Köthen Köthen: Seltene Leidenschaft in Köthen ausgelebt
KÖTHEN/MZ. - Über 600 Kilometer Anfahrtsstrecke nahmen die beiden auf sich, um bei der Köthener Zollstockbörse mit dabei zu sein. Schon einen Tag zuvor waren Wolfgang Breuer und seine Frau Anne aus Simmerath bei Aachen angereist. Und das nicht zum ersten Mal: Breuers hatten bereits ihren dritten Köthener Auftritt in Sachen Zollstock. Nicht ohne Grund, denn schließlich ist die Bachstadt eine Hochburg der Zollstockfreunde.
Der Sammler aus Nordrhein-Westfalen ist von Beruf Tischler, was ihn einst zu seiner Sammelleidenschaft geführt hatte. Auch seine Frau Anne hat er später mit dem Sammlervirus infiziert. Deshalb gehen die beiden stets gemeinsam auf Tour. Mehrere Tausend Stück zählt inzwischen ihre Sammlung, für die sich die beiden auf eine ganz bestimmte Sorte der Gliedermaßstäbe spezialisiert haben. Denn die Breuers sammeln nur solche Zollstöcke, die von allen vier Seiten mit einem Aufdruck versehen sind. In Köthen wurden sie fündig und konnten eine große Anzahl der gesuchten Stücke in ihre Sammlung neu einreihen. Die Fahrt hat sich also für das Sammlerpärchen gelohnt.
Auf dem bundesweiten Zollstock- sowie Kulimarkt, der in der Mensa der Köthener Hochschule stattfand, konnten Stücke getauscht und auch gekauft werden. Sammler aus der gesamten Bundesrepublik waren dafür nach Köthen gereist. Viele nutzten die Gelegenheit und kamen früher hier an, um sich mit Sammlerfreunden zu treffen. "Wir saßen gestern Abend schon alle zusammen im Brauhaus", freut sich der Vorsitzende der Zollstockfreunde, Bernd Rogaischus. Denn die Sammelleidenschaft, so Rogaischus, sei nur die eine Seite. Die andere Seite an der ganzen Aktion ist das Zusammengehörigkeitsgefühl der einzelnen Sammler. Es sind inzwischen Freundschaften unter ihnen entstanden, so dass viele sich immer doppelt auf Köthen freuen: Einmal wegen der guten Chancen, der Sammlung wieder ein seltenes Stück hinzufügen zu können. Und zum anderen des Wiedersehens mit alten Freunde wegen.
Ebenso empfand es auch Rolf Kirchner, der aus Eisenach anreiste. Halb vier Uhr morgens hatte er sich ins Auto gesetzt, um pünktlich in Köthen zu sein. Auch Kirchner fand vor zehn Jahren über seinen Tischlerberuf zu diesem Hobby. Seine Sammlung umfasst inzwischen 7 600 Stück. Eine stattliche Anzahl, wie er jedoch betont, ist dies noch längst nicht die größte Sammlung.
In der Köthener Mensa jedenfalls herrschte am Sonntagmorgen großer Andrang. Während die zahlreichen Sammler nach neuen Stücken stöberten, sorgte ein echter Zollstockclown auf der Bühne für Unterhaltung. Clown Männlein alias Jürgen Demant, der sonst als Clown-Doktor kranke Kinder belustigt, stellte auf der Bühne allerhand kuriose Dinge mit dem Messwerkzeug an. Die Künste des Mainzers wurden anschließend mit einem Zollstock-Oskar gewürdigt.
Auch an weitere verdienstvolle Zollstockfreunde wurden am Sonntag die begehrten Trophäen verliehen. Diese gingen an Frank Pampel und Wolfgang Reichert, die sich auch übers Sammeln hinaus mit der Geschichte rund um den Gliedermaßstab beschäftigen. Ebenso hielt es Bernd Rogaischus für an der Zeit, einmal die Mitarbeiter der Firma "Diamant", Thomas Albers und Horst Malinowski, mit einem Oskar zu prämieren. Diese nämlich lieferten schon zum 20 Male die jeweiligen Sonderzollstöcke und zählen damit zu den Sponsoren.
Allgemein war der Vorsitzende des Vereins "97 Zoll Anhalt - Zollstockfreunde Pfriemsdorf / Köthen" mit dem Verlauf und dem Zuspruch sehr zufrieden. Etwa 500 Leute, so schätzt Rogaischus, besuchten am Sonntag die 26. bundesweite Zollstock-und Kulibörse. Ein Beweis dafür, dass Köthen als Mekka der Zollstockfreunde gilt.