Köthen Köthen: Zelt unterm Hammer
KÖTHEN/MZ. - Einsam stand der Kontrabassspieler am Mittwoch im Vorzelt der ehemaligen Diskothek Live Musik Circus (LMC). Ein Liebhaber hatte sich für den 2,20 Meter hohen Stahlmann noch nicht gefunden. Selbst nach der Versteigerungsaktion weilte die Skulptur an ihrem angestammten Platz.
Tausende kennen den Kontrabassspieler von ihren Disko-Besuchen. Am Eingang zum kleinen Zelt stehend, ist der stählerne Musiker zu einem Maskottchen des LMC geworden. Ebenso wie Sonne und Mond, die von der firmamentgleichen Plane hinunterzublicken scheinen. Am Mittwoch sollten die vertrauten Symbole unter den Hammer kommen.
Das Startgebot für den Kontrabassspieler lag bei 250 Euro. 1 000 Euro waren es für die vier Meter große Sonne. Für 800 Euro hätte der vier Meter lange Mond ersteigert werden können. An den Mann oder die Frau wurde keines der Objekte gebracht. Die Resonanz auf die Versteigerungsaktion ließ wahrlich zu wünschen übrig. "Leider ist die Nachfrage nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten", bedauerte Hans-Bernhard Pikkemaat am Mittwochnachmittag.
Mit 200 bis 300 Bietern hatte der Geschäftsführer der Live Music Circus GmbH gerechnet. Gerade einmal fünf waren in die Diskothek am Elsdorfer Weg gekommen. Dass der Termin unglücklich gewählt worden war, glaubte er nicht. Immerhin seien vor allem Betreiber von Clubs und Diskotheken eingeladen gewesen und die hätten nun einmal eher in der Woche als am Wochenende Zeit.
"Die Clubs sind ausgestattet", merkte Matthias Ziemendorf an. Den Mitbetreiber der Magdeburger Diamant Fabrik Brauerei überraschte es nicht, dass sich nur wenige Interessenten für das Inventar des LMC eingefunden hatten. Er machte deutlich, dass Bars und Lichttraversen nicht gebraucht würden. Zumindest nicht von den Betreibern bestehender Clubs und Diskotheken. Für die Diamant Fabrik Brauerei hat Matthias Ziemendorf am Mittwoch zwei Videoleinwände ersteigert.
"Die Sahnestücken sind raus", stellte Enrico Olbrich fest. Der künftige Betreiber der Diskothek Mirage in Ballenstedt sprach damit die Musikanlagen an, die bereits vor der Versteigerung verkauft worden waren. Bei der Auktion hat er trotzdem zugeschlagen. An den sanitären Anlagen war er besonders interessiert. Zehn Toilettenbecken, sechs Türen inklusive Rahmen sowie elf komplette Toilettenkabinen hat Enrico Olbrich für das Mirage ersteigert, dessen Sanitärbereich er erneuern will. Die Garderobe des LMC ging ebenfalls nach Ballenstedt.
Chris Penkuhn, langjähriger DJ der Diskothek, leitete die Auktion. Position 49 schlussendlich zur Versteigerung freizugeben, fiel ihm hörbar schwer. Ein lautes Seufzen. Dann ging er auf das große Chapiteau ein - die fünf Jahre alte Plane mit einem Durchmesser von 38 Metern, Gestänge, Stützstangen und Halteseile. Das Startgebot lag bei 15 000 Euro. Keiner der fünf Bieter hielt seine Karte nach oben. Ein Mann und eine Frau, die der Veranstaltung zunächst unscheinbar beiwohnten, hatten nach der Auktion Interesse am Chapiteau bekundet. Für ein Interview standen sie nicht zur Verfügung.
Allen Unkenrufen zum Trotz ist die Ära der Diskothek damit zu Ende. Das hat spätestens die Versteigerung gezeigt. Wann das Zelt abgebaut wird und nur noch ein großer Schotterplatz an die glorreichen Jahre des LMC erinnert, darüber konnte Hans-Bernhard Pikkemaat am Mittwoch keine genauen Angaben machen. "So schnell wie möglich", machte der Geschäftsführer deutlich. Dass es so weit kommen musste, stimmte ihn nachdenklich. Als Hans-Bernhard Pikkemaat nach der Auktion in Erinnerungen schwelgte, entfuhr ihm ein sehnsüchtig-trauriges "Schade".
Die Diskothek in Köthen zu halten, war undenkbar geworden. Nicht nur, weil die Betreiber insolvent gegangen waren. Der Schotterplatz an der Baggerkiete - das hatte das Hochwasser gezeigt - eignet sich nicht mehr als Standort. Dass Diskotheken öffnen und wieder schließen, gehört für Geschäftsführer wie ihn zum Alltag. Mit 20 Jahren ist der LMC ein Urgestein. "Für eine Diskothek ist das eine lange Zeit", machte Hans-Bernhard Pikkemaat am Mittwoch deutlich.
Das Zelt, wie früher in der Diskoszene üblich, von Ort zu Ort ziehen zu lassen, hat der Geschäftsführer nicht vor. Das sei zu stressig. "Irgendwann geht überall der Applaus zu Ende", wurde Hans-Bernhard Pikkemaat poetisch. Für den LMC. Und auch für den Kontrabassspieler, für den sich mittlerweile ein Liebhaber gefunden hat.