Komponist lüftet sein Geheimnis
KÖTHEN/MZ. - Noch bevor sich die großen Holztüren des Johann-Sebastian-Bach-Saals für die zahlreichen Besucher des kostenlosen Konzertes öffneten, ließen die jüngeren Schüler ihre Instrumente erklingen und ernteten gebührenden Beifall. Die Freude am Musizieren stand auch den Mädchen und Jungen der Instrumentalgruppe ins Gesicht geschrieben, die das Konzert eröffneten. Ihrem Enthusiasmus verlieh Torsten Liebich in seiner festlichen Ansprache Ausdruck.
Als langjähriger Gitarrenlehrer und in Vertretung des erkrankten und stimmschwachen amtierenden Direktors Andreas Hardelt wandte er sich an die Gäste. Liebich betonte, dass es das Wesen der Musik sei, Freude zu bereiten. "Die Musikschule steht an einer Nahtstelle zwischen Bildung und Kultur", begann Liebich seine Ausführungen zum Unterricht an der Einrichtung. Das Angebot reiche von musikalischer Früherziehung, Instrumentalstunden und Theorieunterricht bis zur Begabtenförderung. Eine Investition in die musikalische Bildung sei lohnenswert.
Torsten Liebich dankte nicht nur den fleißigen Schülern, sondern auch den Eltern, die den Musikunterricht ihrer Kinder mit "logistischen Wunderleistungen" erst ermöglichen würden. Über 700 Schüler lernen derzeit an der Musikschule. "Um musikalischen Nachwuchs in der Stadt braucht uns nicht bange zu sein", freute sich Alexander Frolow, stellvertretender Oberbürgermeister. Er bemerkte, dass die Einrichtung zu Recht den Namen des ehrwürdigen Komponisten trage.
Dieser Meinung war auch Christian Reineke, Geschäftsführer des Landesverbandes der Musikschulen Sachsen-Anhalt. "Bachs Ansinnen wurde umgesetzt", schlussfolgerte er hinsichtlich des pädagogischen Konzeptes der Einrichtung. Dieses beinhalte neben Einzelunterricht vor allem das gemeinsame Musizieren in Ensembles.
Dass musikalische Bildung zu seinen Lebzeiten keine Selbstverständlichkeit gewesen sei, darauf wies Johann Sebastian Bach anlässlich des Jubiläums persönlich hin. Nur wenige hätten die nötigen finanziellen Mittel gehabt. Mit einer überraschenden Geste nahm er den Musikschülern die Angst vor namhaften Komponisten wie ihm. "Unter dieser Perücke isset denn immer nur ein Mensch", sprach Christian Ratzel in seiner Rolle als Bach und entblößte sein dunkles Haar unter der weißen Perücke.
Die Darbietungen der Musikschüler dürften eine Wohltat in seinen Ohren gewesen sein. Ein Teil von ihnen hatte erfolgreich am Wettbewerb "Jugend musiziert" teilgenommen, so wie Tim und Nick Gerngroß. Mit Geige und Klavier begleiteten sie die Kinder der musikalischen Früherziehung und gaben später ein Stück von Carlo Tessarini zum Besten. Tori Wagner spielte Kinderlieder von Ludmila Ivanowa auf der Gitarre. Die Geschwister Josie-Marie und Lukas-Max Lasser klimperten "Drei Hochzeitstänze" auf dem Klavier. Neben den instrumentalen Darbietungen kam auch Mezzosopranistin Mirjam Beyer mit zwei Liedern zum Zuge. Trotz einiger Textschwächen der Sängerin erntete auch die Band zünftigen Applaus.
Das Festkonzert war eine Mischung aus musikalischer Unterhaltung und gedankenvollen Reden. Nach seinem bebilderten Exkurs in die Historie der Musikschule kam Elternratsvorsitzender Eike Papesch auf ein Thema zu sprechen, das derzeit die Gemüter bewegt: der mögliche Umzug der Musikschule in ein anderes Gebäude.
Zu wenig Platz und schlechte bauliche Zustände des bisherigen Objektes machen eine Verlagerung notwendig. Von Seiten des Landkreises als Träger der Einrichtung wird dafür plädiert, die Musikschule in einer Immobilie unterzubringen, die dem Landkreis gehört, um dadurch Mietkosten zu sparen. Eine Möglichkeit wäre das ehemalige Kinderkrankenhaus. Eltern und Lehrer der Musikschule wünschen sich jedoch auch weiterhin eine Unterbringung im Schloss. Dies befindet sich allerdings im Eigentum der Stiftung Dome und Schlösser. Der Landkreis müsste also Miete zahlen.
Die künftige Unterbringung der Musikschüler ist bereits im vergangenen Jahr Thema einer Sitzung im Ausschuss für Kultur und Tourismus gewesen (die MZ berichtete). Dezernentin Sabine Engst hatte darüber informiert, dass dem Landkreis genügend Immobilien zur Verfügung stünden. Ronald Mormann hatte betont, dass die Überlegungen nicht nur von finanziellen Ersparnissen abhängig gemacht werden dürften. Auch die Tradition müsse gewahrt werden. Mormann hatte dazu angeregt, die Räumlichkeiten über dem Marstall herzurichten. Von dieser Lösung ist er nach wie vor überzeugt.
Auch Eike Papesch, früher selbst Musikschüler, betonte am Freitag, dass der Marstall eine ideale Unterbringung sei. Schließlich dürfe die Authentizität dieser Räume im Schlosskomplex nicht vergessen werden. Die Musikschüler würden so nämlich in der Wirkungsstätte Bachs verweilen. Auch die Nähe zum neuen Veranstaltungszentrum spräche für den Marstall.