Traum erfüllt Köthener Kahnke-Mühle zur Pension ausgebaut

Köthen - Eine Frage hat sich Martin Winkler in den vergangenen Jahren nicht nur einmal gestellt: „Warum hast du dir nicht einfach eine Wohnung genommen?“
Streichen. Einrichten. Fertig. Der 30-Jährige kennt sich zu gut, um zu wissen, dass das für ihn nicht wirklich infrage gekommen wäre. „Ich wollte keine Null-Acht-Fünfzehn-Wohnung.“ Er wollte etwas Besonderes. Etwas Ungewöhnliches. Und er fand es. Am Rand von Köthen.
Möbel für die Pension selbst gebaut
Stolz führt Martin Winkler seine Gäste durch die Pension. In einer Etage des Lagerhauses der alten Kahnke-Mühle hat der junge Mann einige Zimmer zur Vermietung eingerichtet. Er öffnet die erste Tür. Dahinter: ein heller Raum mit Doppelbett. „Ich habe alles selbst gebaut“, sagt er und streicht mit der Hand über die Balken. „Das Holz ist geölt, nicht lackiert. Das sieht natürlicher aus.“ Unweit des Bettes steht ein Waschtisch aus Holz. Über dem Spiegel an der Wand hängt eine Lampe. Ein Rohr mit einer Glühbirne. Auch selbst gemacht.
Die Zimmer hat Martin Winkler im Industriestil eingerichtet. Dunkles Holz, blankes Metall, nackter Beton. Passend zur alten Mühle. Er hat versucht, viel von dem zu verwenden, was sonst vernichtet worden wäre. Das Bett besteht aus Dachbalken des inzwischen abgerissenen Vorderhauses. Die Türen sind vom Müll. Sie waren mal hell und steril - und haben jetzt eine Rostoptik. Im Flur hängen die alten Fenster des Lagerhauses. Dekoriert mit Gläsern, Holzscheiben und Korken.
Seit einem Jahr kann in der Pension „Zur Mühle“ am Güterseeweg übernachtet werden. Seine ersten Gäste, erinnert er sich, hätten etwas verdutzt geguckt. Ringsherum sah es nach Baustelle aus. Sie seien dennoch zufrieden gewesen, erzählt der Köthener. Wie inzwischen viele weitere Gäste. „Die Leute sind begeistert, wenn sie die Zimmer sehen.“ Er habe sogar schon Gäste gehabt, die ihn gefragt hätten, ob er ihnen nicht auch ein solches Bett bauen könne. Ein Kompliment für Martin Winkler. Doch dafür hat er keine Zeit.
Eigene vier Wände auf dem Gelände der Köthener Mühle
Zu viel ist noch zu tun. Eigentlich wollte er längst eingezogen sein. Die beiden Etagen über der Pension hat der junge Mann für sich ausgebaut. Er setzt dabei auf den gleichen Stil wie in seiner Pension. Helle Räume mit Holz, Metall und Beton. „Ich mag diesen Loft-Charakter im Industriestil“, sagt er.
Martin Winkler, der als Berufsfeuerwehrmann arbeitet, hat alles in sein Projekt gesteckt. Seine Freizeit. Sein Geld. „Ich bin froh, dass ich es gemacht habe“, sagt er. Die eigenen vier Wände sind für den 30-Jährigen mehr als nur eine Altersvorsorge. Sie sind ein Lebenstraum.
2014 hatte er die 1869 errichtete Bruchstein-Mühle mit ihrem Lagerhaus und ihrem großen Außengelände im Internet gesehen. Für 40 000 Euro. Ein Schnäppchen, fand er und schlug zu. Das Gelände war verwildert. Er brauchte ein Jahr, um es einigermaßen ansehnlich zu machen. Im zweiten Jahr nahm er sich das heruntergekommene Lagerhaus vor. Sichten, aufräumen, planen. Er sprach mit Architekten und Banken.
980 000 Euro sollte die Sanierung kosten. Das hatte der erste Architekt überschlagen. Eine Summe, die Martin Winkler deutlich zu hoch erschien. Er holte eine weitere Schätzung ein. 500 000 bis 600 000 Euro. Immer noch zu viel. Ein Handwerker gab ihm Tipps, vermittelte Kontakte. Das Ziel war, es mit halb so viel zu schaffen. Dennoch: Die Banken waren skeptisch. Die meisten fanden sein Vorhaben zu gewagt. Nur eine Bank glaubte an ihn und seinen Traum - und gewährte ihm einen Kredit.
Drei riesige Räume. Jeweils 140 Quadratmeter. „So viel Platz braucht kein Mensch“, hatte sich Martin Winkler damals gesagt. Ihm kam die Idee mit der Pension. Zum einen, um den Platz im Lagerhaus zu nutzen. Zum anderen, um seinen Traum zu finanzieren. Zuerst machte er die Pension fertig.
Sechs Zimmer können vermietet werden. Vier einfache mit Doppelbett und offener Dusche. Eins mit Küche. Eins mit Küche und Wohnzimmer. Dass die Pension so gut angenommen wird, auch ohne Werbung zu machen, überrascht den Inhaber. Viele kommen über Pfennigs Partyservice nebenan zu ihm.
Als Lager genutzt
Über einen Durchgang führt Martin Winkler seine Gäste in die Mühle. Der runde Turm aus Bruchsteinen hatte zuletzt vier Flügel. Gemahlen wurde bis Ende der 1950er Jahre, der Mühlstein kam ins Museum. Danach diente die Mühle als Lager für Laborglas. Heute steht der Bau unter Denkmalschutz. Hier will der Köthener seinen Gästen ein besonderes Erlebnis bieten: „Viele würden gern mal in einer Mühle schlafen.“ Er will genau das möglich machen.
Wahr gemacht hat Martin Winkler seinen Traum nicht allein. Sein Onkel ist ihm eine große Hilfe. Und auch der Rest der Familie. Um „Danke“ zu sagen, hat der junge Mann seinen 30. Geburtstag am Samstag groß gefeiert. Denn ohne die Hilfe seiner Familie und Freunde, das möchte er nicht ungesagt lassen, wäre alles langsamer gegangen. Deutlich langsamer.
››Seit einigen Tagen hat Martin Winkler unter www.zur-muehle-koethen.de eine Internetseite für seine Pension. (mz)


