte die Lackfabrik zu den Großbetrieben der Region. Zwischen 450 und 500 Menschen arbeiteten hier. Ein nicht unbeträchtlicher Teil waren Handwerker und Schlosser, die die Produktionsanlagen in Schuss hielten. „Damals wurde ja fast alles selber gebaut und instand gesetzt“, erzählte Hans-Jürgen Bauer. „Heute kommen wir mit fünf eigenen Handwerkern aus. Was sie nicht schaffen, lassen wir durch Dienstleister aus der freien Wirtschaft erledigen.“

Der Tag der offenen Tür in der Lacufa GmbH Köthen am Sonnabend, dem 9. Mai, steht unter der Überschrift „120 Jahre Lacke aus Köthen“. Von 10 bis 16.30 Uhr können sich die Besucher erklären lassen, wie Farbe hergestellt und verarbeitet wird. Geboten wird ein buntes Rahmenprogramm mit Segway-Fahren, dem Belantis-Freizeitmobil, Stapler-Fun, Rennboot-Fahren, mittelalterlichem Bogenschießen, Bastelstraße, Kinderschminken, der Caparol-Hüpfburg und anderem mehr. Jugendliche können sich zudem über die Ausbildungsmöglichkeiten informieren.

Hans-Jürgen Bauer ist seit 2001 Werkleiter in Köthen. Er hat in Jena Chemie studiert und in mehreren Lackfabriken gearbeitet. Neben seiner Funktion als Werkleiter in Köthen betreut er auch mehrere kleine Produktionsstandorte der DAW-Gruppe in Osteuropa, die Lacke für die einheimischen Märkte produzieren.

Als die D-Mark eingeführt wurde, begannen für die Lackfabrik schwere Zeiten. „Die Exporte nach Osteuropa brachen zusammen. Die Partner dort konnten nicht mit D-Mark bezahlen. Auch der inländische Markt gestaltete sich schwierig“, erinnerte Hans-Jürgen Bauer. Was schwerwiegende Folgen hatte und zu einem drastischen Personalabbau führte. 1992 erfolgte die Privatisierung des Köthener Betriebes durch die Treuhand. Den Zuschlag erhielt das traditionsreiche Familienunternehmen Deutsche Amphibolin-Werke (DAW) mit Hauptsitz in Ober-Ramstadt.

Nicht alle Privatisierungen nach der Wende gingen glatt. Für die Lackfabrik Köthen aber war die Übernahme durch DAW ein glücklicher Umstand. „Alle Auflagen der Treuhand wurden erfüllt, die vereinbarten Arbeitsplätze wurden gesichert, es gab eine große Investition“, betonte der Werkleiter. Rund 50 Millionen D-Mark wurden investiert. Ein neues Produktionsgebäude entstand und ging 1998 in Betrieb. Zudem wurde die aus den 70er Jahren stammende Produktionsstätte saniert. „Es ging wieder aufwärts in Köthen“, sagte Hans-Jürgen Bauer.

Rund 100 Beschäftigte stehen heute bei der Lacufa GmbH Köthen in Lohn und Brot. Im Sommer, wenn die Nachfrage nach Produkten besonders hoch ist, kommen noch 15 Leiharbeiter hinzu. Im Betrieb am Ratswall werden jährlich rund 14.000 Tonnen Farben hergestellt, die vor allem für den Hobby-Handwerker bestimmt und in Baumärkten zu finden sind. Gegenüber den Zahlen aus DDR-Zeiten nimmt sich die Produktionsmenge gering aus. „Doch die Komplexität hat sich erweitert. Wir haben über 500 verschiedene Rezepturen, das Sortiment ist sehr breit“, hielt der Werkleiter dagegen. Auch die Gebindevielfalt sei größer geworden. Abgefüllt werden Köthener Farben in zehn verschiedenen Behältern - vom 125-Milliliter-Döschen bis zum Zehn-Liter-Eimer.

Export vor allem nach Russland

Rund 2 000 Tonnen Lacke aus Köthen werden pro Jahr nach Osteuropa exportiert und zwar vor allem nach Russland. In den vergangenen drei Monaten allerdings haben sich Bauer zufolge die Währungsturbulenzen beim Rubel nachteilig für das Werk in Köthen ausgewirkt. „Wir konnten nicht so viel Produkte wie geplant absetzen. Jetzt sieht es aber so aus, als ob sich der Rubelkurs wieder stabilisiert“, informierte der Werkleiter. (mz)

Weitere Informationen unter www.daw.de

In der Produktion laufen die leeren Behälter auf dem Band zu den Abfüllmaschinen.
In der Produktion laufen die leeren Behälter auf dem Band zu den Abfüllmaschinen.
Rebsch Lizenz
An den Abfüllmaschinen werden die Behälter bemessen mit Farbe oder Lack gefüllt.
An den Abfüllmaschinen werden die Behälter bemessen mit Farbe oder Lack gefüllt.
Rebsch Lizenz
Im Werk am Ratswall werden Farben und Lacke hergestellt.
Im Werk am Ratswall werden Farben und Lacke hergestellt.
Heiko Rebsch Lizenz