Köthen Köthen: Geheilter Berg
KÖTHEN/MZ. - Bleibt der Wahrheitsgehalt solcher Aussagen eher im Unbestimmten, lässt sich dagegen genau sagen, wie viel Aufwand mit der Sanierung des Scherbelbergs betrieben wurde. Betrieben werden musste, darf man präzisieren, denn die Schließung des Bergs als Ablagerungsort für Hausmüll aller Couleur zum 1. Juni 2005 war gesetzlich vorgeschriebene Pflicht. Hintergrund war die Technische Anleitung Siedlungsabfall, im Verwaltungsdeutsch Tasi genannt, nach der unbehandelte Abfälle nicht mehr deponiert, sondern behandelt werden mussten, zum Beispiel thermisch. Gleichzeitig mit dieser Forderung ging die nach einer Sanierung, Rekultivierung und Nachsorge der nicht mehr benötigten Deponien einher.
Und der Scherbelberg war dabei einer der größeren Brocken hierzulande. Zwischen dem 1. März 1982 und dem 31. Mai 2005 wurden am Rand der Stadt 1,707 Millionen Kubikmeter Restmüll eingelagert. Darin sind die Mengen nicht eingeschlossen, die im "ersten Leben" des Scherbelbergs abgelagert wurden, der ja schon einmal als Müllberg diente, bevor er geschlossen wurde, um eine Zeitlang als Sportstätte zu dienen. 1963 wurde auf dem Scherbelberg die erste K-Wagen-Bahn der DDR eröffnet, auf der ein paar Jahre lang die Wettfahrten der kleinsten Rennwagen Zehntausende anlockten.
Dieses Stück Scherbelberg ist längst Geschichte, an die aber auf Aufstellern am Fuß des Berges erinnert wird. Nachvollziehbar ist dort auch anhand von vielen Zahlen, dass die Sanierung der Mülldeponie auch eine finanziell anspruchsvolle Aufgabe war. Sieben Bauabschnitte mussten bewältigt werden, immer zwei Hektar pro Abschnitt wurden auf Vordermann gebracht - und zwar schichtweise
wie eine Zwiebel. Auf den Müll der Jahrzehnte kamen eine Profilierungsschicht, eine Ausgleichsschicht, eine Gasdrainschicht. Seit 2004 nämlich arbeitet am Scherbelberg eine Gasverwertungsanlage, wo das in 17 Gasbrunnen geförderte Methangas einem Kleinkraftwerk zugeführt, verstromt und ins Netz eingespeist wird. Abgedeckt ist die Ex-Deponie weiter mit einer Schicht aus Trisoplast, einer ebenso modernen wie kostenintensiven Dichtungsschicht nach holländischem Patent, auf die noch Schutzvlies, Entwässerungsschicht und letztlich eine ein Meter starke Rekultivierungsschicht gekommen sind. "Jetzt wächst endlich Gras über die Sache", scherzte Landrat Uwe Schulze am Donnerstag, als sich viele am Scherbelberg eingefunden hatten, die die langwierige und nicht immer einfache Arbeit am Berg konsequent vorangetrieben haben: Leute aus der Verwaltung, Aufsichtsräte der GfA, Abfall-Fachleute, Ingenieure.
Gekostet hat diese aufwändige Bearbeitung alter Hinterlassenschaften der Zivilisation eine ganze Menge. Allerdings, so unterstrich Peter Baumhacker, der als Chef der Deponie GmbH jahrelang für den Scherbelberg verantwortlich war, habe man nicht so viel Geld ausgegeben wie geplant war. Statt mit etwa 10,5 Millionen Euro ist man "dank sparsamer Tätigkeit und europaweiter Ausschreibung" mit rund neun Millionen ausgekommen. 2,4 Millionen Euro davon sind Fördermittel. Weitere drei Millionen Euro werden für die Nachsorge in den nächsten 30 Jahren benötigt.
Die kann man sich dann, so man will, auch aus der Nähe anschauen. Denn der Scherbelberg soll im überschaubaren Rahmen der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Führungen wird es geben, hinauf zum extra auf der Spitze des Berges errichteten Pavillon, wo sich 33 Meter über dem Umlandniveau ein prächtiger Blick ins Land öffnet, an klarsichtigen Tagen bis zum Brocken. Und auch der Sport wird auf dem Scherbelberg wieder eine Heimat finden. Die Köthener Skisportler, so sagt Peter Baumhacker, werden die Asphaltpiste zum Gipfel und drum herum als Trainingsstrecke nutzen dürfen.