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Köthen Köthen: Lackfabrik vor 20 Jahren privatisiert

Von Ute Hartling-Lieblang 01.11.2012, 18:23

Köthen/MZ. - "Salatgrün war damals die Standardfarbe." In riesigen Mengen wurde dieser eine Farbton von Köthen aus in die ehemalige Sowjetunion geliefert. Im Rückblick kann Gert Walther, Geschäftsführer Lacufa Lacke und Farben Berlin, darüber nur schmunzeln. Dank modernster Verfahren ist es inzwischen möglich, unzählige Farbnuancen beim Bautenlack zu mischen, erklärt der Köthener Werkleiter Hans-Jürgen Bauer. Pro Jahr werden am Standort Köthen heute rund 13 000 Tonnen Capalac-Lacke produziert. 4 000 Tonnen davon gehen noch immer nach Russland, Weißrussland oder in die Ukraine.

Farbenpracht am Roten Platz

Vom Salatgrün hat man sich dort längst verabschiedet. Die Zwiebeltürme der Basilius Kathedrale auf dem Roten Platz in Moskau sowie zahlreiche Klöster verdanken ihre Farbenpracht dem Köthener Bautenlack, verrät Werkleiter Bauer. Nicht von ungefähr ist das Markenzeichen der Caparol-Firmengruppe, zu der die Lacufa seit 1992 gehört, ein bunter Elefant.

Grund für diesen Rückblick in die Firmengeschichte der ehemaligen Köthener "Lackbude" wie sie zu DDR-Zeiten von den Einheimischen genannt wurde, ist deren Privatisierung vor 20 Jahren. "Eine Erfolgsgeschichte" nennt es Gert Walther, der ein alter Hase in der Branche ist und sich sofort nach der politischen Wende von Berlin aus auf dem Weg machte, um "Gespräche zur Privatisierung der ostdeutschen Lackfabriken zu führen", damit die Standorte Köthen, Fürstenwalde, Rückmarsdorf und Nerchau "eine Überlebenschance haben." Am 1. Mai 1992 erfolgte die Übernahme der Lacufa in Berlin durch ein Industriekonsortium, bestehend aus den Deutschen Amphibolin-Werken (DAW) und der Lankwitzer Lackfabrik GmbH & Co KG. Als Gegenleistung verlangte die Treuhand damals den Erhalt von 350 Arbeitsplätzen an den ostdeutschen Standorten über einen bestimmten Zeitraum sowie Investitionen in einem festgelegtem Umfang - innerhalb von fünf Jahren. "Die Mitarbeiterzahl konnte dank der günstigen Entwicklung bald auf 600 erhöht werden", blickt Gert Walther zurück.

"Die größte Investition" - nämlich rund 30 Millionen Euro - "ging damals nach Köthen", ist Werkleiter Hans-Jürgen Bauer stolz.

Umweltschutz und Sicherheit

Ein Großteil der Gesamtinvestition floss in Sicherheitstechnik und Umweltschutz, in Form von Gewässerschutz, Abluftreinigung, Molchleitungen sowie in moderne Meldesysteme. Aus der zu DDR-Zeiten größten Lackfabrik Europas - die Kapazität betrug 1974 etwa 50 000 Tonnen Lack pro Jahr - wurde nach eigenen Angaben am 10. September 1998 "die modernste Bautenlackfabrik Europas. " Das sei sie - dank kontinuierlicher Nachfolgeinvestitionen - bis heute geblieben, sagen Walther und Bauer und loben die Weitsicht von Caparol-Senior-Chef Klaus Murjahn. Denn als die neue Fabrik gebaut wurde, habe der bei der Ausstattung bereits auf Tanks und Armaturen aus Edelstahl geachtet. Eine Investition, die sich im Hinblick auf die sich abzeichnende Trendwende vom lösungsmittelhaltigen Lack zu wasserverdünnbaren Systemen, heute auszahle, sagen die Fachleute.

Heute arbeiten am Standort Köthen 82 Beschäftigte. 1989 waren es noch 440 Mitarbeiter.

Hans-Jürgen Bauer erklärt das unter anderem damit, dass es zu DDR-Zeiten noch einen großen Handwerkerbereich mit Schlossern, Maurern und Malern gab. "Werden heute Handwerker gebraucht, holen wird sie uns von außerhalb", sagt er.

Zwanzig Jahre nach der Privatisierung werden am Standort Köthen nicht nur Lacke hergestellt, die weitgehend aromafrei sind, sie werden auch in kundenfreundlichen Gebinden zwischen 125 Millilitern und zehn Litern angeboten, mit speziellen Beschriftungen für die Abnehmer in der Schweiz, in Schweden oder Frankreich.

Werksverkauf kommt gut an

Um den eigenen Facharbeiternachwuchs zu sichern, werden in Köthen jährlich drei bis vier Lehrlinge zu Chemikanten, Lack-Laboranten, Mechatronikern oder Facharbeitern für Lager und Logistik ausgebildet. Der überwiegende Teil davon wurde laut Hans-Jürgen Bauer am Standort Köthen übernommen.

Als "Erfolgsgeschichte" bezeichnet Bauer auch den Werksverkauf, der vor zehn Jahren im ehemaligen Speisesaal der Lackfabrik eingerichtet wurde und vor allem von Kunden aus Köthen, Bernburg und Bitterfeld genutzt wird. "Mit erstaunlichem Umsatz", wie der Werkleiter betont. Wenn heute ein Kunde komme und passend zum Badvorleger einen Farbton gemischt haben möchte, sei der in wenigen Minuten fertig. "Dafür haben wir extra zwei Maler eingestellt." Auf Salatgrün muss sich heute niemand mehr beschränken.