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Köthen Köthen: Pflanzen können Hautausschlag verursachen

Von Claus Blumstengel 23.07.2012, 17:41

Köthen/MZ. - Einen Riesenschreck bekam vor kurzem MZ-Leserin Silvia Friedrich, als sie am Morgen aufwachte. "Ich hatte an den Unter- und Oberarmen lauter kleinere und größere rot entzündete Flecke, die erheblich brannten. Nach einigen Tagen waren meine Arme mit Blasen übersät. Es sieht aus, als ob ich mich verbrannt hätte", berichtet sie. Sofort fiel ihr ein Beitrag in der Köthener MZ ein. Da war vor Riesen-Bärenklau gewarnt worden, der unter anderem an der Eisenbahnbrücke am Güterseeweg wuchs und eben solche Hautreizungen auslösen kann. Doch mit Bärenklau, da war sich Silvia Richter sicher, war sie nie in Kontakt gekommen.

Da fiel ihr ein, dass sie am Tag zuvor in ihrem Garten gearbeitet hatte. "Bei uns im Garten wächst seit vielen Jahren Akelei, die sich sehr vermehrt. Wie jedes Jahr habe ich die verblühten Blätter der Akelei abgeschnitten. Die Köthenerin fragt sich nun, ob Akelei tatsächlich die gleichen Symptome hervorrufen kann wie der Riesen-Bärenklau. Daran zweifelt sie. "Ich schneide schließlich jedes Jahr die alten Blätter der Akelei ab. Jahrelang habe ich diese Pflanze im Garten, und nie ist etwas passiert", berichtet sie.

In Internet-Foren kursieren allerdings etliche Warnungen vor "Aquilegia", der Akelei, von der es 70 Arten gibt. Der Verzehr ihrer Blätter führe zu Krämpfen, Atemnot und Herzbeschwerden. Verantwortlich dafür ist das Gift Magno-florin sowie ein Blausäure bildender Inhaltsstoff. Bei längerem Hautkontakt seien Hautreizungen und Blasenbildung - wie bei Silvia Richter - möglich, heißt es in einem Garten-Forum.

Das können von der MZ befragte Fachleute nicht bestätigen. Mirko Hobert, Abteilungsleiter im Zentrum für Gartenbau und Technik Quedlinburg, hat von einer derart aggressiven Wirkung der Akelei noch nichts gehört. "Mir ist davon nichts bekannt", sagte auch Wolfram Kircher, Professor für Botanik am Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung der Hochschule Anhalt in Bernburg-Strenzfeld. Einen Patienten mit Hautschädigung nach dem Kontakt mit Akelei habe sie in ihrer Praxis noch nicht gehabt, informiert Ines Brautzsch vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen. Regelmäßig kämen aber Patienten mit Hautreizungen in ihre dermatologisch-allergologische Praxis in Bad Berka, nachdem sie Rasen gemäht oder eine Hecke verschnitten haben, berichtet die promovierte Medizinerin. "Meist kennen die Patienten die Ursache nicht, manchmal lassen sich diese phototoxischen Lichtdermatosen aber auf den Riesenbärenklau zurückführen", so Brautzsch. Dass die schweren Hautirritationen bei Silvia Friedrich von Akelei verursacht wurden, hält die Dermatologin aber trotzdem für möglich. Es könne sich um eine "Kontaktallergie" handeln. Das sollte die Köthenerin unbedingt von einem Hautarzt klären lassen, so Brautzsch.

Freunden von Zierpflanzen rät sie zu vorsichtigem Umgang mit bestimmten Arten. So gebe es allein 300 verschiedene Arten Schmetterlingsblütler mit phototoxischer Wirkung, häufig rufe auch Johanniskraut Hautreaktionen hervor, ebenso Engelwurz.

Dr. Mirko Hobert vom Zentrum für Gartenbau und Technik kennt ebenfalls viele "Kandidaten" im Garten oder auf der Fensterbank, die längst nicht so harmlos sind, wie sie aussehen. Die Dieffenbachie zum Beispiel, eine uralte, 1829 erstmals beschriebene Zierpflanze. "Mancher hat vielleicht von der Großmutter eine Dieffenbachie geerbt und weiß gar nicht, dass deren milchiger Saft stark hautreizend ist", äußert er. Überhaupt sei bei allen Sukkulenten Vorsicht geboten, beim Christusdorn zum Beispiel. Selbst der allseits beliebte Weihnachtsstern könne bei empfindlichen Menschen Hautveränderungen hervorrufen, wenn er auch nicht ganz so aggressiv sei.

Soll man nun solche Pflanzen, die man vielleicht über viele Jahre gepflegt hat, einfach wegwerfen? "Nein", sagt der Abteilungsleiter des zur Landesanstalt für Landwirtschaft, Forschung und Gartenbau in Bernburg gehörenden Zentrums entschieden. "Sie sind ja schön und eigentlich harmlos, wenn sie auf der Fensterbank stehen." Beim Verschneiden oder Umtopfen allerdings sollte man Handschuhe tragen und Kinder fernhalten.

Als weiteres Beispiel nennt Mirko Hobert die Eibe. Obwohl fast jeder wisse, dass die giftig ist, hätte so mancher im Garten eine Eibenhecke. Auch die könne man getrost stehen lassen. Wichtig sei nur, Kindern einzuschärfen, dass sie die Beeren nicht essen dürfen.

"Ich habe jetzt dazugelernt", sieht Silvia Friedrich noch eine positive Seite an ihrem schlimmen Erlebnis. Auch sie weiß inzwischen: "In meinem Garten ist die Akelei nicht die einzige Pflanze, vor der ich mich in Acht nehmen muss."

Wird sie die verdächtigen Gewächse nun alle herausreißen? "Nein", lautet ihre Antwort, "aber man sollte wirklich aufpassen."