Köthen Köthen: Jubilarin hält Vitamine für ihren Jungbrunnen
Köthen/MZ. - "Ich mache noch alles allein, von der Morgentoilette bis zum Einkaufen." Elfriede Germer, die am Mittwoch im Pflegeheim Sankt Elisabeth in Köthen ihren 100. Geburtstag feierte, sagt das nicht ohne Stolz. Dass die gebürtige Oscherslebenerin, die von sich sagt "ich bin mit Bodewasser getauft", bereits zehn Jahrzehnte auf der Welt ist, mag man nicht glauben. Wer mit der geistig und körperlich noch sehr fiten alten Dame ins Gespräch kommt, gerät ins Staunen. Lesen gehört noch immer zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. "Ich nutze dafür die sehr umfangreiche Bibliothek im Haus", sagt sie. Am liebsten liest sie Bücher von Konsalik.
Der 4. März, ihr Geburtstag, begann für Elisabeth Germer am Mittwoch mit einem Gottesdienst, den Gemeindepfarrer Horst Leischner von Sankt Jakob im Pflegeheim in der Wallstraße hielt. "Das war sehr schön", sagt die Jubilarin wenig später, als sie mit dem Pfarrer und Kantorin Monika Apitzin ihrem Zimmer auf den 100. Geburtstag anstößt. Zu den Gratulanten gehörten am Mittwoch auch der stellvertretende Köthener Oberbürgermeister, Alexander Frolow, und Pflegedienstleiterin Carmen Reßler. Sie erzählt, dass Frau Germer nicht die älteste Bewohnerin in Sankt Elisabeth ist, aber eine der rüstigsten. "Frau Germer tanzt noch immer sehr gern und liebt Geselligkeit."
Als die Jubilarin hört, dass die älteste Bewohnerin im katholischen Pflegeheim sogar 107 Jahre altgeworden ist, sagt sie spontan: "Da habe ich ja noch einiges vor mir." Vieles hat sie in diesem langen Leben aber auch schon hinter sich. Die Inflation und die Bombennacht in Magdeburg sind ihr noch gut in Erinnerung. Zu den traurigen Einschnitten in den 100 Jahren gehörten der Tod ihres Sohnes, der mit 20 Jahren tödlich verunglückte und der ihres Mannes Carl vor 15 Jahren. Sie hatten sich damals gerade entschlossen, ihre Wohnung in der Köthener Rüsternbreite aufzugeben und ins Pflegeheim zu gehen, weil Carl Germer pflegebedürftig wurde. Wenige Tage später verstarb der Mann, den sie 1938 in Magdeburg geheiratet hatte.
Seither lebt Elisabeth Germer allein im Heim. Zunächst bezog sie hier ein Zweibett-Zimmer, seit einigen Jahren freut sie sich aber über ein Einzelzimmer mit Blick auf Bachplatz und Jakobskirche. "Ich fühle mich hier sehr wohl", sagt die Seniorin, die inzwischen vier Umbauten in dem Haus miterlebt hat. Regelmäßig wird sie in der Wallstraße von ihren ehemaligen Nachbarn aus der Rüsternbreite, Reinhild und Heinz Evert (66 und 70 Jahre alt), besucht. Vor rund 20 Jahren haben sie sich auf einer Busreise kennengelernt. Seither halten sie Kontakt zueinander. "Ich bin froh, solche Freunde zu haben", sagt die 100-Jährige, deren Angehörige alle schon verstorben sind. Und für Familie Evert ist es eine Selbstverständlichkeit, die Freundin regelmäßig zu besuchen.
Inzwischen wissen die Everts viele Details aus dem Leben der Jubilarin und ergänzen das eine oder andere, während Elisabeth Germer sich ihren Gästen widmet. Zum Beispiel, dass ihr Mann Carl gelernte Steinmetz war und später Bauingenieur. Kennengelernt haben sich die Germers in Magdeburg. Dort arbeitet die junge Frau seit ihrem 17. Lebensjahr in einem Maschinenbaubetrieb für die Süßwarenindustrie als Chefsekretärin. Später zog das Paar nach Halle, weil Carl Germer dort Arbeit fand. 1986 siedelten sie nach Köthen um, wo Carl Germer eine Stelle im Straßen-Brücken- und Tiefbaubetrieb antrat. Elisabeth Germer blieb nach der Eheschließung Hausfrau.
Dass sie es auf dieses stolze Alter gebracht hat, erklärt sich die Jubilarin so: "Ich esse jeden Tag, den Gott werden lässt, Obst. Ich denke, es sind die vielen Vitamine, die mich gesund erhalten haben."